50 Jahre Z-Modelle – von der Z400 zur Z440LTD

50 Jahre Z-Modelle Episode V – ab Mitte der Siebzigerjahre entwickelt Kawasaki Alltagsmotorräder mit hohem Nutzwert. Den Anfang macht die zweizylindrige Z400 anno 1974.
50 Jahre Z-Modelle – von der Z400 zur Z440LTD
50 Jahre Z-Modelle – von der Z400 zur Z440LTD Kawasaki Z900B (1978)
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24.03.2022
| Lesezeit ca. 6 Min.
Kawasaki
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Bereits Anfang der Siebzigerjahre ist abzusehen, dass Zweitaktmotoren allmählich ins Hintertreffen geraten. Hauptgrund sind die allerorts verschärften Abgasgesetze, vor allem im wichtigen Motorradmarkt USA, aber auch in Europa. Zudem pflegen die kräftigen Zweitakter ausgeprägte Trinksitten, vor allem unter Last schnellt der Kraftstoffverbrauch schnell nach oben. Über zehn Liter pro 100 Kilometer sind bei den hubraumstarken Vertretern dieser Gattung keine Seltenheit. Die Hersteller, vor allem die aus Japan, sind zum Handeln gezwungen. Kawasaki leitet mit der 900Z1 1972/1973 den Umbruch hin zu Viertaktmotoren ein. Und das mit durchschlagendem Erfolg.

Der Anfang der Alltagsmotorräder bei Kawasaki

Kawasaki Z400 Anzeige (1974)
Kawasaki Z400 Anzeige (1974)
Noch im Herbst 1973 bläst Kawasaki in den USA zur zweiten Attacke. Parallel zum Superbike-Image der Z1 will man ein alltagstaugliches Konzept mit deutlich weniger Hubraum und Leistung, stattdessen geringerem Kraftstoffverbrauch und einfacherer Bedienbarkeit lancieren: die Z400 (D1). Was in Zeiten der Siebziger-Ölkrise und hoher Benzinpreise umso mehr Sinn macht. Interessanterweise hat das gleiche Entwicklungsteam unter der Leitung von Ben Inamura, das auch die 900Z1 auf die Räder gestellt hat, an der 400er gearbeitet. In den US-Zeitschriften werden Anzeigen geschaltet, die zwei Herren im Anzug mit Aktenkoffern auf der Z400 beim Pendeln zur Arbeit (Commuting) zeigen und dabei gerade einen voll besetzten Linienbus überholen. „More Smiles per Gallon“ (mehr Lächeln pro Gallone/3,8 Liter) heißt der Slogan, die Leute im Bus und auch die beiden Fahrer haben beim Überholvorgang ein breites Grinsen im Gesicht. Dieses Bike ist erst der Anfang, parallel zu der sportlichen auch eine alltagstaugliche Modellschiene bei Kawasaki zu implantieren. Die Nachwirkungen des Kultfilms „On any Sunday“ – ein für den Oscar nominierter Dokumentarfilm über die US-Motorradszene mit Steve McQueen – zeigen klare Auswirkungen. Die Öffentlichkeit in den USA steht zu diesem Zeitpunkt dem Thema Motorrad wesentlich aufgeschlossener gegenüber als etwa in Deutschland, wo man das Rocker- und Rebellen-Image noch nicht ad acta gelegt hat. In den USA hingegen ist Motorrad fahren mittlerweile Breitensport geworden, bei dem man den Spaß mit dem Nützlichen verbinden kann. So wie etwa bei der alltäglichen Fahrt zur Arbeit.
Kawasaki Z400 Motor (1974)
Kawasaki Z400 Motor (1974)
Vielleicht sind es genau diese Unterschiede zwischen der alten und der neuen Welt, die dafür verantwortlich sind, dass die kleine Z zunächst nicht so viel Beachtung hierzulande findet. Nach ersten Fahrtests scheint die deutsche Motorradpresse verwirrt zu sein. Wie soll man ein Bike, das gerade mal 35 PS (laut amerikanischen Prospektangaben) aus 399 Kubikzentimetern Hubraum holt, im Motorradfieber Deutschlands einordnen? Mit Japan verbindet der deutsche Motorradfahrer nun mal sportlichen Auftritt, schließlich gibt es genügend Beispiele wie etwa 900Z1, 500H1 Mach III und 750H2 Mach IV aus dem Hause Kawasaki, aber auch von anderen Herstellern. Auch die Technik der Z400 mit gleitgelagerter 360-Grad-Kurbelwelle, gegen die Fahrtrichtung drehend, einer kettengetriebenen Nockenwelle, Kipphebeln auf exzentrisch gelagerten Achsen zur Ventilspieleinstellung, zwei Ausgleichswellen zur Minimierung von Vibrationen, Fünfganggetriebe und Nasssumpfschmierung reißt im sportlich motivierten Motorraddeutschland niemand mehr vom Hocker. Das Fahrwerk macht einen soliden Eindruck und überzeugt vor allem mit leichtem Handling, nicht zuletzt aufgrund des relativ niedrigen Gewichts von 182 Kilogramm vollgetankt. Fürs Modelljahr 1975 gibt’s keine Änderungen. Allerdings ist die intern getaufte Z400D2 das erste Bike, das im neuen Kawasaki-Werk in Lincoln/Nebraska vom Band läuft. Durch Produktion direkt in den USA umgehen japanische Hersteller die hohen Einfuhrzölle, die für Fahrzeugimporte aus dem Ausland erhoben werden. Beim Modell D3 von 1976 ändert man Kolbenbodenform, Verdichtungsverhältnis, Ansaugwege und Auspuffanlage. Ergebnis dieser Modifikationen sind 36 PS Spitzenleistung bei 8.500 U/min und 33 Nm maximales Drehmoment bei 7.500 U/min. Ein abschließbarer Tankverschluss und eine akustische Blinkerkontrolle sind ebenfalls mit an Bord.

