Fahrbericht: KTM 990 Duke – Kurvenfräse

Spitzenmodell unter den KTM-Nakedbikes war bislang die 890 Duke R. Nach nur zwei Jahren Bauzeit wird sie von der neuen 990 Duke abgelöst. Die schlägt auch optisch ein neues Duke-Kapitel auf.
Fahrbericht: KTM 990 Duke – Kurvenfräse Die Spitzenleistung von 90,4 kW/123 PS überzeugt
Fahrbericht: KTM 990 Duke – Kurvenfräse Die KTM 990 Duke ist ab 14.500,-- Euro zu haben
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20.04.2024
| Lesezeit ca. 4 Min.
Ulf Böhringer/SP-X
KTM
In den 30 Jahren, die es nun die unverkleidete Duke-Baureihe aus Mattighofen/Oberösterreich gibt, hat sich viel verändert: Aus einem einzigen Modell, der 620 Duke, wurde ein ganzer Modellbaukasten mit drei verschiedenen Motortypen und Hubräumen. Ungefähr in der Mitte war bislang die 890 Duke platziert, flankiert von der etwas sportlicher ausgelegten 890 Duke R. Beide Versionen werden für 2024 ausrangiert und durch die 990 Duke ersetzt. Sowohl der Motor wie auch der Rahmen der 14.500,-- Euro teuren Maschine sind neu, dazu kommt eine wesentlich kantigere Optik mit einer in ihrer Art noch nie gesehenen Frontmaske.

Enorm handlich und leistungsfähig

Wer mit dem neuen, ohne Streuscheibe auskommenden Scheinwerfer mit rautenartigem Tagfahrlicht nicht klarkommt, wird kaum jemals eine KTM 990 Duke fahren. So nachvollziehbar die Ablehnung des extrem aggressiven Designs der 990er auch ist, so bedauerlich wäre es, diese enorm handliche und leistungsfähige KTM nicht zu fahren. Kurvenreiche Strecken gehen, selbst wenn sie mit Haarnadeln gespickt sind, leicht wie selten von der Hand. Die exzellente Fahrzeugbeherrschung wird durch die füllige Motorcharakteristik bestens unterstützt, denn der nun exakt 947 Kubikzentimeter große Zweizylinder-Reihenmotor liefert hervorragende Drehmomentwerte im mittleren Drehzahlbereich. Die Spitzenleistung von 90,4 kW/123 PS überzeugt.
Zur sehr breiten Leistungsabgabe – bestens nutzbar ist der Bereich zwischen 2.500 und 10.000 Umdrehungen – und der ausgeprägten Drehfreudigkeit des sehr kompakt bauenden Twins gesellt sich ein fein abgestimmtes Fahrwerk; in weiten Bereichen ist es zudem individualisierbar. Motor und Fahrwerk zusammen sind verantwortlich für höchstes Fahrvergnügen auf kurvenreichen Land- und Bergstraßen, und zwar unabhängig davon, ob man beispielsweise zwischen etwa 50 und 120 km/h die Gänge Zwei bis Vier nutzt oder alles in der dritten Gangstufe zurücklegt. Nie stören bösartige Vibrationen, nie begehrt das Triebwerk gegen solche Belastungen auf. Im Zusammenspiel mit der leistungsfähigen Dreischeibenbremsanlage ist der Fahrer stets Herr der Strecke.

Völlig neuer Mix aus Stahlrohrrahmen und Alu-Druckguss

Völlig neu zeigt sich der Rahmen der 990er, denn statt des bei KTM sehr gebräuchlichen Gitterrohrrahmens kommt nun ein Mix aus Stahlrohren, geschmiedeten Teilen und Alu-Druckguss zum Einsatz; auch der Motor trägt zur Stabilität bei. Gewichtssparend wirkt sich aus, dass Luftfilter und Lufteinlässe in den Aludruckguss-Ausleger integriert und unter der Sitzbank angeordnet sind. Die Schwinge ist ebenfalls ein Gussteil, im Gegensatz zur teuren 1390 Super Duke aber nicht als Einarmschwinge, sondern als Zweiarmschwinge ausgeführt. Mit mehr Flex als zuvor soll gegenüber der zuvor genutzten Schwinge die Schlagabsorption und die Effektivität des schräg, aber mittig monierten Zentralfederbeins verbessert werden.

