Auf unserer heutigen Dreiländertour zirkeln wir zunächst durch die weiten Kehren des Iselsbergs hinunter ins obere Drautal. Lassen Lienz dabei rechts liegen und sausen zügig in Richtung Osten. Allerdings wird der nächste Tante-Emma-Laden schon wieder zum Stopp. Nicht nur Kais Gesichtszüge formen sich hinsichtlich dieser überraschenden Pause zu einem überdimensionalen Fragezeichen. „Lasst uns bloß
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Preis: 11,99 €
ordentlich Wasser kaufen“, fordert Klaus dagegen, „denn heute wird es richtig heiß.“ Zudem folgt ein Kurzvortrag darüber, dass Motorradfahrer im Allgemeinen auf Tour zu wenig trinken. Hinzu kommt, dass gerade mit Funktionsbekleidung ausgestattete Zweiradlenker kaum mehr merken, dass sie schwitzen. Aber sie verdunsten dennoch reichlich Flüssigkeit samt wertvoller Mineralstoffe, und ob man es wahrhaben will, oder nicht: „Wer zu wenig trinkt, fährt irgendwann einfach schlechter Motorrad!“ Klaus setzt unsere Dosis also auf einen halben Liter Mineralwasser pro Stunde fest und ich leide ein wenig darunter, dass sich in jener Flüssigkeit noch nicht einmal Kohlensäure findet. „Ist einfach gesünder“, referiert Klaus noch, und ich erwidere nur: „Ja, ja, unser Pfarrer Kneipp.“
Kurzweilige Schräglagenpartie über den Kreuzbergsattel
Aber dann rollen die Räder endlich wieder. Gottlob aber nicht ganz so schnell, denn während wir wohl noch über Klaus’ etwas wässrigen Vortrag (den man aber dennoch ernst nehmen sollte) nachdenken, passieren wir ohne Folgen eine Radarfalle der österreichischen Polizei, und zwar kurz vor dem Ort Greifenburg – nomen est omen. Außerdem beginnt hier die äußerst kurzweilige Schräglagenpartie über den Kreuzbergsattel – und der letzte halbe Liter Mineralwasser schwingt im Magen gluckernd mit. Apropos Wasser, auf der 1074 Meter hohen Passhöhe könnte man zudem zum herrlich gelegenen Weißensee abbiegen, dessen Wasser laut örtlicher Tourismuswerbung Trinkqualität aufweist. „Da könnten wir doch die leeren Wasserflaschen nachfüllen“, feixt Kai, aber Klaus antwortet nicht. So erfreuen wir uns lieber an dem spaghettigedrillten Kurvenband, das uns nun flott hinunter nach Hermagor ins Gailtal bringt.
Der Wurzenpass: Schrecken vieler Jugoslawienurlauber
Von dort aus ist es denn auch gar nicht mehr weit bis zum Wurzenpass. Dieser österreichisch-slowenische Grenzpass zwischen Hart im Gailtal und Podkoren im Tal der Save gelegen, steigt auf beiden Seiten mit etwa 18 % in die Höhe und war vor dem Bau des Karawankentunnels der Schrecken vieler Jugoslawienurlauber. Heute ist der Wurzenpass als der westlichste und niedrigste (1071 m) der Karawanken deutlich weniger befahren und eignet sich bestens für alle kurvensüchtigen Motorradfans.
Der wunderbare Vršic-Pass mit seinem lindwurmgleichen Kurvengeschlängel
So erreichen wir völlig störungsfrei – sieht man einmal von der kurzen und völlig problemlosen Ausweiskontrolle bei der Einreise nach Slowenien ab – Kranjska Gora. Jener bekannte Ort zu Füßen der schroffen Julischen Alpen erfreut sich aber offensichtlich nicht nur im Winter einer sehr hohen Beliebtheit, auch im Sommer (heute zeigt das Thermometer satte 32° Celsius im Schatten an) steppt hier der sprichwörtliche Bär. Dennoch legen wir eine Pause ein. Einerseits wollen wir den Trubel ein wenig beobachten, und andererseits ist natürlich der nächste halbe Liter Wasser fällig, bevor wir uns dem wunderbaren Vršic-Pass mit seinem lindwurmgleichen Kurvengeschlängel bergan auf über 1600 Meter Seehöhe widmen. Da stören auch die paar Passagen, auf denen Kopfsteinpflaster aus dem letzten Jahrhundert lauert, eher wenig. Zudem sorgt das für ein bestens angepasstes Tempo und so übersieht man garantiert keinen der herrlichen Panoramablicke, die diese außergewöhnlich schöne Strecke immer wieder eröffnet.
