Getestet – Indian FTR mit 17-Zoll-Straßenreifen : Optik ade, Handling juchhe!
Indian stellt die FTR 2021 auf 17-Zoll-Felgen und sportliche Reifen – einen 120er vorn, einen 180er hinten. Eine gute Entscheidung, wie unser Fahrbericht zeigt.
Mensch, ist diese neue FTR gut! Nicht, dass der Vorgänger wirklich schlecht gefahren wäre oder dass Indian mit der Umstellung auf die weitverbreiteten Reifengrößen 120/70-17 vorn und 180/55-17 hinten die Welt neu erfunden hätte. Aber tatsächlich haben sie damit ein Stück weit die FTR neu erfunden.
Siegreiches Vorbild: Die Werksrennmaschine FTR750 inspirierte zum Design der Indian FTR 1200
Schon mit der 2018 erstmals vorgestellten FTR 1200 sorgte Indian für Aufsehen. Bevor sie auf dem Markt erschien, war der Hersteller in erster Linie für Harley-Davidson-Konkurrenten im XXL-Format bekannt. Ein sportliches Naked Bike aus dem Hause Indian war also durchaus eine kleine Sensation. Dabei dominierten Maschinen mit dem Indianerkopf im Firmenlogo bereits in den 1940er- und 1950er-Jahren die Sandbahnovale der USA. 2017 kehrte Indian mit einer neuen Werksrennmaschine unter dem Kürzel FTR750 in die Meisterschaft zurück und gewann dreimal in Folge den Titel.
Von den schicken Flattrack-Reifen mit zweifelhaftem Fahrverhalten verabschiedet sich das 2021er Modell
Das Serienmodell, die FTR 1200, vereinigte 2019 schließlich die Optik der FTR750 mit einem 1200er-Motor und brachte damit den Flair des Sandbahnrenners auf die Straße. Zentraler Bestandteil des Designs waren die vergleichsweise großen und schmalen Reifen mit Flat-Track-Profil. Vorn in der Dimension 120/70 R 19, hinten in 150/80 R 18. Im Alltag konnte die stilechte Rad-Reifen-Kombination allerdings nicht vollends überzeugen. Dank hochwertiger Federelemente lag die FTR zwar wie festgenagelt in der Kurve – wie festgenagelt verhielt sich jedoch auch die Front. In schnellen Wechselkurven gegen die stabilisierenden Kreiselkräfte des 19-Zoll-Vorderrads anzukämpfen, geriet zum Kraftakt. Zudem neigten die Dunlops dazu, Längsrillen nachzulaufen. Abgefräste Fahrbahndecken waren der natürliche Feind der FTR.
Die neue Indian FTR – jetzt mit Metzeler Sportec M9 RR in 120/70-17 und 180/55-17
All das ist jetzt Geschichte. Genau wie die Hubraumbezeichnung 1200 im Namen der FTR. Seit 2021 sind – bis auf die FTR Rally – alle Modelle mit 17-Zoll-Felgen ausgestattet und damit kaum wiederzuerkennen. Wie weggeblasen ist das steife Einlenkverhalten, beinahe nervös wirkt die Front im direkten Vergleich. Die profilarmen Metzeler Sportec M9 RR kleben gripstark auf der Fahrbahnoberfläche und halten präzise die Spur. Einzig ein leichtes Aufstellmoment beim Bremsen in Schräglage ist feststellbar und auf Schlaglochpisten gibt sich die straffe Fahrwerksabstimmung wenig komfortabel. Aber das ist Jammern auf hohem Niveau. Leichtfüßig schwingt die Maschine von Kurve zu Kurve. Das Standardmodell verzichtet auf Fahrmodi und Drehzahlmesser, was eher charmant als knauserig wirkt. Mit drehmomentstarker Charakteristik und fein dosierbarer Gasannahme stellt der 1203 Kubikzentimeter große Twin zu jeder Zeit mehr als genug Vortrieb bereit, egal in welchem Gang sich das Getriebe gerade befindet. 120 Newtonmeter stehen maximal zur Verfügung. Die Spitzenleistung gipfelt bei 125 PS.
Schon deutlich unter 2.000 Touren – in kleineren Gängen bereits ab 1.500 – schiebt die FTR voran. Ortsdurchfahrten sind dadurch im sechsten Gang möglich. Oberhalb von 4.500 U/min ebbt der Elan etwas ab. Im größten Gang entspricht das etwa 140 km/h, langt also für besten Landstraßengenuss. Lastwechsel sind dabei kaum zu spüren und die Kupplung trennt so fabelhaft, dass es keine Kraft erfordert, die Maschine bei eingelegtem Gang rückwärts zu schieben. Eine Eigenheit offenbart die FTR beim Runterschalten: Das Bremsmoment des Twins käme vor Kurven gerade recht, die Elektronik öffnet allerdings leicht die Drosselklappe, um ein stempelndes Hinterrad zu verhindern. Der Motorbremse beraubt, wird der Griff zum rechten Hebel vor jeder Kehre unerlässlich.
Zum Glück lässt sich insbesondere die Vorderradbremse fein dosieren und kann bei Bedarf aggressiv zubeißen. Der ansonsten so entspannt agierenden FTR traut man das anfangs gar nicht zu. Hat man sich an die performanten Stopper gewöhnt, passen sie hervorragend zur neuen Sportbereifung und ermöglichen der leistungsstarken Indian eine zweite, äußerst zügige Gangart jenseits des genüsslichen Cruisens.
Gelungene Modellpflege
Untermalt wird der Kurventanz von tollem Sound: sanft, bassig, druckvoll, mit sportlichem Unterton, aber niemals aufdringlich. Das Standgeräusch liegt bei 92 Dezibel. Meiner Meinung nach klingt die Serienauspuffanlage von FTR und FTR Rally sogar schöner als die optional erhältliche Akrapovic-Titananlage, die bei FTR S und FTR Carbon zur Serienausstattung gehört. Wer sich für die edle Carbon oder die S entscheidet, ersetzt zugleich den analogen Tacho durch ein digitales Touch-Display, holt sich Bluetooth, Fahrmodi, Stabilitäts-, Traktions- und Wheelie-Kontrolle ins Haus. Das war bereits vor der gelungenen 17-Zoll-Revolution der Fall. Beim Blick ins Kleingedruckte hat sich ohnehin wenig geändert. Gut so, denn abgesehen von den Handlingeigenheiten gab es nicht viel an der FTR auszusetzen. Und für diejenigen, denen die bisherige Rad-Reifen-Kombination nach wie vor besser gefällt, hat Indian weiterhin die FTR Rally im Programm. Mit 19-Zoll-Vorderrad und dem 150er auf 18 Zoll hinten.
Magazine versandkostenfrei bestellen oder mit Preisvorteil abonnieren Wie es um Ergonomie und Alltagstauglichkeit der FTR bestellt ist, erfahrt ihr demnächst in Motorrad & Reisen Ausgabe 106. Alle bisherigen Ausgaben von Motorrad & Reisen und Motorräder PUR könnt ihr versandkostenfrei im Shop bestellen.