Für reichlich Wirbel sorgte ein
Positionspapier der Grünen, das Motorradfahrer scharf ins Visier nahm. Zudem gab der Bundesrat eine Empfehlung zur Reduzierung von Motorradlärm ab. Auch wenn das Wort Motorradlärm jedem Motorradfahrer sauer aufstößt, so ist das die gewählte Formulierung in sämtlichen Anträgen und Positionspapieren und somit der offizielle Name. Diese Empfehlungen liegen nun auf Antrag der Grünen dem Bundestag zur Entscheidung vor. Im Detail wird beantragt, jegliches Zubehör, egal ob legal oder illegal, zu verbieten, das zu einer Erhöhung der Geräuschkulisse führt. Darüber hinaus möchte man das sogenannte "Tiroler Modell" mit einem Grenzwert des Standgeräusches von 95 dB(A) in verschärfter Form einführen. Das bedeutet: Sollte das gewünschte Ergebnis nicht eintreten, wovon auszugehen ist, so wird man zusätzlich geräuschbedingte Geschwindigkeitsbegrenzungen nur für Motorräder einführen, gefolgt von Fahrverboten für alle Motorräder, egal ob laut oder leise.
77 dB(A) in allen Fahrzuständen könnten das Aus für herkömmliche Motorräder bedeuten
Darüber hinaus wird verlangt, die Typenzulassungsvorschriften so abzuändern, dass ein Lärmgrenzwert von 80 dB(A) niemals überschritten werden darf – auch nicht im Stand. Ein Maximum von 77 dB(A) soll für alle Fahrzustände gelten. Dass zahlreiche Experten und Insider bereits zu Protokoll gegeben haben, dass dies das Aus für Motorräder bedeutet, wie wir sie kennen, hatten wir bereits thematisiert. Man könne bestenfalls noch mit sehr großvolumigen, aber eher leistungsschwachen Motoren rechnen, heißt es. Motorräder der aktuellen Generation würden also durch die Hintertür verboten, ohne das Kind beim Namen zu nennen. Der Antrag, der nun dem Bundestag zur Abstimmung vorliegt, entscheidet also über nicht weniger als ein Verbot aktueller Motorräder.
Grenzwerte für alle Fahrzustände widersprechen dem Konzept des Verbrennungsmotors
Auch bereits zugelassene Bikes dürften vielerorts nicht mehr fahren. Der gestellte Antrag erinnert an die
Abgasvorschrift Euro 7 für Verbrennermotoren. Auch dort wird verlangt, dass Fahrzeuge Grenzwerte für Emissionen in jedem Fahrzustand einhalten müssen. Also leer oder beladen, im Sommer oder bei -20°, bei einer steilen Anfahrt an einem Berg oder auch mit Anhänger. Das sind Ansprüche, die kein Verbrennungsmotor erfüllen kann. Unter Last wird er immer erhöhte Emissionen verursachen, während er im Normalbetrieb die Grenzwerte einhalten kann. Auch hier wird somit versucht, ein Verbot von Verbrennungsmotoren durch die Hintertür zu erwirken. Auch hier traut die grüne Politik sich nicht, ihren Wunsch auszusprechen. Verbrennungsmotoren sind nach wie vor der Standard und weit verbreitet. Ein Elektroauto kann sich nach heutigem Stand ohne Subventionen, Verbote und Gesetze nicht mit seinem fossilen Urahn messen.
Blaupause ist der Abgasskandal
In beiden Fällen kann man es als Retourkutsche der Politik verstehen. Sowohl beim Abgasskandal als auch beim Thema Motorensound haben die Hersteller die Testvorschriften zu ihrem Vorteil ausgelegt. Es wurde dafür gesorgt, dass Emissionen und Lautstärken im vorgeschriebenen Testzyklus, bei einer bestimmten Drehzahl beispielsweise, eingehalten werden. Dennoch können diese Fahrzeuge so bewegt werden, dass Grenzwerte in hohem Maße überschritten werden. Anstatt diese Gesetzeslücke zu schließen, wird nun weit über das Ziel hinausgeschossen und die Sachlage von den Grünen als Verbotsvorlage genutzt.
Neue Bikes sind leiser als ihre Vorgänger
Ohnehin scheint die Diskussion bei der Motorradindustrie für ein Umdenken zu sorgen. Viele neue Modelle für 2021 sind auch ohne beschlossene Verbote oder neue Vorschriften leiser als ihre Vorgänger. Die neue Multistrada V4 beispielsweise erreicht 92 dB(A) Standgeräusch, während die 1260er als V2-Variante bei unüberhörbaren 102 dB(A) lag. Als Faustformel gilt, dass je 3 dB(A) einer Verdopplung der Geräuschkulisse entsprechen. Wo die 95 dB(A) nun einmal im Raume stehen, wird es darauf hinauslaufen, dass quasi alle neuen Modelle diesen Richtwert auch einhalten. Hätte der Antrag der Grünen Erfolg, so würde uns dies allerdings wenig nützen. Es ist an der Zeit, vernünftige Grenzwerte festzulegen, die erlauben, jederzeit überall mit dem Motorrad unterwegs zu sein. Ein Konsens und eine sinnvolle Lösung für alle Seiten scheint auch ohne Verbote möglich zu sein, liest sich aber womöglich nicht so gut im Parteibuch. Das Katz- und Mausspiel zwischen schummelnden Herstellern und politischen Forderungen muss dennoch ein Ende haben und Motorradfahrverbote gehören gänzlich abgeschafft.
Hat der Antrag der Grünen denn überhaupt Aussicht auf Erfolg?
Die Pressestelle des Bundestages verriet, dass sich die Fraktionen derzeit beraten und noch nicht gesagt werden kann, wann genau es zu einer Abstimmung kommt. Eine Frist hierfür gäbe es nicht. Dies bestimme die Fraktion, die den Antrag eingereicht hat, also in diesem Fall Bündnis 90/Die Grünen. FDP und AfD reichten jeder für sich bereits Gegenanträge ein, in denen die Bundesregierung aufgefordert wird, der Vorgabe des Bundesrates und somit auch dem Antrag der Grünen nicht zu folgen. Diese wurden abgelehnt. Angst haben muss man deshalb nicht. Anträgen der Opposition werden nur in seltenen Fällen überhaupt Chancen eingeräumt. Für uns dennoch Grund genug, einfach mal bei allen Fraktionen nachzufragen. Wie wird der Bundestag abstimmen? Die Antworten aller Fraktionen findet ihr hier:
MOTORRADLÄRM-INITIVATIVE DER GRÜNEN: FAHRVERBOTE UND DB(A)-GRENZEN – SO ENTSCHEIDET DER BUNDESTAG