Robust, rassig, rau kommt die Rally-Variante der Ducati DesertX daher und ist eine spannende Alternative zu V-Strom 1050DE, Africa Twin oder Multistrada.
Minusgrade, Schneetreiben und Verkehrschaos halten die südliche Hälfte Deutschlands fest im Griff. Ein Glück, dass der Flieger gerade noch rechtzeitig dem drohenden Winterwetter entfliehen und mich zur Fahrpräsentation von Ducatis jüngstem Mitglied ihrer Adventurebike-Familie nach Marrakesch im Herzen Marokkos bringen kann. Es herrschen sommerliche Temperaturen von bis zu 25 Grad und die Sonne zeigt ihr im winterlichen Europa sehr vermisstes, wärmendes Gesicht.
Der Ort der Präsentation wurde jedoch nicht nur wegen der angenehmen Temperaturen und des Wetters ausgewählt, sondern auch und vor allem wegen der für Reise-Enduristen und Adventurebike-Fahrer paradiesischen Untergrundverhältnisse. Endlose Schotterstraßen, Geröllfelder, ausgetrocknete Flussbetten und eine im besten Sinne hügelige Landschaft erwarten jeden, der sich ins Hinterland Marrakeschs begibt.
Fahrtests: BMW F 900 GS, Triumph Tiger 900, Ducati Desertx Rally, Triumph Speed 400 & Triumph Scrambler 400 X, Honda Africa Twin Adventure Sports, Kawasaki Eliminator 500, Harley-Davidson Street Glide & Road Glide Touren/Reisen: Entlang der Donau, Vom Harz zum Glockenpalast, 100 Colls – Passfahrspass in Katalonien Motorräder: Royalmehr Enfield Shotgun 650, Moto Guzzi V7 Stone Ten Sonderedition Tests: Held Summer Ride II, Ashley Watson Eversholt Mkii, Bogotto Barton, Shad Terra TR15 CL, Nexx X.WED3 Magazin: BMW vermeldet Rekordabsatz, Zulassungszahlen 2023, Intermot mit neuem Konzept, BMW Days zurück in Garmisch-Partenkirchen
Fahrtests: BMW F 900 GS, Triumph Tiger 900, Ducati Desertx Rally, Triumph Speed 400 & Triumph Scrambler 400 X, Honda Africa Twin Adventure Sports, Kawasaki Eliminator 500, Harley-Davidson Street Glide & Road Glide Touren/Reisen: Entlang der Donau, Vom Harz zum Glockenpalast, 100 Colls Passfahrspass in Katalonien Motorräder: Royalmehr Enfield Shotgun 650, Moto Guzzi V7 Stone Ten Sonderedition Tests: Held Summer Ride II, Ashley Watson Eversholt Mkii, Bogotto Barton, Shad Terra TR15 CL, Nexx X.WED3 Magazin: BMW vermeldet Rekordabsatz, Zulassungszahlen 2023, Intermot mit neuem Konzept, BMW Days zurück in Garmisch-Partenkirchen
Preis: 5,90 €
Robust soll sie sein und robust ist sie
Seit einigen Jahren versucht Ducati sich von dem Image zu lösen, dass man sich nach Kauf eines Motorrads aus Borgo Panigale von der Verkaufsfläche ohne Umweg auch schon in der Werkstatt vorstellen sollte. Zur Wartung, Inspektion und Ausbesserung vieler kleiner, aber teurer Mängel. Viel hat sich getan, auch und vor allem seit Ducati zum Audi-Konzern gehört. Prozesse und Herstellung wurden verbessert und eine wirksame Qualitätskontrolle eingeführt. Das zeigt sich bei den Wartungsintervallen von 15.000 km oder alle 24 Monate. Unterstrichen wird die von Ducati versprochene Robustheit der DesertX Rally jedoch auch von den ausgewählten Komponenten. So steht die Reiseenduro auf 2 mm breiteren Beinen, denn die Gabelrohre von KYB haben nun einen Durchmesser von 48 mm. Bei der DesertX ohne Rally sind es 46 mm. Doch nicht nur mit einem vergrößerten Durchmesser der Gabelrohre und einem Closed-Cartridge-System, sondern auch mit Kashima-Beschichtung der Standrohre und der DLC-Beschichtung an den Gleitrohren möchte Ducati die Robustheit der DesertX