Souo S 2000 – Achtzylinder-Boxer, demnächst auch bei uns?

Das hat es in der Motorradhistorie noch nicht gegeben, die S 2000 übertrumpft sogar Hondas Gold Wing, deren Boxer es auf „nur“ sechs Zylinder bringt. Es überrascht zunächst, dass eine frisch gegründete Firma sich die teure Entwicklung eines Achtzylinder-Motorrads leisten kann, aber Souo ist ein Tochterunternehmen des Autoherstellers Great Wall Motors (GWM), der 2023 rund 1,4 Millionen Fahrzeuge verkauft hat und jetzt gerne auch ins Motorradgeschäft einsteigen würde. Der chinesische Konzern macht keine halben Sachen und errichtete eigens eine Fabrik für die Motorradproduktion, außerdem heuerte er für die Entwicklung unter anderem den Schwaben Uwe Moser an, der früher auch für Mercedes und Continental tätig war.

190 Nm aus zwei Litern Hubraum

Souo geht ganz unbescheiden in die Vollen, der gewaltige Motor verfügt über 1999 ccm Hubraum und weist ein fast quadratisches Bohrung-Hub-Verhältnis von 68,0 x 68,4 mm auf. Flüssigkeitskühlung und vier Ventile pro Zylinder verstehen sich von selbst, aber mit zwei variablen Nockenwellen, die für noch mehr Druck über das gesamte Drehzahlband sorgen, überbietet die S 2000 die Gold Wing erneut. Souo gibt 154 PS bei 6.500 U/min als Höchstleistung an, doch der eigentliche Hammer sind die 190 Nm bei 4.500 U/min. Bei so viel Hubraum und Drehmoment könnte die S 2000 sich eigentlich auf vier oder fünf Gänge beschränken, aber das sieht Souo ganz anders und spendiert ihr ein Acht-Gang-Getriebe. Auf eine Kupplung verzichtet sie, stattdessen kann der Fahrer mit Daumen und Zeigefinger das halb automatische Getriebe durchschalten. Als Höchstgeschwindigkeit gibt Souo für sein Dickschiff 210 km/h an.

Schwergewicht mit 461 kg

Die S 2000 gibt es in den zwei Versionen ST und GL, wobei Letztere eine noch üppigere Bagger-Variante darstellt. Beide treten in der Superschwergewichtsklasse an: Die S 2000 ST bringt 450 kg auf die Waage und die S 2000 GL sogar unfassbare 461 kg. Da wundert es nicht, dass beide über einen Rückwärtsgang verfügen, der die Giganten mit bis zu 4 km/h aus der Parklücke rangieren kann. Damit aber nicht genug an Extravaganzen, der Rahmen und das Fahrwerk verdienen mindestens genauso viel Beachtung wie der Motor. Ein großzügig dimensionierter Brückenrahmen aus Aluminium trägt die S 2000 und ein Kardanantrieb treibt das breite Hinterrad im Format 200/55R16 an, während sich vorne ein Pneu der Dimension 130/70R18 dreht. Dass es sich um dieselben Reifengrößen wie bei der Honda Gold Wing handelt, dürfte kein Zufall sein.

Aufwendige Vorderradführung

Für viel Aufsehen sorgt die aufwendige Vorderradführung der S 2000. Sie ähnelt einer Hossack-Gabel mit doppelten, oberen Querlenkern und soll Nickbewegungen beim Bremsen verhindern. Höchsten Komfort beim China-Tourer verspricht ein semi-aktives Fahrwerk mit automatischer Dämpfungsanpassung der drei Fahrmodi „Rain“, „Travel“ und „Dynamic“. Mit einem riesigen Radstand von 1.810 mm ist die S 2000 ganz auf gediegenes Cruisen ausgelegt, die Gold Wing bringt es auf vergleichsweise bescheidene 1.695 mm. Beim Verzögern will sich Souo keine Schwäche erlauben und greift zu zwei radialen Vierkolben-Bremszangen von Brembo am Vorderrad. Das Design der S 2000 hat sich laut dem Hersteller von Löwen inspirieren lassen, deren Darstellung in der chinesischen Kunst häufig vorkommt. Mit etwas Fantasie kann der Betrachter in den beiden LED-Scheinwerfern und den seitlich davon platzierten LED-Tagfahrleuchten ein Löwenantlitz erkennen.

12,3 Zoll großes TFT-Display

Viel wichtiger wird dem Fahrer aber die breite Verkleidung sein, die in Verbindung mit dem Windschild guten Wetterschutz bieten dürfte. Dahinter finden sich zwei Lautsprecher zur Beschallung des Fahrers und ein breiter, verchromter Lenker soll eine gute Führung des Straßendampfers ermöglichen. Die ausladenden Sitze – natürlich inklusive Sitzheizung – für Pilot und Passagier reichen schon an Clubsessel-Qualität heran. Zwei in Fahrzeugfarbe lackierte Koffer sind serienmäßig ebenso wie bei der S 2000 GL hinter dem Sozius noch eine Rückenlehne samt Topcase. Dass die Souo über ausreichend elektronische Assistenzsysteme wie schräglagensensitive Traktionskontrolle verfügt, versteht sich von selbst. Zudem hat sie auch Radar an Bord und somit Abstandswarner, Totwinkelüberwachung und Eingriff der ECU ins Fahrgeschehen bei zu dichtem Auffahren. Elektrische Handbremse und Tempomat ergänzen die Ausstattung. Auf dem Tank finden sich zudem ein Panel mit Drehknopf und diverse Tasten für das gehobene Infotainment-Vergnügen in dem ultrabreiten 12,3-Zoll-TFT-Bildschirm im Cockpit.

Kommt sie nach Deutschland?

In China ist die Souo S 2000 seit Kurzem auf dem Markt. Die ST kostet umgerechnet rund 28.400,-- Euro (218.800,-- Yuan) und die GL etwa 30.900,-- Euro (238.800,-- Yuan). Für Schnellentschlossene gibt es auf dem Heimatmarkt eine noch edler ausgestattete Founder-Edition von 88 Stück, die die Unterschrift des GWM-CEO und bekennenden Motorradfans Wei Jianjun trägt, für 37.400,-- Euro (288.800,-- Yuan). Ob die Souo S 2000 ihren Weg nach Deutschland findet, ist offen, allerdings gibt es bereits Gerüchte über erste Testfahrten hierzulande. Die Chance einer Markteinführung in der EU scheint zumindest gegeben.