2021 kehrt die Suzuki Hayabusa mit umfangreichem Elektronikpaket und geschärftem Design zurück auf den deutschen Markt. Wir testen ihre 190 PS im Alltag.
Der Vierzylindermotor mit 1.340 ccm leistet 190 PS bei 9.700 U/min. Im Jahr 1999 war die Suzuki Hayabusa das erste Serienmotorrad, das die magische Marke von 300 km/h überschritt und wurde dadurch über Nacht zur Legende. Kawasaki reagierte zwar umgehend und stellte im Folgejahr mit der ZX12-R einen ebenbürtigen Konkurrenten auf die Räder, den Kultstatus der Suzuki erlangte sie jedoch nie. Durch eine freiwillige Selbstbeschränkung der Hersteller, die die Höchstgeschwindigkeit aller Motorräder ab 2001 auf 299 km/h begrenzt, wurde der Topspeed der ersten beiden Hayabusa-Baujahre zu einem ewigen Rekord. Geschützt durch dieses Abkommen, ist ihr Name bis heute selbst Menschen ein Begriff, die mit Motorrädern ansonsten kaum etwas am Hut haben. Und das, obwohl sie zwischenzeitlich schon drohte, von der Bildfläche zu verschwinden. In den Jahren 2019 und 2020 importierte Suzuki die 1.300er nicht mehr nach Deutschland.
In der Front steckt ein Voll-LED-Scheinwerfer. 2021 kehrt sie mit einem umfangreichen Elektronikpaket und geschärftem Design zurück. Der 1.340 Kubikzentimeter große Reihenvierzylinder leistet in der Euro-5-Version 190 PS bei 9.700 U/min und serviert dazu einen Drehmomentberg von 150 Newtonmetern, der bei 7.000 Touren gipfelt. Nackte Zahlen, die den tatsächlichen Ritt auf der Kanonenkugel nur unzureichend beschreiben.
Nach zweijähriger Abstinenz ist die Suzuki Hayabusa 2021 wieder auf dem deutschen Markt erhältlich.
Bärenstarker Vierzylindermotor mit breit nutzbarem Drehzahlband
Nach heutigen Maßstäben gilt die vollgetankt 264 Kilogramm schwere Hayabusa weniger als Hochleistungssportgerät, sondern mehr als bärenstarker Expresstourer, den man auf öffentlichen Straßen niemals an seine Leistungsgrenzen bringt. Der Landstraßenalltag des XXL-Vierzylinders spielt sich meist um die 3.000 Touren ab. Hier zeigt er sich von seiner lammfrommen Seite, hängt fein dosierbar am Gas und schaufelt dennoch mehr als genug Drehmoment für alle Fahrsituationen gen Hinterrad. Bei 4.000 U/min stehen bereits 110 km/h auf dem Tacho, erst bei 11.000 U/min taucht die Nadel des Drehzahlmessers in den roten Bereich ein. Am anderen Ende der Skala rollt die Hayabusa im größten Gang knapp über Leerlaufdrehzahl an der Grundschule vorbei. Anstrengen oder verschlucken muss sie sich auch dabei nicht, einzig den Einsatz des Tempomaten verweigert die Elektronik, wenn der Motor zu untertourig läuft. Bleibt der sechste Gang von 30 bis 300 km/h drin, kommt der bidirektionale Quickshifter deutlich seltener zum Einsatz, als das sauber schaltende Getriebe es verdient hätte. Im Gegenzug macht diese über alle Zweifel erhabene Motorcharakteristik gelassen – sehr gelassen. Sollen doch andere ihren Führerschein riskieren. Jeden von ihnen könnte die Hayabusa mit Leichtigkeit zum Frühstück verputzen und die ganze Welt scheint sich dessen bewusst zu sein. Andere Verkehrsteilnehmer verharren mit ungewohnt respektvollem Abstand in Habachtstellung, als könne das Biest im nächsten Moment von der Leine gelassen werden.
Zwei große Schalldämpfer übernehmen die Abgasreinigung und senken die Lautstärke auf ein angenehmes Niveau.
Souveräne Fahrwerksperformance
Auf einsamen, menschenleeren Bergstraßen darf dann das Fahrwerk zeigen, was es kann. Sicher zieht der schwere Wanderfalke (japanisch Hayabusa) seine Bahnen auf dem Asphaltband. Die Suzuki ist mit Komponenten ausgestattet, die mich bis hin zu ihrer eingetragenen Höchstgeschwindigkeit von 295 km/h nicht im Stich lassen dürfen. Entsprechend souverän präsentiert sich die Straßenlage bei Landstraßentempo.