Rally in der Wüste gewährleisten. Dazu gesellt sich ein Motorschutz aus Carbon, von dem sich die Italiener eine höhere Widerstandsfähigkeit versprechen und der zudem leichter ist. Einen spürbaren Gewichtsunterschied habe ich während der Fahrten nicht feststellen können, die Widerstandsfähigkeit stellt der Kohlefaserschutz jedoch mehrfach unter Beweis. Zahlreiche Steine, vom kleinen Kiesel bis zum faustgroßen Steinbrocken, entlocken dem Material nicht mehr als ein paar milde „Klongs“ und minimale Kratzer an der Oberfläche. Das Gute an Carbon – es verbeult nicht, sondern bricht höchstens. Und wer es schafft, derartige Kräfte auf den Unterboden seiner DesertX wirken zu lassen, hat gewiss andere Probleme als die Widerstandsfähigkeit seines Carbon-Motorschutzes. Auch die Gabel arbeitet stabil, verlässlich und berechenbar und ist schon von Werk aus gut eingestellt. Jedenfalls für all jene, die es weich gefedert mögen. Für die Fahrten über Schotterstraßen und das lose Geröll in Marokkos Hinterland mag ich es jedenfalls so und stelle mir lediglich das Federbein am Hinterrad ein bisschen härter ein. Für die Fahrwerkseinstellung genügt der handelsübliche Schlitzschraubenzieher. Am Vorderrad können so Druck- und Zugstufe angepasst werden. Am Federbein, ebenfalls von KYB gefertigt, können so High- und Low-Speed-Dämpfung separat geregelt werden. Zusätzlich kann dort per Fernversteller am Drehrad und mit den mittlerweile handelsüblichen Klicks die Federvorspannung erhöht oder gesenkt werden. Praktisch, wenn man wie wir nicht nur auf Schotter, sondern mitunter auch auf Sand oder in ausgetrockneten Flussbetten mit tiefem Kiesel unterwegs ist. Insgesamt ist das Fahrwerk eine Wucht. Die Balance stimmt, Unebenheiten und auch grobe Schläge werden mühelos und vom Fahrer fast unbemerkt weggesteckt. 250 Millimeter Federweg vorn und 240 Millimeter hinten sei Dank. Dass die großen Federwege nicht nur im Gelände gut sind, spüre ich im nur sehr spärlich asphaltierten Hinterland Marrakeschs. Da ist so manches Schlagloch unbemerkt geblieben, das Fahrwerk hat es zum Frühstück verspeist.
Das Power-House der DesertX Rally
Tief verborgen im Rahmen der Ducati schlägt das Testastretta 11° genannte Herz der DesertX Rally. Die nackten Fakten sind auf den ersten Blick unspektakulär. Klar, 110 PS bei 9.250 U/Min sind kein Pappenstiel, aber bei einem Hersteller, der mittlerweile Adventurebikes mit bis zu 170 PS im Gelände bewegt sehen will, ist das jetzt auch kein Superlativ. Und dennoch fühlen sich die 110 PS und 92 Nm (die liegen schon bei 6.500 U/min an) nach mehr und auf eine gute Art und Weise roh an. Die Gasannahme ist, je nach Einstellung, extrem direkt und lässt den Motor am Hinterrad, je nach Einstellung der Traktionskontrolle, ein wahres Feuerwerk entfachen. Geübte Schotter-Drifter, Wheelie-Freunde und Power-Slide-Enthusiasten können sich mit der DesertX Rally und diesem Motor mal so richtig austoben. Ein Quickshifter, er funktioniert reibungslos und auch bei sehr niedrigen oder sehr hohen Drehzahlen tadellos, sorgt dafür, dass man für die Spielereien im Dreck schnell in die Gänge kommt. Der Vollständigkeit halber sei noch die Edelstahl-Auspuffanlage erwähnt, die sich deutlich zahmer anhört, als der Rest des Motorrads aussieht. Wer mehr akustische Untermalung wünscht, kann schließlich immer noch auf zwei Varianten im Ducati-Zubehörkatalog zurückgreifen.
