Wir starten ganz ohne Sand und Schnee. Ein paar Tage verbringen wir auf befestigten Straßen, teilweise sogar Highways in San Francisco, um mal wieder ein bisschen Stadtluft zu schnuppern. Wir schauen uns natürlich die üblichen Verdächtigen an: die Lombard Street, die Golden Gate Bridge und die schrägen Trams.
Natürlich darf auch das klassische San-Francisco-Pärchenbild unserer beiden nicht fehlen
Zahnausfall in San Francisco
San Francisco gefällt uns wirklich gut, aber uns zieht es doch immer wieder raus aus den Städten in die Natur. Wie gut, dass Kalifornien auch einiges an Nationalparks und Wüsten zu bieten hat. Aber bevor es in das nächste Abenteuer geht, müssen wir noch einen kurzen Reparaturstopp einlegen, denn Tims Motorrad – Jolene – hat am hinteren Ritzel nur noch 20 von 46 Zähnen.
Endlich gibt es neue Ritzel und Ketten, bei Tims Motorrad ist der Tausch schon etwas überfällig Zukünftig müssen wir die Wartungsarbeiten besser einplanen, aber jetzt gibt es erst mal neue Ritzel und Ketten für beide Huskys. Jetzt kann es frisch weitergehen zur Vandenberg Space Force Base, denn wir möchten einen Raketenstart miterleben. Nach der ersten Verschiebung des Starts warten wir noch einen Tag länger und campen direkt am Straßenrand. Aber nein, wir haben Pech, der Start wird weiter und weiter verschoben. Damit wird das wohl leider nichts.
Der Blick auf den Pacific Coast Highway und Big Sur von hier oben während des Sonnenuntergangs kann sich wirklich sehen lassen
Die Straße aller Straßen
Zum Trost fahren wir den Pacific Coast Highway (PCH), eine legendäre Küstenstrecke mit phasenweise richtig schönen Kurven und Ausblicken. Zwischendurch kann man Hunderte Seelöwen beobachten und die kalifornische Sonne genießen. Nur leider sind entlang der Straße jegliche Campingplätze Monate im Voraus ausgebucht und außerdem übertrieben überteuert. Wildcampen ist hier ausnahmsweise auch verboten, zumindest im direkten Umfeld der Strecke. Aber zum Glück haben wir hierfür ein paar Wochen vorher von anderen Motorradfahrern schon einen absoluten Geheimtipp für den besten Campspot in Big Sur bekommen. Wir fahren 20 Minuten auf einer Offroad-Strecke die steile Küste hoch und haben von oben den wahrhaft besten Blick auf diesen Küstenabschnitt vor uns. Was für ein schönes Plätzchen. Ohne diesen eher einsamen Campspot hätte uns Big Sur wohl nicht besonders gut gefallen, denn es herrscht ein ansehnlicher Trubel auf der Straße und knapp daneben. Aber hier oben, mit den ganzen schönen Offroad-Pisten ringsum und der vollkommenen Ruhe, ist es ein Traum. Definitiv einer der Top-Ten-Plätze unserer bisherigen Reise.
Ein doch etwas anstrengender Morgenspaziergang die Kelso-Sanddüne in der Mojave-Wüste hinauf Als Kontrastprogramm zu so viel Asphalt geht es dann wieder in die Wüste, genauer in das Mojave National Preserve und damit zurück in den Sand. Sand ist nicht unbedingt das leichteste Terrain und ich komme damit bislang nicht wirklich klar. Aber drumherum kommen geht leider nicht. Schon mal als Vorbereitung für die Baja California und als Training fahren wir eine 15 Kilometer lange Sandstrecke. Anfangs ist es noch recht einfach, aber dann wird der Sand immer tiefer und so sind die letzten 10 Kilometer recht schwer zu fahren. Die Theorie für Sandfahrten ist ja eigentlich einfach: Man braucht eine gewisse Grundgeschwindigkeit, dann lässt sich die Sache recht stabil fahren und steuern. Dabei fährt man am besten im Stehen und möglichst locker. Ist man zu langsam und verkrampft, endet es in einem super anstrengenden Schlingerkurs und Stürze sind fast unvermeidbar. Aber um schnell zu fahren, fehlt mir aktuell noch der Mut. So kämpfen wir uns also langsam durch den tiefen Sand bis zu unserem Ziel, den berühmten Höhlen, den Lava-Tubes.
Jessy auf der Sandstrecke mitten durch den größten Joshua-Tree-Wald der Welt
Trügerische Sicherheit
Weiter geht's zum Schlafplatz, Tim fährt los und es gibt einen lauten Rums. Er hat sein Bremsscheibenschloss vergessen. Und das schon zum zweiten Mal. Wenn man am Hang im Sand anfährt, mit richtig Schwung, dann kann man eine schwimmend gelagerte Bremsscheibe ordentlich zum Wackeln bringen. Momentan funktioniert noch alles, also geht's weiter, denn hier in der Wüste können wir ohnehin nichts machen. Unser Lager für die Nacht schlagen wir direkt neben einem Wald aus Joshua-Trees auf. Joshua-Trees sehen aus wie eine Mischung aus Yuccapalme und Baum. Ziemlich cool. Und weil uns diese Bäume so gut gefallen, fahren wir weiter zum Joshua-Tree-Nationalpark. Ironischerweise sehen wir hier weniger Joshua-Bäume als in der Mojave-Wüste, aber schön sind sie allemal.
