BMW R 18 Roctane – Spaß trifft Motorradtherapie ?

Die BMW R 18 Roctane für Alltagsfahrten zu verwenden, kann unvorhersehbare Folgen haben. Über Milch, Motorrad-Therapie und das Knubbeln an Wochenenden und feiertags.
11.05.2024
| Lesezeit ca. 5 Min.
Alexander Klose
„Milch fehlt“, schallt es aus der Küche. Da mir sowieso nicht mehr nach Weiterarbeiten ist, melde ich mich kurzerhand freiwillig, die „Besorgungstour“ zu erledigen. Bei dem herrlichen Wetter wird selbstredend das Bike genommen. Vor der Tür steht der brandneue Dauertester – eine BMW R 18 Roctane. Fix die Motorradklamotten übergeworfen und ab geht’s.

Die erste schwere Entscheidung folgt nach wenigen Minuten

Kennt ihr das, wenn ihr mit dem Motorrad losfahrt und die Strecke immer länger wird? Einfach so, ganz spontan, ohne Grund und ohne Planung? So geht es mir heute mit „Rocky“, wie ich den bajuwarischen Cruiser ab jetzt nenne. Die Sitzposition ist entspannt, das Grummeln des Motors kommt dem Meeresrauschen gleich, einmal aufgestiegen soll es nur noch in eine Richtung gehen: weiter voraus. Schon bald steht die erste schwere Entscheidung an und das nach einer nur rund zehnminütigen Fahrt. Fahre ich am Kreisel ernsthaft die zweite Ausfahrt ab und biege beim Supermarkt ein? Oder nehme ich Ausfahrt Nummero Uno, die mich auf eine kleine Landstraße aus der Stadt hinausführt. Während ich den Gedanken entwickle und Pro und Contra gegeneinander abwäge, befinde ich mich bereits ein gutes Stück außerhalb und biege ab sofort immer dorthin ab, wo die Straßen attraktiv und die Verkehrsteilnehmer wenige sind.

Egal, ab durch die Mitte – raus aus dem Alltagsstress

Und wo fährt einer am Himmelfahrtswochenende hin, der im Harz wohnt? Genau, raus aus dem Harz. Auf kürzestem Weg. Ich kurve also entlang von Rapsfeldern und folge Alleen hin zu kleinen Ortschaften, die mir die nächsten verkehrsarmen Schleichwege bereithalten. Grob in Richtung Weserbergland, doch dieses werde ich nie erreichen. Sollen die anderen sich doch im Harz auf dem Torfhaus oder im Weserbergland auf dem Köterberg knubbeln – hier auf dem Land treffe ich nur gelegentlich überhaupt einen Motorradfahrer, der genau dasselbe vorhat wie ich: entspannt seine Kilometer abspulen. Stress adé. Ich fahre planlos einfach dorthin, wo es mir gefällt, ohne Navi, ohne Handy und ohne Sorgen. Zumindest fast. Denn „Rocky“, der kleine Schluckspecht, frisst auch bei gemütlicher Fahrt mindestens sechs Liter auf einhundert Kilometer und hat noch immer keine Tankanzeige, so wie ich nur Bargeld für eine Tüte Milch dabeihabe. Um es vorwegzunehmen – der Sprit hat gereicht – der Kollege aus der Redaktion hatte offensichtlich Anstand genug, mir das Bike vollgetankt vor die Tür zu stellen. Vielleicht hat er sich denken können, was passieren wird, wenn man erst einmal mit „Rocky“ losgefahren ist. Grund zur Sorge gibt es auch nicht beim Thema Grip – die Metzeler ME 888 Marathon Ultra verrichten ihren Dienst ohne Probleme, ebenfalls ein Fortschritt zur R 18 Classic, deren Michelin Commander III ordentlich ihr Fett wegbekommen haben.
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Motorradfahren als Therapie

Je länger ich mit „Rocky“ unterwegs bin, umso besser steht es um das allgemeine körperliche Wohlbefinden. Die Kopfschmerzen sind verschwunden. Die Rückenschmerzen vom vielen Sitzen im Büro passé. Man könnte viel Geld für Arztkosten sparen, wenn man mehr Leute auf Motorräder setzen würde, denke ich mir. Dabei dürfte ein ziemlich breites Grinsen in meinem Jethelm zum Vorschein kommen. Nicht, weil das so übermäßig witzig wäre, sondern einfach weil die allgemeine Situation in dem Moment so befreiend und erholsam ist. Der Lenker ist schön breit gehalten und vermittelt eine gute Kontrolle über das Motorrad, der Kniewinkel sehr angenehm, die Hackenschaltung fast schon eine orthopädische Übung. Zum Zeitpunkt meiner kleinen Fahrt habe ich keinen blassen Schimmer davon, mit welchen elektronischen Helferlein „Rocky“ ausgestattet ist.

