An der E-Mobilität in Städten führt längst kein Weg mehr vorbei. Und das ist auch gut so. Wer einmal in südeuropäischen Metropolen eine halbe Stunde lang die Benzin-Scooter-Geschwader beobachtet hat, die lärmend und stinkend von Ampel zu Ampel jagen, weiß, wovon ich spreche. Der urbane Verkehr muss sauberer werden. Und leiser. Auf beides zahlen E-Roller jeglicher Größe zu 100 Prozent ein. Was in der Saison 2023 (oder später) auf uns zukommt, zeigen die zahlreichen neuen Modelle auf der EICMA 2022. Hier die fünf interessantesten Neuheiten.
Anfang der 1950er-Jahre hatte MV Agusta den 125er-Roller „Ovunque“ im Programm. Ein cooles Teil mit freiliegendem Einzylindermotor vor dem Hinterrad, rund 5 PS und angeflanschtem Rundscheinwerfer. 70 Jahre später wollen die Italiener das Gefährt wieder aufleben lassen. Futuristischer Doppelsitz, freistehender Motorradlenker, Scheinwerfer auf dem Beinschild – die historischen Anleihen sind unübersehbar, auch wenn vom Motor nichts mehr zu sehen ist, was nicht nur am Elektroantrieb liegt. Die technische Plattform stammt vom Roller-Tycoon Kymco aus Taiwan. Rund 10 PS (7,2 kW) Spitzenleistung und 5,5 PS (4,1 kW) Dauer-Nennleistung soll der Ampelio haben. Das maximale Drehmoment am Hinterrad soll bis zu 215 Nm betragen. Wie viel davon spürbar auf dem Asphalt ankommt, bleibt abzuwarten. 3,7 Sekunden auf Tempo 50 attestiert MV Agusta und 95 km/h Spitze. Netter Gag: Der Ampelio kommt mit Rückwärtsgang – so er denn kommt.
Den City-Roller Streetzone hat „Peugeot Motocycles“ seit zehn Jahren im Programm. Jetzt kommt der Zweisitzer als Elektroversion. Punkten soll er auch als Sharing-Fahrzeug oder als Liefervehikel auf der „letzten Meile“, also im Citybereich und in Zonen mit Fahrverboten für Verbrenner. Die Batterie kann herausgehoben und an jeder haushaltsüblichen Steckdose geladen werden. Mit einem Standard-Ladegerät (300 W) dauern 80 Prozent vier Stunden und 30 Minuten, 100 Prozent sieben Stunden. Ein Schnellladegerät (600 Watt) soll die Dauer laut Peugeot Motocycles „entsprechend verkürzen“. Zwei Fahrmodi sind Serie: „Eco“ kappt die Geschwindigkeit bei 30 km/h und soll eine Reichweite von bis zu 61 km ermöglichen. Im „Boost“-Modus kommt der e-Streetzone auf bis zu 51 km mit maximal 45 km/h. Auf Wunsch gibt es eine Version mit zwei Batterien. Dann reicht der Eco-Modus für bis zu 112 km, Boost bringt es auf bis zu 96 km Reichweite. Gleich weit kommt auch die einsitzige Cargo-Version mit ihren zwei Batterien. Markteinführung: „im ersten Halbjahr 2023“.
Wie lässig ist der denn, bitte? Der Beach-Scooter „Brixton Layback“ ist offiziell nur ein Konzept, ist aber längst beschlossene Sache: Auf der Website kann man sich bereits für einen Layback-Newsletter anmelden. Impressionen fürs Design der ersten Brixton mit Elektroantrieb haben sich die Österreicher bei der Skate- und Surfwelt geholt: Dort steht der Begriff Layback für einen Move, bei dem sich der Surfer weit nach hinten lehnt. Wie bei der „Brixton BX 125 SK8“ soll es eine Skateboard-Halterung geben. Die Antriebsbatterie wird von massiven Stahlrohren getragen und geschützt. Sie sitzt am tiefsten Punkt des E-Zweirad-Buggys. Der Rahmen dient an dieser Stelle als Ablagefläche für Strandtasche, Einkaufskorb oder was auch immer. Marktstart: noch offen.
7.200,-- Euro begehrt Autohersteller SEAT für seinen 125er-Elektroroller „Mó“. Platz für zwei Helme unter der Sitzbank, bis zu 95 km/h schnell, 0 auf 50 km/h in 3,9 Sekunden – fürs urbane Mitschwimmen reicht das dicke, aber jetzt wollen die Spanier mehr: Mit eBoost-Funktion beschleunigt der neue „Mó 125 Performance “auf bis zu 105 km/h. Maximal 30 Sekunden lang hält er das Tempo, dann benötigt er zwei Minuten Ruhe, also moderateren Speed, um erneut durchzustarten. Der Sprint auf Citytempo 50 gelingt eine flotte Sekunde schneller (2,9 Sekunden). Federung (einstellbar, hinten Öhlins) und Bremsen hat SEAT nachgeschärft, die Sitzbank (Alcantara) neu designt. Der Preis steigt deutlich: 8.900,-- Euro kostet die neue Performance-Version, Guinness-Buch-Weltrekorde inklusive. Ein Staffelteam spulte mit dem Performance-E-Scooter 1.430 Kilometer an einem Tag ab. Journalist Valerio Boni schaffte als Einzelfahrer 1.158 Kilometer – Weltrekord für die längste Solofahrt auf einem E-Roller binnen 24 Stunden.
Der „EM1 e“ ist der erste elektrische Roller von Honda für Europa – und das erste von zehn (oder mehr) elektrisch angetriebenen Modellen, die Honda bis 2025 auf den Markt bringen will. Das kompakte E-Moped zielt auf die gleiche Klientel wie der Yamaha NEO’s: 45 km/h schnell, Wechselakku für 40 km Reichweite, tiefer Durchstieg und Honda-typisch solide und blitzsauber verarbeitet. Das Mobile Power Pack (MPP) soll unterschiedlichen Temperaturen trotzen und hochzuverlässig sein. Autofahrer können problemlos umsteigen. Das Handling ist super easy, verspricht Honda. Das empfiehlt den „EM1 e“ fürs emissionsfreie Brötchen holen, wenigstens. Marktstart: Sommer 2023.