Zugemüllter Hippie-Traum
Nach ein paar Tagen Los Angeles, einer neuen Bremsscheibe für Jolene und der wunderschönen Testfahrt über den Angels Crest Highway, fahren wir nach Slab City. Die letzte freie Stadt der USA, wie sie sich gerne selbst nennt. Für uns sieht sie leider weniger nach freiem Hippie-Traum und mehr nach riesiger Müllhalde aus.
Der Anza-Borrego Desert State Park ist übersät mit riesigen Metallskulpturen entlang schöner Sandstrecken quer durch die Landschaft Allerdings sind der Skulpturenpark East Jesus, ein Müllkunst-Park, und Salvation Mountain – ein verwirrend-trashiges religiöses „Denkmal", das hier ein Mann 30 Jahre lang erbaut hat – den Besuch auf jeden Fall wert.
Unseren Campspot entlang der Berdoo Canyon Road beim Joshua-Tree-Nationalpark teilen wir uns mit zwei Schweizern und ihren Africa Twins, die wir kurz vorher kennengelernt haben
Dünensurfen
Aber über Nacht bleiben wollen wir dann lieber doch nicht. Unser Camp bauen wir dann beim nächsten großen Ziel auf, den Glamis-Sanddünen. Wir werden von unseren Zeltplatznachbarn auf einen Trip durch die Dünen eingeladen. Da lassen wir uns natürlich nicht zweimal bitten und ziehen gemeinsam los. Was für ein Riesenspaß. Allerdings allein mit unseren Motorrädern, den Reifen und vor allem unserer Sanderfahrung wäre das definitiv nicht machbar gewesen. Wir hätten es keine 100 Meter weit geschafft. Aber so düsen wir durch die Dünen und schauen uns auch noch einen wunderschönen Sonnenuntergang an. Wow, danke an die lieben Nachbarn!
Die Dünen von Glamis sind 517 km² groß, man kann sich also leicht verirren. Unsere Nachbarn kennen zum Glück jedes Sandkorn namentlich
Red-Bull-Spektakel
Am nächsten Tag fahren wir zu einem Aussichtspunkt auf die Dünen, hier findet heute das Red Bull Sand Scramble, ein Side-by-Side-Rennen, statt. Wir können gute Plätze ergattern, Red Bull ist umsonst und mehrere Rennen sind geplant. Wir sitzen direkt an einem der Sprünge und haben so den besten Blick auf die Action. Danach geht es weiter für uns, wir können zwar gut nachvollziehen, warum viele hier einfach die ganze Saison über bleiben, aber wir wollen ja noch mehr sehen. Und weil uns die Wüste so gut gefällt – und auch das Sandfahren immer besser klappt–, fahren wir durch den Anza-Borrego Desert State Park und schauen uns einige der riesigen Skulpturen an, die hier in der Wüste verteilt stehen. Raus aus der Wüste geht es dann immer weiter Richtung Küste. Heute ist unser letzter großer Stopp vor Mexiko. In San Diego machen wir noch einmal einen Ölwechsel, ziehen neue Reifen auf, wechseln die Kühlflüssigkeit, waschen unsere Luftfilter aus und kaufen neue Helme. Damit sind die Motorräder bereit für den nächsten Abschnitt des Abenteuers, und wir sind es auch. Mexiko wir kommen.
Find's immer wieder beeindruckend, wie viel Abenteuer man auf zwei Rädern erleben kann. Pech mit der Technik gehört wohl dazu, aber das macht die Geschichten nur interessanter. Erholung ist wichtig, besonders nach so einem Sturz. Weiterhin eine gute Reise. Ich freue mich auf die nächsten Stories.
Als leidenschaftlicher Rollerfahrer, der auch mal von Langstreckenfahrten träumt, finde ich den Mut und die Abenteuerlust von Tim und Jessy beeindruckend. Die Entscheidung, alles hinter sich zu lassen und auf so eine epische Reise zu gehen, ist wirklich inspirierend. Es zeigt, dass das Motorradfahren mehr als nur ein Hobby ist; es ist eine Lebenseinstellung, die Freiheit und Selbstentdeckung ermöglicht. Die Vorstellung, fast den ganzen amerikanischen Kontinent zu durchqueren, weckt in mir den Wunsch, auch irgendwann meine eigenen Grenzen zu überschreiten. Besonders das Erlebnis mit dem Grizzly bei Alaska, zeigt, wie unmittelbar und intensiv die Begegnungen in der Wildnis sein können. Diese Story macht mir Mut, vielleicht doch mal eine längere Tour zu planen.
Die pure Freude und Abenteuerlust, die aus jeder Zeile springt, fängt so authentisch das ein, was das Motorradfahren ausmacht – Freiheit und das Unbekannte. Einfach herrlich, diese Hingabe!
crazy was die beiden erlebt haben, aber mit sandalen am gletscher is ja fast schon fahrlässig ;) ich wünsche euch eine gute weiterfahrt und und mir mehr tolle eindrücke von eurem abentuer