Ducati Streetfighter V2 S – Landstraßenrausch und Fahrfreude pur

Nur noch 120 PS – ist die Streetfighter V2 dennoch ein Kraftzwerg oder doch nur ein normales Naked-Bike? In den Bergen von Almeria durfte die S-Version den Beweis antreten.
Ducati Streetfighter V2 S – Landstraßenrausch und Fahrfreude pur
Ducati Streetfighter V2 S – Landstraßenrausch und Fahrfreude pur Neu geformter Tank für besten Knieschluss und Kontakt zum „kleine“ Streetfighter
14 Bilder
07.04.2025
| Lesezeit ca. 6 Min.
Rainer Friedmann
Enrico Schiavi, Matteo Cavadini
Dass ein Nachfolgemodell weniger Motorleistung bietet als der Vorgänger, ist ungewöhnlich – insbesondere bei Ducati, wo technische Weiterentwicklungen häufig auch mit Leistungszuwächsen einhergehen. Dennoch bleibt die neue Streetfighter V2 S trotz reduzierter Leistung im Fokus. Bereits Modelle wie die Multistrada V2 S oder die Panigale V2 S haben gezeigt, dass Fahrbarkeit, Gewicht und Elektronik eine größere Rolle spielen können als reine Leistungswerte auf dem Papier. Die Streetfighter V2 S wird ab 2025 in überarbeiteter Form angeboten und erfüllt nun die Euro-5+-Norm, die für alle neuen Motorräder ab diesem Modelljahr vorgeschrieben ist.

Der neue V2 Motor ohne Desmotromik

V2-Triebwerk
Das neue V2-Triebwerk – optisch ein Blickfang mit 120 toll nutzbaren Pferdestärken
Die neue Streetfighter V2 S leistet 120 PS bei 10.750 U/min und 93 Nm bei 8.250 U/min. Damit fällt die Spitzenleistung um 33 PS geringer aus als beim Vorgänger ohne Euro-5+-Freigabe. Die gravierendste Änderung betrifft den Ventiltrieb: Ducati verzichtet bei diesem Modell erstmals in dieser Klasse auf die desmodromische Steuerung und setzt stattdessen auf herkömmliche Ventilfedern. Damit endet ein technisches Alleinstellungsmerkmal, das die Marke über Jahrzehnte geprägt hat.

Die desmodromische Technik trieb sowohl die Produktionskosten als auch den Wartungsaufwand in die Höhe – längere Servicezeiten und häufigere Ventilspielkontrollen inklusive. Ducati setzt nun auf eine konventionelle Steuerung mit Schlepphebeln und Ventilfedern sowie eine variable Einlassventilsteuerung (IVT). Durch den Einsatz moderner Werkstoffe und optimierter Beschichtungen konnte das neue 90°-V2-Aggregat mit 890 cm³ Hubraum gegenüber dem bisherigen 955 cm³ großen Superquadro-Motor um 9,5 kg Gewicht reduziert werden. Der reine Motor wiegt nun 54,4 kg. Hinzu kommt eine im Ölbad laufende Anti-Hopping-Kupplung, die die typischen Rasselgeräusche im Leerlauf eliminiert.

Das Übersetzungsverhältnis ist identisch mit dem der Panigale V2 S. Ab 4.000 Touren stehen mindestens 80 Nm Drehmoment zur Verfügung, um spielerisch mit der Leistung im gesamten Drehzahlband hantieren zu können. Einfache Power-Wheelies sind, wenn der entsprechende Modus gewählt wurde, problemlos möglich.

Es fehlt nichts an Elektronik

Wer will, kann über vier vordefinierte Modi den Streetfighter entspannt einbremsen, ohne dabei seinen Charakter zu verlieren. In jedem Modus können individuelle Anpassungen der Assistenzsysteme wie Wheelie- und Traktionskontrolle vorgenommen werden. Somit ist es leicht, seinen persönlichen Wohlfühlbereich zu finden.
5-Zoll-TFT-Display
Alles im Blick – gut ablesbares und schönes Farbdisplay im 5-Zoll-Format
Einstellen lässt sich alles sehr intuitiv über das neue Bedienkreuz links. Dabei findet man gut durchs Menü und wird mit Hinweisen zum jeweiligen Setting unterstützt. Das ist selbst bei direkter Sonneneinstrahlung oder schnell wechselnden Lichtverhältnissen hervorragend ablesbar. Es bietet drei praxisgerecht aufgeteilte Ansichtsmodi (Road, Road Pro und Track).
Einzig die Größe des Displays wirkt auf der Nackten etwas verloren und könnte etwas breiter ausfallen. Formschön integriert ist es dennoch.

Bequeme Streetfighter Ergonomie

Obwohl der Bildschirm verhältnismäßig klein ausfällt, leitet es den Wind wunderbar um den Fahrer herum oder über ihn hinweg. Es gibt keinerlei störende oder nervige Windverwirbelungen.
15-Liter-Tank
Neu geformter Tank für besten Knieschluss und Kontakt zum „kleine“ Streetfighter
Mit 837 mm sitzt man recht hoch, doch das im vorderen Bereich eher schmal gehaltene, straffe Sitzpolster ermöglicht es auch kleineren Fahrern, sicheren Stand zu finden. Die Rasten sind angenehm, etwas nach hinten positioniert, sodass man leicht nach vorne gebeugt auf den 30 mm breiteren Lenker greift.
Ein ganz großes Plus bietet der neu geformte 15-Liter-Tank. Der Knieschluss ist angenehm eng gehalten und bietet insbesondere beim sportlichen Anbremsen oder bei schnellen Richtungswechseln extrem viel Halt und ein gutes Gefühl fürs Bike. Dazu findet man auf dem Sitzpolster ausreichend Platz, um seine richtige Position zu finden.
Fußrasten
Tolle Ergonomie und Position der Rasten – dazu schaltet man nun mit dem Quickshifter 2.0
Gerade wenn es mal etwas sportlicher zugeht, wenn man eine verwinkelte und enge Bergstraße hochflitzt, bringt der kleine Fighter viel Freude. Spielerisch geht es von einem Eck ins nächste, und auf der Bremse regelt das Bosch-Kurven-ABS unaufgeregt, wenn man doch mal zu optimistisch unterwegs war.
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Panigale V2 Chassis mit gezielten Änderungen