Rechts, links, egal – Hauptsache fahren

Irgendwie ist in diesem Moment alles vollkommen egal. Auch die Route – vermutlich ein sinnloses Tohuwabohu an Strecken – wird so genommen, wie sie kommt. Aus Versehen erreiche ich kurz vor dem Eichsfeld die B27. Schon von Weitem sind die Lkws und Autokolonnen zu erkennen. Also kehrt marsch und zurück zu meinen Rapsfeldern. Rocky fährt sich für seine Statur ziemlich agil, mag Schräglagen und dreht kraftvoll von unten heraus, untermalt von einem Sound wie ein brummelnder Bär in der Brunftzeit. Die Bodenfreiheit reicht aus und auch die alemannische Straßenqualität kann dem Fahrwerk nichts anhaben. Dementsprechend wird der fleischige Teil auf der Hinterseite des bequemen Sitzes auch bei längerer Fahrt – eine Pause mache ich nicht – geschont.
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Da war aber schon gut was los im Supermarkt

Insgesamt bin ich rund 3,5 Stunden unterwegs. Natürlich bringe ich Milch mit nach Hause. Als Ausrede fällt mir tatsächlich nichts ein außer „Da war aber schon gut was los im Supermarkt“ gefolgt von einem „Falls noch irgendwas fehlt, ich könnte noch mal los“. Eine Antwort bleibt leider aus. So entstand ganz spontan meine erste Testfahrt mit unserem neuen Dauertester, der uns noch das ganze Jahr begleiten wird.

Das Ende vom Anfang – Dauertest der BMW R 18 Roctane

Vielleicht sagen diese Zeilen mehr darüber aus, wie es ist, mit der R 18 Roctane unterwegs zu sein, als es ein Konvolut an technischen Details und Zahlen könnte. Vom Spaßfaktor her ist „Rocky“ der R 18 Classic haushoch überlegen. Alleine der Sound und die Dynamik grenzen beide Bikes klar voneinander ab. Wie es im Alltag und auf Fahrten zu zweit aussieht, darüber berichten wir an anderer Stelle. Auch möchten wir „Rocky“ zu einem späteren Zeitpunkt noch mit Werkszubehör verfeinern, befindet er sich doch Stand jetzt in der Basiskonfiguration. Für jetzt aber müssen diese unerwarteten Ersteindrücke genügen. Glücklicherweise wurden am Morgen bereits erste Fotoaufnahmen gemacht, sodass ich diesen Artikel mit dem passenden Bild veröffentlichen kann. GPS-Daten zu meiner Tour gibt es keine – allerdings findet ihr in unserer Motorradtouren-Datenbank reichlich Futter für Harz, Eichsfeld, Weser- und Werrataltouren oder eben für Feiertagswochenenden wie dieses – darum herum.
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Kommentare (9)
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Rolf
30.05.2024 13:34


Der Beitrag ist hervorragend geschrieben und hat mir ein freudiges Grinsen ins Gesicht gezaubert. Es liest sich gleichermaßen interessant und informativ. Zur R18 selbst kann ich als groß gewachsener GS-Adventurefahrer nichts sagen. Die R18 sieht sehr schön aus, aber rein aus größentechnischer Sicht kommt sie für mich nicht infrage. Schreibt mehr Artikel in diesem Stil und bleibt allzeit unfallfrei.
Die Linke zum Gruß :)
1 Antwort
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30.05.2024 15:04
Motorrad Reisen Motorradmagazin


Moin Rolf,

vielen lieben Dank für dein Feedback. Machen wir!

Ich wünsche eine unfallfreie Fahrt auf deiner GS!

Viele Grüße
Alex

Motorrad & Reisen Redaktion
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TobiasW
27.05.2024 22:46


Motorrad-Therapie ist der beste Weg, um den Kopf freizubekommen!
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TobiR
23.05.2024 10:09


sorry, aber 6 liter auf 100 km für ne gemütliche tour ist einfach nur durstig. und dann keine tankanzeige? BMW sollte langsam echt mal in die pötte kommen und praktischer denken!
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CruiserMike
21.05.2024 09:08


Die Idee, Motorradfahren als Therapie zu sehen, spricht mir aus der Seele. Entspannung pur, ohne den ganzen High-Tech Kram.
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ThunderRider82
17.05.2024 15:10


3,5 Stunden für Milch? Meine Frau würde mir den Kopf abreißen, aber hey, klingt nach einem perfekten Sonntag! 😂
1 Antwort
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30.05.2024 15:07
Motorrad Reisen Motorradmagazin


War halt viel los im Supermarkt, ne? Was willst Du da machen ;)
Motorrad & Reisen Redaktion
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Kurvenjäger87
14.05.2024 23:18


echt crazy wie ne kleine tour den kopf frei macht
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TourenTom
13.05.2024 14:35


Wie geht der Cruiser auf längeren Touren mit Sozius klar? Bin gespannt! 😄