Parkgebühren für den Anblick des Gebirgspanoramas
Nach insgesamt 33 Kehren surfen wir über die Passhöhe, wo wir schon wegen des tollen Gebirgspanoramas rings herum eine weitere Pause einlegen müssen. Und wer so viel Schönes erleben darf, den kann man auch hinsichtlich Parkgebühren zur Kasse bitten, meint ein höchst motivierter Parkplatzwächter, der per Fahrrad die Touristenkarossen und auch die Motorräder der Reihe nach abklappert. Olaf grinst: „Auf den müssen wir ja nun wirklich nicht warten.“ Ruckzuck satteln wir also die Motorräder und weg sind wir.
Sloweniens höchster Berg
Die Passhöhe ist zugleich das Tor zum Trentatal, wo das fast kitschig wirkende Flüsschen Soça in tiefstem Türkis durch alle erdenklichen Kalkformationen sprudelt. Majestätisch thront der mächtig imposante Triglav mit seiner schroffen Südwand darüber. Das ist Sloweniens höchster Berg, der sich auf immerhin 2864 Meter über den Spiegel der hier schon recht nahen Adria erhebt. Wir entdecken eine kleine Brücke, die über die Soça führt. Gleich unterhalb findet sich eine richtig schöne Badegumpe. „Nichts wie rein“, ruft Olaf, wechselt flugs die Motorradklamotten gegen seine Badehose und lässt sich ins herrlich klare Wasser gleiten. Klaus, der seit heute eine ganz besondere Beziehung zu Wasser zu haben scheint, stürmt hinterher und springt mit dem Hinterteil zuerst ins kühle Nass. Hätte er sich etwas mehr Zeit gelassen, dann hätte er noch Olafs reichlich kurzatmige Warnung vernommen: „Oh Leute, das ist saukalt!“ Klaus taucht derweil mit einer Art Brunstschrei wieder auf. Kai schlägt sich vor Lachen auf die Schenkel und auch mir läuft eine Träne aus dem rechten Auge. „Nicht lachen, reinkommen“, ruft Klaus. Und Olaf fügt hinzu: „Mitgehangen, mitgefangen! Keine Widerrede!“ Kai zieht sich bereits um, während ich versuche es mit der Mär hinsichtlich der vergessenen Badehose versuche. „Ist doch keiner hier, geht also auch ohne“, lacht Olaf und siehe da, gerade in diesem Moment findet sich meine Badehose doch wieder im Topcase an.
Die tiefste Schlucht Sloweniens
Durchgekühlt – ich bezweifele, dass das Wasser der Soça deutlich wärmer als 10° Celsius ist – erreichen wir das quicklebendige Bovec. Der 1998 von einem Erdbeben ordentlich durchgeschüttelte Ort ist, seitdem man die wilde Soça fürs Raften entdeckt hat, sommertags gut frequentiert. Von hier aus ist es nicht mehr weit bis nach Bella Italia, wo der Sprit leider „molto“ teuer ist. Taktisch klug füllen wir unsere Tanks bis zum Rand, ehe wir uns auf den Weg zum Predil-Pass machen. Bevor allerdings weit geschwungene Kehren hinüber ins Friaul mit satten Schräglagen aufwarten, taucht die Festung Kluze auf, ein martialisches Verteidigungsbollwerk aus dem 15. Jahrhundert. Nur ein paar Meter weiter rollt man über eine unscheinbare Brücke. Hier sollte man unbedingt einen Stopp einplanen, denn das Bauwerk überspannt die tiefste, dagegen teilweise nur einige Meter breite, Schlucht Sloweniens. Etwa 70 m tief hat sich hier die Kortnica wie eine überdimensionale Kreissäge in den weichen, kalkhaltigen Fels gefressen.
Der höchste anfahrbare Punkt Sloweniens
An der Passhöhe könnte man noch einen Abstecher zum Mangart einplanen. Die knapp zwölf Kilometer lange, mautpflichtige Asphaltpiste (mit einigen kurzen Schotterabschnitten) hinauf zur Lahnscharte (2072 m) lohnt auch wegen seiner wagemutigen Trassenführung. Etwas Spannung kommt zudem auf, wenn man sich durch zwei in Stein gehauene Tunnel tasten muss. Oben, am höchsten anfahrbaren Punkt Sloweniens, bietet sich ein toller Blick auf die Weißenfelser Seen (Laghi di Fusine), schon im nahen Italien gelegen.