Die erste offiziell importierte Z900 ist das Modell B1 für 1978

Kawasaki Z400B (1978)
Kawasaki Z400B (1978)
Die erste von der Kawasaki Motoren GmbH in Frankfurt offiziell importierte Z400 ist das Modell B1 für 1978. Der Motor besitzt nun einen neuen Zylinderkopf mit Kipphebeln und Einstellschrauben sowie eine externe Ölleitung zur Schmierung von Nockenwelle und Kipphebeln. Damit ist eine stabile Ölversorgung direkt von der Ölpumpe zum Kopf gewährleistet, und die Undichtigkeiten an der Kopfdichtung im Bereich der vormaligen innen liegenden Ölkanäle sind ad acta gelegt. Widerstandsfähigere Kurbelwellenlager sorgen für mehr Standfestigkeit. Der in den Zylinderkopf integrierte Ausgleichskanal für die Abgasdruckwellen ist nun entfernt und stattdessen – nicht zuletzt wegen besserer Kühlung – als Interferenzrohr in die Krümmeranlage unterhalb des Getriebes eingebunden worden. Zur besseren Beschleunigung steht nun ein Sechsganggetriebe zur Verfügung.

Kawasaki Z400B Schnittzeichnung (1978)
Kawasaki Z400B Schnittzeichnung (1978)
Optisch unterscheidet sich die B von der D durch ein neues Design an Tank, Seitendeckeln, Sitzbank mit Kawa-typischem Bürzel, Kotfügeln und Auspuffanlage. Hinzu kommen eine nadelgelagerte Hinterradschwinge und ein aufwendiger, TÜV-konformer Seitenständer-Rückholmechanismus. 1979 erhält die Maschine im Modell B2 eine Zweiphasen-Lichtmaschine, eine neue kombinierte Regler-/Gleichrichtereinheit und eine modifizierte Kupplungsdruckstange. Parallel dazu wird das Modell Z400G mit Leichtmetallgussrädern, gelochter Bremsscheibe, Einkolben-Schwimmsattel- statt Einkolben-Schwenksattelzange, Sintermetall-Bremsbelägen und in anderer Lackierung angeboten. Die deutschen Versionen werden ausschließlich mit auf 27 PS (20 kW) gekappter Leistung angeboten, wegen der günstigeren Versicherungsklasse. Nachträgliche Entdrosselung auf die ursprünglichen 36 PS ist über andere Membrangasschieber möglich.
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Kawasaki Z440/Z440LTD: Die Bestseller