Chassis von der Panigale V2
1:1 Chassis von der Panigale V2 – nur 0,5 Grad mehr Lenkkopfwinkel und 30 mm längere Schwinge
Insgesamt ist der Streetfighter V2 S recht schmal, was mitunter am neuen, als tragendes Teil verbauten V2-Aggregat liegt. Hat man dies bei der Panigale V2 S aufgrund der Verkleidung nicht so deutlich wahrgenommen, ist es beim nackten Look offensichtlich.
Die Grundkonstruktion des Monocoque-Rahmens ist dieselbe wie bei der Panigale V2 S, es wurde nur die Länge der von der Panigale V4 inspirierten Konstruktion um 30 mm erhöht. Dies führt durch die winklige Konstruktion automatisch zu einem leicht höher liegenden Heck.
Beim Lenkkopfwinkel wurde, ähnlich wie beim Streetfighter V4, ein geändertes Inlay verwendet, wodurch der Winkel auf 24,1 Grad (23,6 Grad bei der Panigale V2) angepasst werden konnte. Dadurch ergibt sich mehr Bremsstabilität und Gefühl für das Vorderrad, was man in jeder Serpentine und schnellen Kurve in vollen Zügen genießen kann.

Fahrwerk, fast wie die Große

Öhlins-Komponenten
Edle Öhlins-Komponenten in der S-Variante mit viel Reserven
In der S-Version arbeitet ein edles, voll einstellbares Öhlins-Fahrwerk, unter anderem mit einer 43-mm-Öhlins-NIX30-Gabel mit Titannitrid-Beschichtung (TiN). Auf eine elektronische Einstellung wurde aus Kostengründen verzichtet, was der Funktion und dem feinfühligen Ansprechverhalten keinen Abbruch tut.
In Kombination mit den Pirelli Diablo Rosso IV vermittelt die Streetfighter V2 S ein transparentes, sicheres Gefühl für die Straße.
Ducati Streetfighter V2 S Heck
190er-Hinterreifen verspricht mehr Grip ohne die Agilität einzubüßen
Dabei setzen die Italiener hinten auf eine 190er-Breite, die mehr Grip liefert, aber dennoch Handlichkeit verspricht. Eventuell wäre hier der 180er noch agiler, würde aber besonders in Schräglage ein paar Prozent an Grip einbüßen. Diesen setzt die Streetfighter V2 S extrem nachdrücklich um. Auch mit meinem doch hohen Biosystemgewicht von ca. 120 kg geht das Fahrwerk unbeeindruckt ans Werk.

Auspuffanlage inspiriert von der 1299 Final Edition

Auspuffanlage
Die Ducati 1299 Final Edition lässt grüßen – toll verarbeitete und verlegte Auspuffanlage
An der Auspuffanlage wurde nicht gespart, und so schwingen sich – wie an der Panigale V2 – edel zwei Rohre zum Heck hoch, mit ästhetisch prominent platzierten Endtöpfen, die einen tollen, aber nie nervigen oder zu lauten Sound produzieren.
Wer seinen Fighter nur auf der Rennstrecke bewegen möchte, kann die Zubehöranlage von Termignoni montieren, gewinnt 6 PS und 5 Nm mehr Leistung und spart 4,5 kg Gewicht ein – verzichtet dann aber auch auf den Straßeneinsatz.
Mit 179 kg fahrfertig, ohne Benzin ist sie ohnehin schon verhältnismäßig leicht und sogar 18 kg leichter als die Vorgängerin. Sicher ein wesentlicher Faktor für ihre Agilität und den erhabenen Fahrspaß.

Was kostet der Spaß?

17.990,-- Euro muss man für die edle S-Version anlegen. Dafür bekommt man einen Solositzer, der aber mit einem optionalen Soziuspaket zügig umgerüstet werden kann – ohne Probleme beim TÜV, denn beides ist homologiert. Für die Standard-Version muss man 2.500,-- Euro weniger bereithalten, erhält hier einen Doppelsitzer, der ebenfalls unkompliziert auf Einmannbetrieb umgerüstet werden kann. Und für alle, die eine A2-Lizenz besitzen, gibt’s beide Varianten auch in einer 48-PS-Version.
Kurvenfahrt
Man verfällt schnell mit der Streetfighter V2 S in einen Kurven- und Landstraßenrausch

Fazit

Ducati hat mit der Streetfighter V2 S den Mut bewiesen, Leistung zugunsten von Fahrbarkeit zu reduzieren – und genau das macht sie so stark. Der 890er-V2 schiebt kraftvoll aus dem Keller, das Fahrwerk ist ein Gedicht, und die Elektronik wirkt wie ein unsichtbarer Beifahrer, der immer den Überblick behält. Wer auf der Landstraße unterwegs ist, wird sich kaum mehr wünschen – und schnell vergessen, dass es da noch eine V4 gibt.
 Pro
  • kultivierter und kraftvoller V2
  • intuitiv bedienbare Einstellungen
  • fein arbeitende Bosch-Elektronik und Assistenz-Systeme
  • sehr agiles und präzises Handling
  • tolle Ergonomie
 Contra
  • kein semiaktives, elektronisches Fahrwerk an der S-Version
  • kein Keyless-Go
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