Mitte November mal eben nach Mallorca zu fliegen und Dauerregen gegen Sonne zu tauschen, das ist schon schön. Dort dann bei besten äußeren Bedingungen zwei rattenscharfe Klassiker über leere Bergstraßen scheuchen zu dürfen, rund 200 Kilometer weit durchs malerische Hinterland der Balearen-Insel, das ist dann geradezu glorreich – und macht aus einem sehr guten Novembertag einen ganz hervorragenden. Auch in akustischer Hinsicht.
Betören. Alle Sinne gleichermaßen. Sie sieht fantastisch aus. Sie klingt unglaublich gut. Und sie beschleunigt dich mit ihrem erstarkten Performance-Twin so souverän und euphorisierend durch Zeit und Raum, dass du auf der Stelle allen weiteren Motorrädern entsagen möchtest. Mit einer Ausnahme.
Alle Speed-Twin-1200-Fahrer abholen, die schon immer mit einem Auge auf die kürzlich in Rente geschickte Thruxton RS geschielt haben, aber Angst vor schmerzenden Handgelenken hatten. Die bleiben dir auf der neuen 1200 RS erspart: Die sportliche Premiumvariante der Speed Twin 1200 wird serienmäßig mit Lenker statt Clip-on-Stummeln (Option) ausgeliefert. Der schwarze Lenker ist zwar etwas flacher und schmaler als bei der „normalen“ Speed Twin 1200, liegt aber entspannt zur Hand – trotz der sportlicheren Sitzposition: Die Fußrasten wandern hier etwas nach hinten und nach oben. In bester Thruxton-Tradition.
Makellose Verarbeitung, atemberaubendes Design, mitreißende Performance. Zugegeben, diese Beschreibungen stammen von der Triumph-Website, aber ganz ehrlich: Treffender lässt es sich kaum ausdrücken. Die Speed Twin 1200 ist ein zeitlos schönes Motorrad. Eines von dem Schlag, das selbst Nichtmotorradfahrer optisch begeistert, wie die lobenden Blicke zahlreicher Mallorca-Touristen belegen. Der Tank ist jetzt vorn etwas breiter, hinten etwas schmaler. 14 Liter passen rein. Anno 2019, zum Modellstart, waren es mal 14,5 Liter. Die Sitzbank ist jetzt minimal flacher. Bei der 1200 ragt sie 805 mm hoch auf, bei der 1200 RS sind es 810 mm. Der Sitzkomfort ist auf beiden top, wobei die durchgehende Bank der RS noch eine Spur edler ist (Materialmix).
Kurven vernaschen, bis dir schwindlig wird vor Glück. Die neuen Schräglagenwächter der 6-Achsen-IMU erhöhen das Vertrauen in die schon immer wunderbar fahraktive Speed Twin 1200 noch ein Stückchen mehr; frühzeitiges Eingreifen verkneifen sie sich. Die Traktionskontrolle erlaubt sich jedoch, ab gewissen Schräglagen und beim zackigen Herausbeschleunigen aus Kurven durch ein kurzes Aufglimmen zu signalisieren, dass sie durchaus im Blick hat, was der Fahrer da gerade veranstaltet. Sollte sie gefordert sein, ist sie wie das Kurven-ABS sehr zuverlässig zur Stelle. Die Stylema-Bremsen der 1200 RS greifen noch eine Spur besser als die Triumph-gebrandeten J.Juan-Zangen der 1200. Sie lassen sich feiner dosieren, vor allem beim Hineinbremsen in enge Kurven. Fahrer, die hier gern die Hinterradbremse einsetzen fürs Linien-Feintuning, werden auf beiden 1200ern glücklich: Die hintere 220-mm-Scheibe und ihr Doppelkolben-Schwimmsattel arbeiten prächtig zusammen.
In puncto Verarbeitung sind die Speed-Twin-1200-Twins – wie alle Triumph-Maschinen – über jeden Zweifel erhaben. Perfektion bis ins Detail, gepaart mit herausragender Performance – das ist schon ganz großes Kino. Wie die wunderbare Soundkulisse, die einen vom Starten bis zum Abstellen begleitet.
Tja, welche nehmen?! Beide haben ihre Vorteile: Mir persönlich gefällt die aufrechtere Sitzposition auf der Speed Twin 1200 (ab 13.895,-- Euro plus 450,-- Euro Liefernebenkosten) besser. Dafür hat die 1200 RS (ab 16.195,-- Euro) die feiner dosierbare Bremsanlage und die hochwertigere Federung. In puncto Optik haben beide Modelle ihren Reiz – die 1200 RS für mich vor allem in Sapphire Black mit weißen Streifen am Tank, die 1200 in Crystal White. Im Dezember sollen die ersten Einheiten bei den Händlern sein – wie üblich bei Triumph mit vier Jahren Garantie und langen Wartungsintervallen (16.000 km).