Beschlossene Sache – Legalisierung von Cannabis ab April
Der Gesetzentwurf zur Legalisierung von Cannabis wurde beschlossen – ab April dürfen Menschen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, bis 50 Gramm Cannabis besitzen. Was bedeutet das für die Teilnahme am Straßenverkehr?
Grenzwerte sind umstritten
An den Regelungen zur Teilnahme am Straßenverkehr nach dem Konsum von Cannabis ändert sich zunächst nichts. Bisher gilt bundesweit die Grenze von 1,0 Nanogramm THC/ml Blut zur Feststellung der Fahrtüchtigkeit. Der festgesetzte Grenzwert ist jedoch umstritten und laut einiger Experten nur bedingt aussagekräftig, wenn es um die tatsächliche Fahrtüchtigkeit eines Konsumenten geht.
Harte Strafen drohen – Bußgeld, MPU, Fahrverbot
Bisher droht Menschen, die über dem Grenzwert liegend am Straßenverkehr teilnehmen, ein Bußgeld von mindestens 500,-- Euro, ein Monat Fahrverbot, zwei Punkte in Flensburg sowie zumeist die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU). Den Mitgliedern des Verkehrsausschusses im Bundestag ist das zu hart, zumal der Grenzwert umstritten ist und die Einschätzung und Festlegung der zuständigen Grenzwertkommission aus dem Jahr 2002 stammt.
Studienlage unklar
So verweist die Bundesanstalt für Straßenwesen auf Nachfrage auf neuere Studien, in denen erst ab 3,8 Nanogramm ähnliche Einschränkungen im Fahrverhalten zu beobachten sind wie bei 0,5 Promille Alkohol. So schlägt der Chef der Expertenkommission, Stefan Tönnes, Universitätsklinikum Frankfurt am Main, eine Anhebung des Grenzwertes auf 3,5 ng/ml vor, während andere Mitglieder der Grenzwertkommission eine Erhöhung weiterhin ablehnen. Dass die Debatte um eine Erhöhung des Grenzwertes für Cannabis-Konsum im Straßenverkehr so schwierig ist, liegt im Wesentlichen an zwei Punkten. Zum einen ist die Studienlage bisher verhältnismäßig dünn und zum anderen gibt es kaum belastbare Studien zum Einfluss auf Gelegenheitskonsumenten.
Große Unterschiede zwischen Dauerkiffern und Gelegenheitskonsumenten
Der Unterschied zwischen regelmäßigen Konsumenten und Gelegenheitskonsumenten ist jedoch zum Teil erheblich. Wer zum ersten Mal oder nur gelegentlich zum Joint greift, ist trotz lediglich 1 ng/ml THC im Blut länger in seiner Fahrtüchtigkeit beeinflusst, als ein regelmäßiger Kiffer mit gleichen Werten. Auch verlangsamt sich der Abbau des THC aus dem Körper bei regelmäßigem Konsum, während gleichzeitig die Fahrtüchtigkeit oft schneller wieder erlangt wird. Bei regelmäßigem Konsum ist das THC oft tagelang im Blut nachweisbar und Rückschlüsse auf den zeitlichen Abstand zum Konsum wie beim Alkohol nicht zuverlässig möglich.
Arbeitsgruppe sucht Lösung
Um eine Lösung zu finden, hat Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) nun eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe ins Leben gerufen, die zeitnah zur Inkraftsetzung des neuen Gesetzes im April einen Vorschlag zum weiteren Umgang machen soll. Die Gruppe solle „prüfen, wie die Grundlage für einen THC-Grenzwert im Rahmen der Ordnungswidrigkeitenvorschrift des § 24a Straßenverkehrsgesetz (StVG) auf wissenschaftlicher Basis ermittelt und geschaffen werden kann“. Die Festlegung auf einen Grenzwert solle anschließend durch den Gesetzgeber erfolgen.
Grenzwerte und Verbote in anderen Ländern
In anderen Ländern Europas sind die Grenzwerte teilweise sechsmal so hoch. So ist in den Niederlanden ein Blutwert von 6,0 ng/ml erlaubt, in Polen und Großbritannien bis zu 4,0 ng/ml. In Österreich gilt absolutes THC-Verbot.
Was gilt bei Cannabis auf Rezept
Bisher gilt bei der Einnahme von medizinischem Cannabis das sogenannte Medikamentenprivileg. Wer sein auf Rezept verschriebenes Cannabis (372.000 ausgestellte Cannabis-Rezepte seit 2021) bestimmungsgemäß einnimmt und keine Beeinträchtigung seiner Fahrtüchtigkeit hat, kann dafür nicht im Rahmen eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens herangezogen werden. Kommt es jedoch zu Einschränkungen und Auffälligkeiten, kann ein Straftatbestand erfüllt sein. Diese Regelung gilt nicht nur für Cannabispatienten, sondern für alle Patienten, deren Medikamente die Fahrtüchtigkeit beeinträchtigen können.
Fazit: Motorrad- und Autofahren ist nüchtern immer am sichersten
Bis eine neue Regelung gefunden wurde, gilt also auch nach der Legalisierung im April der Grenzwert von 1 ng/ml Blut. Wer mehr THC im Blut hat oder bereits unter diesem Grenzwert Ausfallerscheinungen zeigt und den Straßenverkehr gefährdet, muss weiterhin mit 500,-- Euro Strafe, einem Monat Fahrverbot, zwei Punkten in Flensburg und einer Einladung zur MPU rechnen. Grundsätzlich gilt jedoch auch weiterhin: Wer sich im Straßenverkehr bewegt, sollte auf den Genuss von Alkohol und legalen Drogen verzichten. Gerade als Motorradfahrer sollte man das Risiko auch nur leichter Beeinträchtigungen und Verlangsamung der eigenen Reaktionszeiten tunlichst vermeiden.