Vom KTM-Stammsitz Mattighofen: Noch sind die Lichter an

Der österreichische Motorradhersteller KTM ist insolvent, und seit dieser Woche steht in Mattighofen vorzeitig die Produktion still. Ob sie in Mattighofen überhaupt wieder anläuft, bleibt unklar. Ein Besuch vor Ort.
19.12.2024
| Lesezeit ca. 4 Min.
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Es ist eine der größten Pleiten der österreichischen Industriegeschichte: KTM, Europas stückzahlmäßig größter Motorradhersteller, ist seit 29.11. insolvent. In der Folge wurde die Winterpause für die Belegschaft der Produktion um eine Woche vorgezogen. Seit Freitag letzter Woche stehen die Bänder still. Und da die Mattighofener derzeit noch auf 130.000 unverkauften Motorrädern sitzen, sollen sie, so der Plan des Vorstands, auch erst im März wieder anlaufen. Ob es dazu tatsächlich kommen wird, steht noch in den Sternen.

Mitarbeiter warten auf ihr Gehalt

KTM, einstiges Aushängeschild im Innviertel, steht also am Abgrund und die Auswirkungen für die Region sind kaum zu überschätzen: Die Firma, die nach eigenen Angaben im letzten Jahr noch mehr als 6.000 Mitarbeiter beschäftigte, ist, trotz bereits begonnener Kündigungen, nach wie vor der mit Abstand größte Arbeitgeber in der Gegend. Doch seit November bleiben Lohn- und Sonderzahlungen für die Arbeiter aus und das Versprechen auf einen Gehaltsvorschuss für Dezember kassierte das Unternehmen inzwischen kleinlaut wieder ein. Ob es nicht mehr in der Lage ist, die liquiden Mittel für die Bezahlung der Arbeitskräfte aufzutreiben, oder ob es sich um Taktik im Insolvenzverfahren handelt, lässt sich derzeit nicht seriös beurteilen. Tatsache ist, dass die verbliebenen Mitarbeiter seit Wochen auf ihr Gehalt warten.

Munteres Treiben am Firmensitz

Doch wer dieser Tage die KTM-Zentrale in der Stallhofener Straße im oberösterreichischen Mattighofen besucht, dürfte überrascht sein: Zwar sind die Hallen der Endmontage des Motorradherstellers dunkel. Dennoch ist der Stammsitz der Marken KTM, Husqvarna, GasGas und WP derzeit keine Geisterstadt. Die Parkplätze von Logistik und Verwaltung sind gut gefüllt und die festen Mitarbeiter im Komponentenwerk und der Entwicklungsabteilung (beide Tochterfirmen, die in eigenen Insolvenzverfahren stecken) scheinen nahezu vollzählig vor Ort. Auch im Rest der Stadt und der organisatorisch ausgelagerten Motorsportabteilung merkt man noch keine Veränderungen. Speziell in der Entwicklungsabteilung wird weitergearbeitet. Von verlängerten Weihnachtsferien ist hier keine Rede, doch mit dem Autor über die aktuelle Situation sprechen möchte hier niemand. Verständlich, schließlich geht es für die Arbeiter auch darum, sich nicht angreifbar zu machen, um späteren Lohn- oder Entschädigungsansprüchen nicht entgegenzustehen.

Qualität statt Quantität?

Für sie gilt es derzeit, Dienst nach Vorschrift zu machen, so gut es in dieser Situation geht. Und das beinhaltet auch weiter, die Händler mit Ersatzteilen zu versorgen oder kommende Produkte weiter zur Serienreife zu entwickeln. Diese wird es auch brauchen, denn für eine Abkehr vom jahrelang gepflegten Expansionskurs wird es Modelle, die sich auch qualitativ verbessern müssen. Dass dies den Mattighofenern schon früher klar war, ließ sich bereits an einer veränderten Modellplanung beobachten. So wurden bereits in diesem Jahr mit der 1390 Super Duke GT und der 990 RC R Motorräder vorgestellt, die zwar keine Verkaufsrekorde brechen dürften, aber dafür margen- und prestigeträchtige Nischen besetzen. Mit 690 Rally, 1390 Rally und 1390 SMT hat man Produkte in der Pipeline, die diesen Weg fortsetzen können.
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Klarheit soll eine Gläubigerversammlung bringen

Ob diese noch auf den Markt kommen werden, steht derzeit in den Sternen. Denn ein realistisches Szenario ist, dass KTM und seine Schwestermarken den Besitzer wechseln. Dieser dürfte dann eigene Ideen einbringen. Ob es dazu kommen wird, lässt sich derzeit bislang nicht absehen. Für morgen, Freitag, den 20. Dezember, ist eine erste Gläubigerversammlung anberaumt. Möglicherweise wird nach diesem Termin mehr Klarheit herrschen. Das Angebot der Muttergesellschaft Pierer Mobility AG umfasst eine Rückzahlung von 30 % der Schulden, also 540 Millionen Euro, innerhalb von zwei Jahren. Eine immense Summe, wenn man bedenkt, dass die Gruppe 2023 ein Betriebsergebnis von 160 Millionen Euro für das gesamte Jahr ausgewiesen hat. Konzernpatriarch Pierer, dessen Vermögen auf 1,6 Milliarden Euro geschätzt wird, müsste aus dem eigenen Sackerl Geld zuschießen.

Wegweisende Schicksalstage stehen bevor

Sollten die Gläubiger das Angebot ablehnen, könnten bald nicht nur in der Produktion von KTM die Lichter ausgehen. Der morgige Freitag wird in jedem Fall wegweisenden Charakter für das Schicksal der Firma haben.

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Kommentare (1)
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Gast
20.12.2024 08:23


Should have stuck with Mr Borman and Mr McGregor instead of pulling out of the program a few weeks before the start of filming, leaving things wide open for BMW and their GS!!!