On- und Offroad Fahrtest : Ducati Multistrada 1200 Enduro

Wir fuhren die Multistrada Enduro Offroad in der Toskana und auf einer Straßentour durch die Alpen ausgiebig probe!
 Walter Hasselbring
 Ducati
Eins ist schon mal sicher: Die Ducati Multistrada Enduro ist die beste Ducati, auf der ich persönlich jemals Platz genommen habe. Nachdem ich die Aufsteigeprozedur über die Sitzhöhe von 89 Zentimetern und die ausladenden Koffer erfolgreich hinter mich gebracht hatte, fühlte ich mich zunächst aufgehoben wie in Abrahams Schoß. Weitaus komplizierter und einweisungsbedürftig ist der Startvorgang. Wir haben es mit der Elektronik beim Motorrad inzwischen weit gebracht. Wie in modernen Autos wird hier nämlich „keyless“ – also ohne Zündschlüssel – gestartet. Zwei Startknöpfe, nacheinander betätigt, zünden den Zwei-Zylinder-Motor. Das Menü für die verschiedenen elektronischen Helferlein, die dieses 160 PS Monstrum für jedermann fahrbar machen, ist übersichtlich und vergleichsweise simpel zu bedienen.

Während der Fahrt darf man die Fahrmodi einstellen, von Straße über Sport bis eco kann das Fahrgefühl so ohne einen Stopp verändert werden. Hierbei wird nicht nur die Motorleistung angepasst, auch die Dämpfung des Fahrwerks und das Eingreifen des ABS lassen sich beliebig anpassen. Nur für die Geländeeinstellung muss man anhalten. Denn dann werden die meisten Helferlein sozusagen vom Netz genommen. Mit all diesen sogenannten Features unterscheidet sich die Ducati nur in Nuancen von der Konkurrenz BMW, Triumph oder KTM. 
Ducati Multistrada 1200 Enduro Reifen
Die Pirelli Scorpion Rally

Dem Namen alle Ehre gemacht

Dort, wo ich die etwas italienisch extravagant gestylte Maschine fuhr, passt man sich gerne der malerischen, beruhigend wirkenden Umgebung an: in der Toskana. Raserei ist dort eher nicht angesagt. Was die Spitzengeschwindigkeit des Modells angeht, verlasse ich mich mal auf das, was in den Prospekten steht. Sie wird die angegebenen 250 Stundenkilometer sicher erreichen. So weit die Information für die deutschen Leser. Ich fühlte mich auf den kurvenreichen Strecken pudelwohl, in jeder Fahrsituation machte das Motorrad eine „bella Figura“. Es fanden sich auch jede Menge Strecken, die man als Offroad bezeichnen würde, vor denen aber viele Käufer solcher Großenduros ziemlichen Respekt haben: Feldwege mit Kies, Sand, Matsch und Geröll. Um es gleich vorwegzunehmen: Die Enduro wird ihrem Namen vollauf gerecht, sie kommt mit jedem Untergrund zurecht.

Um sich selbst in diesem leichten Gelände auf so einem Motorrad der Halbschwergewichtsklasse wohlzufühlen, kann man allerdings kaum mit der normalen Straßenversion antreten. Die Spiegel müssen runter, sie stören und würden bei jedem Sturz zu Bruch gehen. Sturzbügel, die den teuren „Body“ der Maschine schützen, fehlen an der Normalversion ebenso wie geländetaugliche Pneus – ein absolutes No-Go im Gelände. Die serienmäßig ausgezeichneten Straßenreifen taugen im Gelände rein gar nichts. Zieht man die von Ducati empfohlenen „Pirelli Scorpion Rally“  auf, ist man allerdings bestens gerüstet. Sie arbeiten nicht nur im Gelände vorzüglich, auch auf Asphalt stellt man kaum einen Unterschied zu den Serienreifen fest. Das grobstollige Profil verschleißt auf der Straße allerdings rasch. Ob die in zwei Varianten erhältlichen Sitze für unsereinen tauglich sind, konnte ich auch im leichten Offroad-Terrain nicht endgültig feststellen. Auf unserer Onroad-Tour in den Alpen empfand ich das „Sitzvergnügen“ als durchweg positiv. 

Alles „State of the Art“

Natürlich folgt Ducati mit diesem Modell einem Markttrend, nämlich dem der Motorräder mit möglichst viel Hubraum, mindestens 150 PS und einer theoretischen Geländegängigkeit von, sagen wir mal, 20 Prozent. Fälschlicherweise wird den italienischen Marktstrategen dabei häufig der Vorwurf gemacht, sie würden damit ihnen vollkommen fremdes Terrain befahren. So was kann nur behaupten, wer im Geländesport nicht so ganz sattelfest ist. 1990 gewann der Italiener Edi Orioli auf einer Cagiva Elefant die Rallye Paris Dakar – angetrieben von einem 904 ccm Ducati Motor. Die daraus entwickelte Cagiva (Ducati) Lucky Explorer konnte sich seinerzeit mühelos mit der Konkurrenz von BMW (R 100 GS) und Honda (XRV 750 Africa Twin) messen. Das kann die Multistrada Enduro zweifelsfrei auch. Für die Offroadversion stand die Multistrada 1200 S Pate, allerdings haben die italienischen Ingenieure über 260 unterschiedliche Teile verbaut, die modifiziert oder neu konstruiert wurden – Schrauben sind dabei noch nicht mitgezählt.

Der Motor blieb nahezu identisch. Der erste Gang und die Endübersetzung wurden etwas kürzer ausgelegt. Die meisten Veränderungen betreffen das Chassis. Die Federwege wurden um 30 Millimeter auf nunmehr 200 Millimeter verlängert und die Bodenfreiheit um 35 auf 205 Millimeter vergrößert. Da auch diverse Fahrwerkselemente robuster ausgelegt wurden, stieg das Trockengewicht um 13 Kilogramm auf satte 254 Kilogramm an. Wer damit lange Strecken zurücklegen will, ist mit dem Bike bestens bedient. Der Endurist kann sich auf eine Traktions- und Wheeliekontrolle sowie ein schräglagentaugliches ABS verlassen.  

Alles „State of the Art“ in dieser Luxusklasse, lange Federwege schaden auch bei der Langstreckenfahrt nicht. Der riesige 30 Liter Tank macht das Motorrad etwas kopflastig und deutet darauf hin, dass die Maschine doch eher für die lange Reise als für das schwere Gelände konzipiert wurde. Wer sich vor dem Kauf des rund 20.000 Euro teuren Gerätes von den Qualitäten des Motorrades und dem eigenen Fahrkönnen auf Asphalt und im schwierigen Gelände überzeugen will, dem bietet Ducati die exzellente Möglichkeit, unweit des  „Castello di Nipozzano“ ein vortreffliches „Campo Scuola“ – ein Trainingsgelände mit allen Schikanen – zu erfahren. Unter der Oberaufsicht des Altmeisters Beppe Gualini ein Trainingscamp der Extraklasse. Hier lernen die Probanden, was man als echter Endurist beherrschen sollte. Vom richtigen Blick auf das Terrain, über das Kurvenfahren im Stehen, bis zum „Treppenfahren“ steht alles auf dem Programm. Willkommen sind Anfänger und Fortgeschrittene. Der Clou: Die Multistrada Enduro wird in einer Geländeversion gestellt. Die 650,-- Euro (inkl. Verpflegung, ohne Übernachtung) sind jedenfalls bestens angelegt. (Info: www.ducati.de)


#Ducati#Enduro#Motorräder#Pirelli#Test
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