Südlicher Spessart

 Frank Klose
 Frank Klose
Sehr wahrscheinlich hat auch der jüngere Motorradfahrer die x-te Wiederholung der angestaubten Räuberposse „Wirtshaus im Spessart“ bei einem dieser „äußerst abwechslungsreichen TV-Sender“ schon mal irgendwie abbekommen. In der ersten Reihe oder zwischen Spots, wie „Da-Da-Da“ und „Doping für die Haare“ verpassten Lilo Pulver und Harald Juhnke einst dem Spessart ein bis heute unzerstörbares Klischee. Nun, das Wirtshaus gibt’s nicht mehr und die Räuber sind woanders hingezogen. Was bleibt, sind weite und menschenleere Wälder, durchzogen von schier endlosen Kilometern starker Kurvenpisten. Aber genug der Vorrede: von Rohrbach geht es bergab in Richtung Reichelsheim – Kurvenspaß inklusive. Es geht also gleich richtig los. Da stören dann auch die paar Meter, die man auf der B 38 abspulen muss, kaum. Apropos Bundesstraße: Da wäre auch noch die B 47, die einmal quer durch den Odenwald führt und mehr als reichlich Kurven bietet.

Daher taucht sie in dieser Tour immer mal wieder auf. Wie in Ober-Gersprenz, wo sie eine illustre Berganpartie mit satten Schräglagen ermöglicht – und genau diese räubern wir! Sabine ist da mit ihrer Test-Bandit (immer noch ein grundsolides und preiswertes Motorrad) im wahrsten Sinne des Wortes genau richtig. Aber auch die anderen Banditen … äh … Fahrer kommen gut hinterher. Als da wären Dani mit der Honda CB500X (ja, das geht!), Jost mit der CTX, Sascha mit der Harley Ultra und meine Wenigkeit mit der Victory Cross Country Tour.
Kurvenräubern im Spessart
Unsere bunt gemischte Truppe steuert dann Bad König an. Dafür geht es bald wieder bergab. Aber so ist der Odenwald nun mal – für Motorradfahrer eben die perfekte Achterbahn. Genau das Gleiche erleben wir auf der anschließenden Fahrt hinüber zum Main. Den erreichen wir in Wörth. Dort könnte man den ersten Zwischenstopp einplanen. Immerhin verzaubert Michael Welsch hier BMW-Boxer-Modelle zu Rennkühen. Außerdem lassen wir den Odenwald, der bei dieser Tour quasi als Vorspeise und später auch noch als Dessert serviert wird, hinter uns. Hinter der Mainbrücke in Wörth beginnt nämlich bald das Hügelland der Räuber … äh … des Spessarts. So sausen wir über Mechenhard in Richtung Eschau und folgen von dort aus dem Elsavatal in Richtung Mespelbrunn.
Das Wasserschloss in Mespelbrunn
Dort lädt ein wundervolles Wasserschloss zu einem Besuch ein. Da wir ausreichend Zeit im Gepäck haben, gönnen wir uns das. Immerhin feierte das im Renaissancestil erbaute Gemäuer 2012 sein 600-jähriges Jubiläum. Wegen seiner recht versteckten Lage überstand das Schloss alle Kriege unbeschadet und ist deshalb in seinem ursprünglichen Habitus erhalten geblieben. Übrigens: Das Schloss Mespelbrunn befindet sich seit ewigen Zeiten in Privatbesitz. Die Besitzer engagieren sich allerdings seit Anfang der 1950er-Jahre dafür, das Schloss sowohl als Denkmal zu erhalten und gleichzeitig einer breiten Öffentlichkeit (gegen Eintrittsgeld) zugänglich zu machen. An dieser Stelle soll dann mal darauf hingewiesen werden, dass man diese Spessart-Tour am besten unter der Woche fährt, allein schon, wenn man das Wasserschloss besichtigen mag. So erspart man sich dann Busladungen an Touris dort. Ähnliches gilt auch für das Hafenlohrtal – eine wahre Perle der Natur. An Sonn- und Feiertagen ist hier natürlich reichlich Betrieb. Also, wer auf Radfahrer, Inlineskater und andere Menschen, die in Sachen Fitness unterwegs sind, lieber verzichtet – fährt die Tour einfach zwischen Montag und Freitag.

Da findet man auch sofort einen freien Tisch im Wirtshaus im Hochspessart, wo wir unseren Boxenstopp einlegen. Außerdem scheint die Zeit hier irgendwie stehen geblieben zu sein! Das gilt auch für die Bezahlung der leckeren Speisen, denn mangels irgendwelcher Funknetze geht das hier nur in bar! Willkommen in der guten alten Zeit! Wir genießen das alles noch ein wenig, bevor die Motoren wieder brabbeln. Nun steuern wir erneut dem Main entgegen, der hier im bayerisch-hessischen Grenzgebiet in weiten Schleifen dahinfließt.
Der Main in Miltenberg
Ab Hafenlohr weist er dann den weiteren Weg, und zwar bis nach Miltenberg, wieder zu Füßen des Odenwalds gelegen. Zwischendurch stoppen wir noch kurz in Freudenberg, ein wirklich hübsches Städtchen. Der historische Stadtkern des 1159 als Lüllenseit erstmals urkundlich erwähnten Ortes steht als Gesamtanlage seit 2004 unter Denkmalschutz. Sehen lassen kann sich aber auch das gar nicht weit entfernte Miltenberg, wo sich schöne Pausenplätze direkt am Main finden. Wir nutzen das noch für einen Cappuccino, bevor der Endspurt durch den Odenwald ansteht. Und damit kommen wir bald wieder zum Thema Bundesstraßen. Gemeint ist die B 47, welche von Amorbach hinüber nach Michelbach führt. Ganz offensichtlich hat diese Kurvenpiste schon viel zu oft als Rennstrecke gedient, denn hier wurden zahlreiche Verkehrssicherungsmaßnahmen durchgeführt, die uns „Normalos“ aber nicht weiter stören.

So kommen wir nach einer erneuten Berg- und Talfahrt nach Michelstadt. Da unser Quartier mitten im Grünen liegt, kümmern wir uns dort noch um unsere Spritfässer.  Aber ein paar Kurven haben wir ja heute auch noch. Wir steuern Mossautal an und genießen dann die recht schmale Strecke, die uns quasi über den Berg nach Hause bringt. Ein paar ganz wundervolle Kurven lockern dabei das Ganze noch einmal auf.

#Deutschland#GPS#Odenwald#Spessart#Tour
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