Glühbirnen sucht man an der Hayabusa vergebens. Ihre LEDs entsprechen dem Stand der Technik. Mit erstaunlich komfortabler Abstimmung schwingt die Maschine elegant von Kurve zu Kurve. Untermalt vom dezent leisen, aber ungemein kraftvollen Sound des Vierzylinders, hat es beinahe etwas Meditatives, die übermotorisierte Hayabusa zu bewegen. Selbst auf den kurzen Geraden zwischen den Kehren ist sie weit davon entfernt, ihr Leistungspotential ausschöpfen zu dürfen. Zugleich deutet sich ihre unbändige Kraft mit steigender Drehzahlmessernadel durch das heiser werdende Grummeln aus den Tiefen der Verkleidung an. Unter dem voluminösen Tank der tiefschwarzen Maschine schlummert ein Monster, das nur darauf wartet, von der rechten Hand des Fahrers entfesselt zu werden. Eingepfercht in eine vollständig geschlossene Verkleidung ist das riesige Aggregat nicht nur akustisch, sondern auch durch seine enorme Abwärme permanent präsent.
320-mm-Bremsscheiben und Brembo-Stylema-Sättel verzögern selbst aus 295 km/h Topspeed zuverlässig.
Tourentaugliche Ergonomie
Die Ergonomie fällt hingegen weniger extrem aus, als das aerodynamische Design der Hayabusa vermuten lässt. Ja, sie hat einen Stummellenker, er ragt jedoch verhältnismäßig hoch auf. In Kombination mit der niedrigen Sitzhöhe ergibt sich dadurch eine recht aufrechte Sitzposition, die in den Kurven das Handling erleichtert und auf langen Touren die Handgelenke schont. Einzig meine große Gepäcktasche auf dem Soziusplatz stört die ausgefeilte Aerodynamik der Hayabusa und bringt bei dem Versuch, auf der Autobahn schnell ein paar Kilometer abzuspulen, leichte Unruhe in der Front. Die Brembo-Stylema-Bremssättel der beiden 320-mm-Bremsscheiben sind dafür über alle Zweifel erhaben, obwohl Suzuki auf den werksseitigen Einsatz von Stahlflexleitungen verzichtet. An Druckpunkt und Dosierbarkeit der Stopper gibt es nichts auszusetzen. An der Wirkung der 300-km/h-Bremse ohnehin nicht. 2021 unterstützen ein Kurven-ABS und ein Kombibremssystem beim Verzögern. Wird eine Gefahrenbremsung nötig, schaltet sich zudem automatisch die Warnblinkanlage ein.
Die schnelle Hayabusa eignet sich hervorragend als Tourer, die auf dem Soziusplatz befestigte Tasche stört bei höheren Geschwindigkeiten allerdings die ausgefeilte Aerodynamik.
2021 mit einer Flut von Assistenzsystemen ausgestattet
Auf einen Funkschlüssel verzichtet die Hayabusa ebenso wie auf ein elektronisch verstellbares Fahrwerk. Die verbaute Upside-down-Gabel mit Cartridge-System spricht feinfühlig an und ist selbstverständlich einstellbar. Gleiches gilt für das Zentralfederbein mit externem Ausgleichsbehälter. Im aktuellen Modell halten darüber hinaus zahlreiche Assistenzsysteme Einzug. Neben drei vorprogrammierten und drei benutzerdefinierten Fahrmodi sind Launch-Control, Anti-Wheelie-Control, Traktionskontrolle, Tempomat, Speed-Limiter und Hill-Hold-Control serienmäßig mit an Bord.
Mit zwei analogen Rundinstrumenten und einem konventionellen Zündschlüssel wirkt das Cockpit bodenständig. Alle Anzeigen sind tadellos ablesbar. Im Zentrum des übersichtlich gestalteten Cockpits deutet die Schräglagenanzeige auf das elektronische Gehirn der Hayabusa hin. Die Anzeige des Bremsdrucks und des Öffnungswinkels des Ride-by-Wire-Gasgriffs sind hingegen Spielereien, die dem Fahrer keinen Mehrwert liefern – außer einem faszinierten Lächeln auf dem Gesicht. Das erzeugt auch der Tacho, dessen Skalierung oberhalb von 290 km/h mit einem schlichten roten Strich endet. Bei dreihundert zeigt er wieder null – Verwechslungsgefahr ausgeschlossen.
Als Power Edition kommt das Ultimate Sport Modell mit einem Akrapovič Slip-On Endschalldämpfer daher, der sich nahtlos in das dynamische Styling des Motorrads einfügt. Optisches i-Tüpfelchen ist die Soziusabdeckung in Fahrzeugfarbe.
Die Hayabusa Power Edition ist auf 30 Exemplare limitiert
Preis für die Power Edition: 20.400,-- Euro (ab Werk)