Die CTX1300 von Honda ist von ihrer Konzeption her weder ein Cruiser noch ein Tourer. Oder vielleicht doch beides? Honda selbst bezeichnet sie entweder als Charakter-Tourer oder als Custom Tourer.
Aber beginnen wir von vorne: Kaum stand die CTX auf dem Hof, war sie auch schon von Gästen unseres M&R Hotels im Odenwald umringt. „Was ist das denn? Sowas hab‘ ich ja noch nie gesehen!“ und „Kann man damit auch fahren?“ waren so die ersten, nicht besonders schmeichelhaften Kommentare. Doch beim näheren Hinsehen wurden die Aussagen ein wenig freundlicher: „Interessant.“, „Sieht irgendwie schick aus.“ oder „Mutiges Design!“ Und einige versuchten sich an Namen für das Gesicht der CTX: „Sieht von vorne aus wie eine Wespe.“ – „Nein, eher wie ein Gremlin.“ – „Wie ein Raumgleiter aus Star Wars.“ Nun, über das Design lässt sich trefflich streiten. Es ist mutig, ein bisschen avantgardistisch, auf jeden Fall aber außergewöhnlich. Das Motorrad passt sich also nahtlos in die Lücke zwischen der Honda F6B und der Honda CTX 700 ein.
Bei dem Motor setzt Honda auf Altbewährtes
Der V4-Motor der CTX 1300 stammt aus der Pan European, wo er seit über zehn Jahren seinen Dienst versieht. Allerdings wurde er gründlich überarbeitet und für seine neue Aufgabe angepasst. Die Spitzenleistung wurde durch geänderte Nockenwellen, Ventile und Steuerzeiten und einen kleinere Drosselklappen auf nunmehr 84 PS reduziert. Damit lassen sich zwar keine Beschleunigungsorgien auf den Asphalt zaubern, aber das würde dem Charakter der CTX 1300 auch nicht entsprechen. Das Drehmoment von 106 Newtonmetern verleiht dem Motor genügend Druck, um entspannt, aber auch zügig durch das Kurvenlabyrinth des Odenwalds zu surfen. Dabei begeistert uns immer wieder der seidenweiche Lauf des elastischen Vierzylinders, der ein schaltfaules Dahingleiten zulässt. Die hydraulisch betätigte Kupplung erfordert wenig Muskelkraft und lässt sich perfekt dosieren. Ebenso gewohnt perfekt lässt sich das gut abgestufte Fünfganggetriebe der Honda schalten. Die Übertragung der Leistung auf das Hinterrad mittels eines wartungsfreien Kardanantriebs erspart die lästige Kettenpflege. Noch perfekter könnte das Cruisen und Touren sein, wenn Honda die CTX 1300 mit dem Doppelkupplungsgetriebe anbieten würde, aber vielleicht kommt das ja noch.
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Preis: 3,90 €
Die CTX trumpft mit ihrer Ergonomie und vielen Extras!
Bleiben wir zunächst noch etwas bei der Ergonomie: Die Sitzposition ist perfekt, die Hände ergreifen die Lenkerenden, ohne dass sich der Fahrer verbiegen oder gar daran festhalten muss. Gleiches gilt für die zum Fahren notwendigen Hebel und Schalter. Die Lichttechnik ist komplett mit LED ausgestattet und die Blinker sind selbstrückstellend. Das Cockpit stellt auf angenehme Art alle für das Fahren notwendigen Informationen bereit. Hinzu kommt ein Soundsystem mit zwei hochwertigen, wasserfesten Lautsprechern. Das Gestühl ist bequem und gibt dennoch genügend Halt, um nicht auf der Sitzbank herumzurutschen. Die Sitzhöhe von gerade einmal 735 Millimetern lässt es zu, dass auch Menschen mit nicht so langen Beinen beide Füße auf den Boden setzen können. Erfahrungsgemäß fällt der Platz für eine zweite Person etwas spartanischer aus, ohne unbequem zu sein. Zwei integrierte und in die Silhouette eingepasste Seitenkoffer runden die elegante Formgebung ab. Ungewohnt ist die niedrige Scheibe der CTX. Zusammen mit der Verkleidung der Frontscheinwerfer und den integrierten Rückspiegeln ergibt sich jedoch eine Luftströmung ohne Turbulenzen, was sich natürlich bei Autobahn-Reisegeschwindigkeiten positiv bemerkbar macht. Die angegebene Höchstgeschwindigkeit von 195 Stundenkilometern haben wir allerdings nicht ausprobiert. Warum auch, entspanntes Cruisen macht einfach viel mehr Spaß.
Das Fahrwerk überrascht erstaunlicherweise positiv
Auf einer ausgedehnten Tour durch den Odenwald stellten wir dann die Qualitäten des Fahrwerks auf den Prüfstand. Die Parameter langer Radstand (1645 mm) und ein 200er Hinterradreifen sind nicht die allerbesten Voraussetzungen für einen flotten Tanz durch die Kurven. Aber auch hier hält die CTX positive Überraschungen für uns bereit: Zielgenau lässt sich die Honda durch die Kurven zirkeln und legt dabei eine erstaunliche Schräglagenfreiheit an den Tag. Lediglich in engen Spitzkehren erfordern der lange Radstand sowie das mit 338 Kilogramm recht üppige Gewicht ein wenig mehr Kraftaufwand. Dafür ist der Geradeauslauf über jeden Zweifel erhaben. Das Fahrwerk ist eindeutig in Richtung Komfort ausgelegt. Auf glatten Straße gleitet man förmlich dahin und auch kleinere Unebenheiten im Fahrbahnbelag schluckt das Fahrwerk klaglos. Bei gröberen Unebenheiten gerät das Fahrwerk dann aber an seine Grenzen und es empfiehlt sich, das Tempo herauszunehmen. Das CBS-Bremssystem der CTX 1300 mit ABS stammt ebenfalls aus der Pan European und bietet keinen Anlass zu Kritik. Es lässt sich super dosieren und beißt im Notfall heftig genug, um das mit Fahrer über acht Zentner wiegende Gefährt zum Stehen zu bringen. Gleichfalls aus der Pan European stammt auch die Traktionskontrolle.
Alles in allem, ein tolles Motorrad
Am Ende eines langen Fahrtages ziehen wir ein Resümee: Ganz unauffällig präsentiert uns Honda mit der CTX1300 und den beiden anderen Vertretern, der F6B und der CTX 700 ein völlig neues Konzept, eine gelungene Mischung aus Cruising und Touring mit einem eigenständigen Design. Die anfängliche Skepsis unserer Test-Crew verflog schnell. Jeder, der sich mit der CTX ins Kurvenlabyrinth des Odenwaldes stürzte, fühlte sich sofort wohl und meinte hinterher: „Tolles Motorrad.“ Allerdings ist auch der Preis recht stattlich. Immerhin will Honda 17.190 Euro dafür haben. Dafür bekommt man aber auch ein außergewöhnliches Bike, das man nicht an jeder Straßenecke zweimal sieht.