Dämpfung von Tochterfirma WP

Genauso gut in Form zeigt sich die von der KTM-Tochterfirma WP zugelieferte 43-er APEX-Gabel, die individuelle Korrekturen von Druck- und Zugstufendämpfung mittels Split-Technologie in separaten Gabelholmen ermöglicht. Jeweils fünf Klicks stehen zur Verfügung; Werkzeug braucht man dafür nicht. Vorne wie hinten reichen Federwege und Abstimmung gut aus für straffes, aber keineswegs unkomfortables Fahrverhalten. Das gasdruckunterstützte Federbein ist so ausgelegt, dass die Zugstufe in fünf Klicks verändert werden kann; die Federvorspannung muss manuell vorgenommen werden.

Kurvenfräse für Einzelfahrer

Während es an der Unterbringung des Fahrers und der dafür bereitgestellten Ergonomie nichts zu kritteln gibt, sind wir von den Qualitäten des Soziusplatzes trotz des „komfortableren Kniewinkels“ nicht so recht überzeugt: Haltegriffe gibt es nicht, zudem thront der Sozius deutlich erhöht. Aber konzeptionell ist die 990 Duke als formidable „Kurvenfräse“ ohnehin nicht wirklich ideal für die Passagiermitnahme.

Fünf Fahrmodi nur gegen Aufpreis

Auf hohem Niveau befindet sich die Elektronikausstattung: Drei Fahrmodi – Street, Sport und Rain – sind immer an Bord, zwei weitere – Track und Launch Control – können nach dem Fahrzeugkauf nur kurze Zeit kostenlos ausprobiert werden. Die dauerhafte Nutzung kostet zusätzlich. Ebenfalls Aufpreis kostet die dauernde Nutzung des Zweirichtungs-Quickshifter. Das 5-Zoll-TFT--Display ist bestens strukturiert, klar gezeichnet, kontrastreich und vielfältig; es ist alles drin von Info über Einstellmöglichkeiten bis hin zur umfänglichen Smartphone-Einbindung. Zudem ist die Bedienung leicht erlernbar.

Qualität hat ihren Preis

Viel Lob also für ein mit rund 14.500,-- Euro nicht billiges, aber angesichts seiner Qualitäten auch nicht wirklich teures Motorrad. Um Freude an der KTM 990 Duke zu haben, muss man sie aber auch mögen, und das fällt ausweislich so mancher Kommentare an der Tankstelle oder aus dem Bekanntenkreis nicht jedem leicht. Die Frontmaske mit dem merkwürdigen Scheinwerfer samt rautenartigem Tagfahrlicht ist eine Sache, die nicht jeder packt. Wer damit leben kann, findet in der KTM 990 Duke eine Fahrmaschine der Extraklasse, die keinem Vergleich aus dem Weg gehen muss.
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KTM 990 Duke - Baujahr: 2024
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Kommentare (7)
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WheelieKing88
05.05.2024 15:15


Die neue Frontmaske ist gewöhnungsbedürftig, aber echte Biker fahren auch auf Einhörnern.
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TorbenK
28.04.2024 12:58


KTM's aggressive Designfindung ist echt ein Hingucker, gewöhnungsbedürftig aber cool.
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IchmagKurven
26.04.2024 16:46


Wer hätte gedacht, dass wir mal bei "Kantigkeit" als Designmerkmal landen?
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KTMBiker
24.04.2024 15:22


Design? Mutig oder verrückt
Die neue Frontmaske sieht aus, als hätte sie eine Identitätskrise. Aber wer weiß, vielleicht ist 'hässlich' das neue 'schön'.
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Dislike44
23.04.2024 17:22


Mein Gedanke zur neuen KTM
Wow, ein Motorrad, das aussieht, als hätte es zu oft in der Sonne geparkt und dabei die Front geschmolzen. Künstlerisch wertvoll!
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Markus
23.04.2024 08:52


Designwahl
Das mit der Frontmaske ist, als hätte jemand Alien vs Predator als Inspiration fürs Design genommen. Gewöhnungsbedürftig, aber irgendwie cool!
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Ösi
23.04.2024 07:50


Meinung zur Frontmaske
Ehrlich gesagt, dieses Frontdesign der 990er ist zunächst gewöhnungsbedürftig. Aber wer Leistung und Fahrspaß über Optik stellt, wird's mögen.