Einen Motorradreisenden bringt in der Regel nichts so schnell aus der Ruhe. Außer natürlich, man überfordert ihn mit der Menüführung seines rollenden Stolzes. Das kann einem bei der DesertX Rally ebenfalls leicht passieren, denn allein die sechs unterschiedlichen Fahrmodi bieten viel Raum für Experimente. Wenn man sich dann noch dazu entscheidet, einen (niemand wird je alle möglichen einstellbaren Konfigurationen vornehmen können) Fahrmodi individuell zu verfeinern, wird man schnell feststellen, dass das eine Aufgabe für ein sehr langes und verregnetes Wochenende ist, aber nichts, was man mal eben vor der Tour oder bei der ersten Kaffeepause erledigt. Hilfreich ist, dass den einzelnen Punkten wie der Ducati Traction Control (DTC), der Ducati Wheelie Control (DWC), der Engine Break Control (EBC), dem Ducati Quickshifter (DQS) sowie dem ABS (lässt sich in der Empfindlichkeit einstellen, am Hinterrad oder komplett deaktivieren), dem Power-Mode (regelt die verfügbare Leistung zwischen 75 PS, 90 PS und den vollen 110 PS) und der Empfindlichkeit der Ride-by-Wire-Gasannahme anschauliche Grafiken zur Verfügung gestellt werden. So weiß man jederzeit, in welchen Einstellungen man gerade herumrührt, aber die pure Anzahl an Möglichkeiten führt jedenfalls bei mir dazu, dass ich vor der ersten Strecke nur das ABS und die Traktionskontrolle abstimme. Beim Rest vertraue ich den Voreinstellungen und fahre gut damit. Auf der Rückfahrt hat es tatsächlich geregnet und aus staubigen Straßen gefühlt die schneebedeckten Pisten des Ostharzes kurzzeitig nach Marokko geholt. Die Elektronik hat geregelt, alles eine Frage der Einstellung.
Der Zugang zum hohen Ross
Ergonomisch unterscheidet sich die DesertX Rally von der DesertX ohne Rally vorrangig durch die leicht veränderte Position der Fußrasten sowie die mit 910 Millimetern um immerhin 35 Millimeter erhöhte Sitzbank. Dass auch durchschnittsgroße Menschen auf dem hohen Sitz Platz nehmen und zumindest einen Fuß vollständig absetzen können, liegt dann am schmalen Sitzbogen und der weichen Federung. Insgesamt ist das Fahrerdreieck jedenfalls perfekt gelungen und das sowohl im Sitzen als auch im Stehen. Der breite Endurolenker kann dabei im Winkel zusätzlich angepasst werden, ebenso können die Positionen der Fußrasten justiert werden. Der Knieschluss zum Tank ist hervorragend und für die Ermüdung sorgt auch bei langen Tagen abseits befestigter Wege nur das Gelände, nicht die Maschine oder eine mangelhafte Ergonomie. Einzig der lästig lange und weit hinten positionierte Seitenständer wird zum lästigen Ärgernis. Beim Ausklappen ist erst die Raste im Weg und ist es nicht komplett ebenerdig, ist der Seitenständer schlicht zu lang, um ihn ausklappen und das Motorrad sicher abstellen zu können.
Für die Präsentation hat Ducati auf den Takasago-Excel-Felgen mit Carbonstahl-Speichen den Pirelli Scorpion Rallye Platz nehmen lassen. Serienmäßig ist der etwas straßenorientiertere Scorpion Rallye STR aufgezogen. Die Reifenwahl ist für unsere Zwecke genau richtig, der Rallye STR hingegen dürfte auf europäischen Straßen die bessere Wahl sein.
Fazit
Wer auf ihr die ersten Schritte ins Gelände machen möchte, ist tendenziell genauso gut aufgehoben wie jahrzehntelange und passionierte Enduro-Recken. Wem Multistrada und GS zu schwer, Ténéré und Transalp zu schwach und V-Strom 1050DE und Africa Twin nicht aufregend genug sind, bekommt mit der schönen Italienerin einen exzellenten Rund-um-Kompromiss. Rassiger Motor, grandioses Fahrwerk, im Gelände nicht zu schwer und sehr viel Ausstattung – all das bietet Ducati mit der DesertX Rally für satte 21.590,-- Euro an.