Auf nach Italien!
Dorthin kurven wir nun auch. Am Lago di Predil entlang führt das Teilstück dieser Tour über Pontebba zum Nassfeld-Pass. Der bietet ein faszinierendes Kurvengewusel hinauf auf 1.530 Meter Seehöhe. Zwischendurch gilt es erneut enge, dunkle Tunnel zu passieren. Die Kurvenradien dürften Steuermännern (oder Frauen) von edlem Schwermetall, die eine oder andere Schweißperle auf die Stirn treiben.
An der Landesgrenze wechselt der Straßenquerschnitt
Allerdings gilt diese Aussage nur für die Südrampe des Passo di Pramollo, wie er auf Italienisch heißt. Gleich ab der Grenze zu Österreich ändert sich die Trassierung grundlegend. Vorbei ist es mit der engen Straße. Ab dem Nassfeld, das das größte Skigebiet Kärntens beherbergt, präsentiert sich die Passstraße reisebustauglich. Auf der surfen wir flott bergab ins Gailtal. Allerdings warten bei diesem Downhill dann doch ein paar ganz leckere Kurven, die auch von Maschinen mit längeren Radständen gut gemeistert werden können. Diese Aussage gilt dann auch für den herrlich rythmischen Kurventango von Kötschach-Mauthen über den knapp tausend Meter hohen Gailbergsattel ins Drautal. Letzteres kennen wir schon vom Morgen her, genau wie das grandiose Finale dieser Tour, dass wir am Iselsberg abschließend in der fixen Bergaufvariante erleben.
Motorradtour Südostalpen - Unterwegs zwischen Osttirol und Slowenien – Infos
Wir tourten mal wieder durch die Südostalpen und erlebten dabei Motorradspaß vom Allerfeinsten.
Allgemeine Infos
Der äußerst markante Karnische Kamm und die weiter östlich anschließenden Karawanken bilden die natürliche Grenze zwischen Kärnten im Norden, dem italienischen Friaul und Slowenien. Dort recken sich zudem die Julischen Alpen in luftige Höhen, die man zu den Südlichen Kalkalpen rechnet und deren Optik stark an die Dolomiten erinnert. Jedenfalls sorgt diese Gebirgsanordnung für eine zerklüftete Landschaft mit tief eingeschnitten Tälern und luftigen Passstraßen, die Motorradfahrerherzen schnell höher schlagen lassen.
Sehens- und erlebenswertes:
ötschach-Mauthen (Kärnten) Museum 1915-1918: Hier bekommt man umfassende Informationen zum schrecklichen Alpenkrieg, die man am besten mit dem Besuch des Freilichtmuseums am Plöckenpass ergänzt.
Anreise
Kurz und bündig: Von Deutschland aus über Inntalautobahn, Kitzbühel, Pass Thurn, Felbertauerntunnel und Lienz zum Iselsberg. Es bietet sich auch der Transfer per DB-Autoreisezug nach Villach an.
Beste Reisezeit
Das beschriebene Dreiländereck lockt in der warmen Jahreszeit meist mit herrlichem, mediterranem Wetter. Denn die Tauern weiter nördlich bilden für das bekannte Schmuddelwetter eine meist unüberwindliche Barriere. Solange sich also kein Adria- oder Genuatief südlich der Alpen breit macht, bietet sich das beschriebene Gebiet als Topziel für Motorradfahrer aller Kategorien und sonstige Sonnenanbeter an. Übrigens: Im Mai ist es besonders schön im Dreiländereck. Vom Massentourismus noch keine Spur, aber alles ist saftig grün und überall blüht es.
Verpflegung
Osttirols und Kärntens Küche, vor einigen Jahren noch der Inbegriff von langweiligen Steaktoasts oder Wiener Schnitzel, hat sich gottlob umorientiert. Nun stehen oft landestypische Leckereien auf den Speisekarten, wie Türkensterz, Tafelspitz oder diverse Spezialitäten aus der Mehlspeisenküche. Kurzum, ein Motorradurlaub in Osttirol ist eher nicht dazu geeignet um Diätprogramme umzusetzen.
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