Yamaha Tracer 700 - Fahrtest

12.05.2020
| Lesezeit ca. 4 Min.
Hanspeter Küffer
Francesc Montero, Jonathan Godin
Eigentlich machte die Yamaha Tracer 700 ja bereits bisher alles richtig. Dennoch stand der schnörkellose Mittelklasse-Allrounder seit seinem ersten Auftritt vor vier Jahren nicht bloß im Schatten der großen Dreizylinder-Schwester Tracer 900, er musste sich von Anfang an auch hinter dem mit dem gleichen, CP2-Motor ausgerüsteten Bestseller MT-07 anstellen. Aufgehübscht und technisch aufgewertet dürfte die 2020er Tracer 700 nun nicht nur den erfolgsverwöhnten Geschwistern, sondern auch diversen Mitbewerbern anderer Marken kräftig einheizen.

Sportlich orientierter Adventure-Look

Es scheint nun so, als ob sich die Designer nicht mehr am gleichnamigen großen Schwestermodell orientierten, sondern sich eher von der YZF-R1 inspirieren ließen. Insbesondere der markanten Front mit schlitzförmigen Positionsleuchten und winzig kleinen LED-Rundscheinwerfern ist eine gewisse Ähnlichkeit zum Yamaha Supersportler nicht abzusprechen. Deutlich weniger kantig gezeichnete seitliche Verkleidungen, ein schnörkelloses Heck und Handschützer im Future-Style untermauern den sportlich orientierten Adventure-Look. Mit TFT-Technik kann das neue Display zwar nicht auftrumpfen, mit Kontrast und guter Ablesbarkeit dagegen schon. Dazu kommt, dass der mit einer Hand während der Fahrt um 65 Millimeter verstellbare Windschild ordentlich Schutz bietet.
Yamaha Tracer 700

Ordentlich Druck, viel Dampf

Als erstes der diversen Yamaha CP2-Modelle schafft die Tracer 700 die Euro-5-Homologation und das ohne Leistungseinbusse – im Gegenteil. Der 689 ccm große und in Details leicht modifizierte Reihenzweier liefert ab 2.500 U/min ordentlich Druck, viel Dampf in der Mitte und selbst im obersten Bereich noch mächtig Drehfreude. Für Solofahrer reichen die 74 PS locker aus, zumal das Aggregat in jeder Drehzahl sauber ans Gas geht und kraftvoll beschleunigt. Die Abstimmung des Sechsganggetriebes ist gut gewählt und passt ausgezeichnet zur Positionierung des leichten, handlichen Allrounders. Fahrmodi und Traktionskontrolle sind nach wie vor nicht an Bord, doch dafür ist der Preis von 8.499,– Euro weiterhin ein echtes Schnäppchen.
Yamaha Tracer 700 - Sitzposition

Entspannte, bequeme Sitzposition

Die Sitzhöhe ist um 5 Millimeter auf 840 Millimeter angewachsen. Beachtliche 34 Millimeter breiter geriet der Lenker. Unverändert bleibt indes die Fahrwerkgeometrie. Entspannt und selbst auf längere Distanzen bequem ist die weitgehend aufrechte Sitzposition. Die Federelemente – vorne eine konventionelle Teleskopgabel, hinten ein indirekt angelenktes Monofederbein – sind eher komfortorientiert abgestimmt, wobei als Neuerung nun sowohl die Federvorspannung als auch die Zugstufe variiert werden können.
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Tückenlos und spielerisch einfach

Mit vollem 17-Liter-Tank bringt die neue Yamaha Tracer 700 lediglich 196 Kilogramm auf die Waage und verfügt damit über beste Voraussetzungen für agiles Handling und einfaches Manövrieren im Stand. Sie wird dadurch zum wahren Multitool. In der Stadt und auf Landstraßen fühlt sie sich gleichermaßen wohl wie in kurvenreichen Revieren. Sie begeistert mit präzisem Lenkverhalten, Stabilität und einfacher Bedienung. Abwinkeln, wieder aufrichten, bereits die nächste Kurve anvisieren und erneut abtauchen – alles geht so spielerisch einfach, präzise und tückenlos von der Hand, dass es eine Freude ist. Maßgeblichen Beitrag zu den wieselflinken Handlingeigenschaften leisten die für unsere Testfahrt montierten Michelin Pilot Road 4. Die Gummis sind relativ rasch auf Betriebstemperatur und überzeugen selbst bei Feuchtigkeit mit gutem Grip.
Yamaha Tracer 700

Lobenswertes Bremsverhalten

Dank druckvollem Motor und agilem Handling lässt es sich mit der Tracer weitaus potenteren Maschinen kräftig einheizen, und das, ohne dass der Fahrer dabei ans Limit gehen muss. Nicht zuletzt auch aufgrund der neuen Frontgestaltung im erwähnten R1-Look kann es also durchaus passieren, dass sich Vorausfahrende plötzlich von einem Supersportler verfolgt fühlen. Lob verdienen auch die Bremsen. Die vordere Doppelscheibenbremse bietet einen klaren Druckpunkt und verzögert ordentlich, wobei für starke Stopps recht kräftig am löblicherweise weitenverstellbaren Handbremshebel gezogen werden muss.
Yamaha Tracer 700 - Scheinwerfer

Umfangreiches Originalzubehör

Mit Originalzubehör lässt sich die Tracer 700 weiter optimieren. Yamaha hat für unterschiedliche Bedürfnisse entsprechende Pakete zusammengestellt: Das Wochenend-Paket (772,95 Euro) beinhaltet ein paar leichte ABS-Seitenkoffer inklusive der entsprechenden Halterungen, einen hohen Wildschild, ein Tankschutz-Pad sowie ein 5-V-USB-Ladegerät. Eher für urbane Einsätze eignet sich das Stadt-Paket (439,95 Euro) aus Gepäckbrücke, 39-Liter-Topcase und USB-Adapter. Im Gegensatz dazu untermauert das Sport-Paket (419,95 Euro) mit Tankpolster, Mini-Kennzeichenhalterung und Alu-Kettenschutz den sportlichen Auftritt. Auf große Tour geht es mit dem Reise-Paket (1.248,95 Euro) dank Komfortsattel, hoher Scheibe, abschließbaren Seitenkoffern und USB-Adapter.
infotainment

Fazit

Mit der neuen Tracer 700 zeigt Yamaha eindrücklich, dass Motorrad-Fahrspaß mit ausreichend Leistung, agilem Handling und grundsolider Ausstattung durchaus mit unter 100 PS und vor allem für weit weniger als 9.000 Euro möglich ist. Ob in der Stadt, auf der Landstraße oder auf der großen Tour – die neue Tracer 700 ist in ein wahres Multitalent. Und zwar eines, das zudem noch verdammt gut aussieht.
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Yamaha Tracer 700 - Baujahr: 2020
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