1980 wächst der Hubraum der kleinen Z auf 443 Kubikzentimeter an. Die 27 PS Maximalleistung werden nun bereits bei 7.000 U/min abgegeben. Optisch lehnt sich das Modell Z400C an die G des Vorjahres an. Gemeinsam mit der Chopper-Variante Z440LTD avanciert die 440er zum Bestseller im Kawasaki-Programm.
Kawasaki Z440LTD (1979)
Kawasaki Z440LTD (1979)
Die LTD (intern Z440A1) besitzt die für einen Chopper so charakteristischen Designelemente wie 12-Liter-Tropfentank, Stufensitzbank, weit geschwungener Lenker, kurze Auspufftöpfe, 19-Zoll-Vorder und breites 16-Zoll-Hinterrad. 1981 spendiert man beiden 440er-Modellen Transistorzündanlagen. Die LTD erhält ein Jahr später im zusätzlichen Modell Belt Drive den bereits in den USA verwendeten Zahnriemenantrieb zum Hinterrad, womit das Grundkonzept noch alltagstauglicher wird. Aufpreis zum Standardmodell: 100 DM.

Kawasaki Z440 (1983)
Kawasaki Z440 (1983)
In diesem Jahr verändert die „normale“ Z440 ihr Aussehen. Als H1 erhält sie einen anderen Lenker, eine gestufte Sitzbank, einen neuen Tank und andere Gussräder. Fahrwerksstabilität und Komfort zählen zu den geschätzten Qualitäten. Die niedrigere Sitzbankstufe ermöglicht auch kleineren Fahrern sicheren Stand. Die H wird aber nie so erfolgreich wie ihre LTD-Schwester. Grund dafür mag die Integration von typischen Chopperelementen wie Tropfentank, Sitzbank und hohem Lenker sein, die das klare Erscheinungsbild des ehemals klassischen Straßenmotorrads mittlerweile etwas verwässern. Als H2 wird das Bike nur noch bis 1983 verkauft, die adrette und sehr beliebte Z440LTD Belt Drive wird noch bis 1984 als D6 offiziell angeboten.

Ende der Kawasaki 400/440er-Reihe

Damit ist das Ende der erfolgreichen 400/440er-Reihe besiegelt. Es folgt eine neue Generation mit modernem wassergekühltem 450er-Aggregat – eine praktisch „geteilte“ Version des legendären GPZ900R-Motors. Bis heute geblieben von der luftgekühlten Kawasaki-Z400/440er-Reihe ist aber der Eindruck vom rundum robusten Allroundbike. Eine wirklich herausragende und preisgekrönte Website zu diesem Thema ist die des mittlerweile leider verstorbenen Norwegers Odd Ivar Bekkelund (www.kz400.com), der die Standfestigkeit und Zuverlässigkeit unter anderem an folgendem Beispiel aufzeigt: Im Februar 1976 wird in einer US-Motorradzeitschrift eine Reportage veröffentlicht, in der ein US-Testteam seine ganz spezielle Erfahrung mit der Z400 mitteilt. Man jagt die Maschine in zwei Etappen über je 100 Meilen nach Mexiko und wieder zurück. Und das alles Vollgas, bei gut 38 Grad (100 Fahrenheit) im Schatten. Die Drehzahlmessernadel sinkt dabei so gut wie nie unter 9.000 U/min. Durchschnittsgeschwindigkeit: 75 bis 80 Meilen pro Stunde, das entspricht 120 bis knapp 130 km/h. Die Krümmer färben sich zwischendrin blau und violett, und man registriert einen geringen Ölverbrauch. Aber die kleine Z hält durch und läuft auch nach der Tortur wie am Schnürchen …
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Kawasaki Z400 - Baujahr: 1976
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