Am Stammsitz der KTM AG ist auf den ersten Blick inzwischen wieder alles wie immer: Transporter liefern Waren an, LKWs holen frisch produzierte Motorräder ab, Bandarbeiter strömen mittags in den Feierabend und auf der gegenüberliegenden Straßenseite wird an zukünftigen Produkten getüftelt. Business as usual. Kaum etwas deutet darauf hin, dass der Innvierteler Hersteller drei Monate lang ums Überleben rang. Erst der Blick auf die nun weniger gefüllten Mitarbeiterparkplätze offenbart die Opfer, die dafür gebracht wurden. Eine vierstellige Anzahl an Mitarbeitern hat in den vergangenen Monaten den Job verloren. Wie sich die Firma weiterentwickelt, hängt maßgeblich davon ab, welche Investoren bei den Mattighofenern einsteigen. Neuheiten dazu bleiben rar, erst in einigen Wochen wird es Klarheit geben.
Vorher hat KTM-Muttergesellschaft Pierer Mobility AG am vergangenen Freitag jedoch zunächst ernüchternde Neuigkeiten veröffentlicht: Der Verlust von rund der Hälfte des Grundkapitals zwingt das Unternehmen, eine Kapitalerhöhung in Angriff zu nehmen. Dieser Verlust eines signifikanten Anteils des Grundkapitals war jedoch erwartet worden, denn bereits im November stellte die Gesellschaft in Aussicht, dass vor allem die Kosten für den Personalabbau finanzielle Aufwendungen zur Folge haben würden.
Der Großteil der Kapitalerhöhung dürfte durch Bajaj Auto erfolgen. Die indische Firma ist bereits jetzt Hauptaktionär an der KTM-Mutter und hatte zuletzt 150 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, um die Produktion am KTM-Stammsitz in Mattighofen wieder hochfahren zu können, und zuletzt weitere 50 Millionen Euro in Aussicht gestellt. Diese Darlehen sollen als Sacheinlagen eingebracht werden, zusätzlich zu 150 Millionen Euro in Form von Aktien. Auch diese Anteile dürften vorwiegend an Bajaj Auto gehen. Beschlossen werden soll dies Ende April in einer außerordentlichen Hauptversammlung.
Dann dürfte voraussichtlich auch feststehen, welche weiteren Investoren das Rennen gemacht haben, bei KTM einzusteigen. Insolvenzverwalter Vogl hatte bei der Sanierungsplantagsatzung, bei der im Februar ein faktischer Schuldenschnitt von KTM auf 30 % verabschiedet wurde, in Aussicht gestellt, dass die Investorensuche ebenfalls Ende April beendet würde.
Bajaj Auto gilt dabei als gesetzt, nicht zuletzt durch die jüngst gewährten Darlehen, obendrein durch die bis ins Jahr 2011 zurückreichenden Verbindungen mit dem Hersteller. Seitdem produzieren die Inder für KTM in einem eigenen Werk die Einstiegsmodelle der 125er bis 390er-Baureihen und arbeiten derzeit für die Österreicher an der 650 Duke. Die bereits erfolgte künftige Ausrichtung der Mattighofener dürfte in enger Abstimmung mit Pune erfolgt sein. Auch CFMoto werden gute Chancen zugeschrieben. Die Chinesen produzieren die schwächeren Varianten des LC8c-Zweizylinders und die 790 Duke in Gänze. Zudem sind in Mattighofen Zweizylinder-Modelle in Arbeit, die auf CFMotos 450er-Baureihe basieren und das KTM-Logo tragen sollen. Auch in der Moto3-Rennserie gibt es bereits Verbindungen zwischen KTM und den Chinesen.
In österreichischen Medien wurde zudem Bombardier Recreational Products (BRP) als Interessent gehandelt – die Muttergesellschaft von Rotax und Can-Am. Auch Stephan Zöchling, Aufsichtsratsmitglied von Pierer Mobility und CEO von Auspuff-Lieferant Remus, brachte sich mehrfach ins Gespräch. Unklar ist derzeit auch die Struktur, in der die KTM AG und ihre Muttergesellschaft Pierer Mobility in die Zukunft gehen.
Sicher scheint nur, dass das Interesse an der Firma beträchtlich ist. Kein Wunder, schließlich hat die Marke, trotz aller jüngeren Verwerfungen, ein solides Standing am Markt und wäre mit Aufhebung des Sanierungsverfahrens Ende Mai schuldenfrei. Alles deutet darauf hin, dass die für den 25. April angesetzte außerordentliche Hauptversammlung für die Oberösterreicher richtungsweisend sein wird.
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