Ich kann mich nicht erinnern, in letzter Zeit auf einem bequemeren Polster gesessen zu haben. Selbst nach zehn Stunden im Sattel, völlig abgekämpft und hungrig, ist der Allerwerteste mein kleinstes Problem. Dazu bietet die Suzuki ein brillantes Fahrwerk. So komfortabel, so gelassen und doch stabil und zielgenau – ich wüsste nicht, was ich daran ändern würde.
Charmant wirkt hierbei die Tatsache, dass sich das V-Strom-Fahrwerk elektronische Spielereien verkneift. Natürlich sind die Komponenten einstellbar, aber ihre Abstimmung ist so gelungen, dass ich die Schräubchen nicht anrühre. Leichtfüßig fällt die V-Strom mit minimalem Krafteinsatz von einer Kurve in die nächste und zeigt selbst beim Griff zur Bremse kein Aufstellmoment. Samtweich spricht ihre Federung an – auch auf schlechtem Belag. Binnen kürzester Zeit fühle ich mich auf der 1050XT zu Hause. Nichts, was auf mich zukäme, könnte sie aus der Ruhe bringen. Und diese Gelassenheit überträgt sich auf den Fahrer. Hervorragend harmonieren die aufgezogenen Bridgestone AX41 mit der V-Strom, führen sie sauber und mit sattem Grip bis in tiefe Schräglagen und lassen niemals Zweifel am sicheren Kontakt zur Fahrbahn aufkommen. Die Bremswege fallen, auch dank des fein regelnden ABS, kurz aus. Zwar taucht währenddessen die Front tief ein, die Suzuki bleibt jedoch gelassen – wie immer.
Souveräner Druck ab 1.500 Touren
Ein höhenverstellbarer Windschild, Handprotektoren und die breite Front schützen effektiv vor Wetter und Fahrtwind. Selbst zügiges Tempo fährt sich damit anstrengungsfrei, wobei es dann um den Helm herum laut wird. Die stufenlose Höhenverstellung der Scheibe zu nutzen, ändert daran wenig. Eine noch höhere Scheibe oder ein kleiner Spoiler könnten den Windschutz perfektionieren. Dem 1.037 ccm großen Twin fällt es trotzdem nicht schwer, die kantige V-Strom durch die Atmosphäre zu drücken. 107 PS bei 8.500 U/min und 100 Nm bei 6.000 U/min klingen beinahe nach Untertreibung. Ab 1.500 Touren schiebt die V-Strom souverän an, setzt dabei Befehle der rechten Hand mit feinem Ansprechverhalten druckvoll um. Von Vibrationen bleibt der Fahrer dabei verschont. Eher unterschwellig vorhanden sind die Lebensäußerungen des V2 von der angenehmen Sorte. Eine mögliche Höchstgeschwindigkeit von 205 km/h weist der Fahrzeugschein aus. Lässt man sich vom spurstabilen Fahrwerk auf Autobahnen zu zügigem Tempo verleiten, genehmigt sich der große Zweizylinder bis zu sieben Liter auf einhundert Kilometern Strecke. Auf Landstraßen genügen dank saftigem Drehmoment bei niedrigen Drehzahlen auch fünf Liter E10. Am sparsamsten fährt die große Suzuki unter Verwendung des Tempomaten. In den Gängen vier, fünf und sechs und ab einer Geschwindigkeit von 50 km/h lässt er sich aktivieren. Seinen Dienst nimmt er leicht verzögert auf, lässt die V-Strom während einer Gedenksekunde zunächst langsamer werden, bevor er sanft ans Gas geht. Zur Steuerung belegt Suzuki die wenigen Tasten der sehr aufgeräumten Armaturen teils doppelt. Die Menütasten auf der linken Seite dienen nach Aktivierung des Tempomaten zur Geschwindigkeitsregelung. Ist der Tempomat deaktiviert, wird über dieselben Tasten das Multifunktionsdisplay bedient. Dabei fällt auf, dass die Modi der V-Strom-Assistenzsysteme keine selbsterklärenden Namen tragen. Das Regelverhalten des ABS kann in den Stufen 2, 1 und OFF justiert werden. Für die Traktionskontrolle stehen 3, 2, 1 und OFF zur Wahl. Dass Stufe 1 vergleichsweise spät eingreift, erschließt die Logik. Dass sich hinter der Anzeige SDMS A, B und C die Fahrmodi des „Suzuki-Drive-Mode-Selektor“ verbergen und Modus A die kräftigste Leistungscharakteristik serviert, verrät erst der Blick ins Benutzerhandbuch. Für intuitive Bezeichnungen wie Sport oder Rain fehlt schlicht der Platz im klar strukturierten Suzuki-Cockpit. Der Verzicht auf einen Quickshifter für kupplungsfreies Schalten gerät aufgrund des perfekten Getriebes zur Randnotiz. Gering fällt die Handkraft der sauber dosierbaren Kupplung aus, problemlos und mit minimalem Impuls am Fußhebel rasten die Gänge ein und auch der Leerlauf findet sich stets im ersten Versuch.
Motorradlust PUR - Motorräder 01/2021 mit folgendem Inhalt:
Motoräder: Aprilia Tuono 660, BMW F 850 GS, BMW S 1000 XR, Ducati Scrambler Desert Sled, Ducati SuperSport 950 S, Harley-Davidson Street Glide Special, Honda CRF1100L Africa Twin, Indian Challenger Limited, Kawasaki Versys 1000 SE GT, KTM 1290 Super Adventure S, KTM 890 Duke & 890 Duke R, Moto Guzzimehr V7 Stone & V7 Special, Royal Enfield Himalayan, Suzuki V-Strom 1050XT, Yamaha MT-09, Harley-Davidson Pan America 1250, Honda CMX1
Motoräder: Aprilia Tuono 660, BMW F 850 GS, BMW S 1000 XR, Ducati Scrambler Desert Sled, Ducati SuperSport 950 S, Harley-Davidson Street Glide Special, Honda CRF1100L Africa Twin, Indian Challenger Limited, Kawasaki Versys 1000 SE GT, KTM 1290 Super Adventure S, KTM 890 Duke & 890 Duke R, Moto Guzzi V7 Stone & V7 Special, Royal Enfield Himalayan, Suzuki V-Strom 1050XT, Yamahamehr MT-09, Harley-Davidson Pan America 1250, Honda CMX1100 Rebel, Indian FTR, Indian Chief, Kawasaki ZX-10R, ZX-10RR & ZH2 SE, KTM 1290 Super Adventure R, Suzuki Hayabusa, Triumph Speed Triple 1200 RS, Triumph Bonneville
Preis: 5,90 €
Fazit
Die Suzuki V-Strom 1050XT besinnt sich auf das Wesentliche. Alle sinnvollen Ausstattungsdetails hat sie an Bord, ein rollender Smart-TV will sie hingegen nicht sein. Manche mögen sie deshalb als etwas altbacken empfinden. Wer jedoch einfach nur Motorrad fahren will, findet in der V-Strom ein harmonisches Gesamtkonzept aus druckvollem Motor, hervorragender Ergonomie und einem der besten Fahrwerke auf dem Markt.