Rhön kompakt - Mehr als Wasserkuppe und Kreuzberg

Irgendwann alle schönsten Motorradstrecken Deutschlands zu kennen, ist ein hochgestecktes Ziel, aber wer es nicht versucht, hat schon verloren.
 Victoria Kuhn
 Franz Kirchhoff
Diesem Mantra folgend fahren Werner und Franz Kirchhoff in ein ihnen eher unbekanntes Terrain – im Herzen von Deutschland. Wie schon so oft starten Werner und Franz Kirchhoff in Bad Wildbad. Doch dieses Mal geht es nicht wie sonst so oft in Richtung Süden, sondern gen Norden in die Rhön. Dabei durchfahren sie sowohl den Odenwald als auch den Spessart. Diesen ebenfalls sehr interessanten Regionen Deutschlands schenken sie bei ihrer Durchreise auf dem Hin- und Rückweg gebührende Aufmerksamkeit. Sie sollen hier jedoch nicht das Thema sein.

Tourenauftakt am Stadtstrand

Der Stadtstrand von Bad Kissingen
In der Rhön, genauer gesagt in Bad Neustadt an der Saale, angekommen, steuern die Brüder gleich ihr Quartier, das Akzent Hotel Residenz, an. Den Juniorchef Florian kennen sie von zahlreichen Motorradmessen, auf denen die beiden Anbieter oft sogar direkt nebeneinander vertreten sind. Florian war es auch, der Werner und Franz die Rhön mit ihren sanften Kurven und doch auch anspruchsvollen Anstiegen als Motorradgebiet schmackhaft gemacht hat. Natürlich war dabei auch sofort klar: Sollten sie mal in die Rhön kommen, werden sie in Florians Hotel übernachten. Gesagt, getan. Nun sind sie hier. Nach einem Stiefelbier im Hotel nimmt Florians Vater Manfred die beiden mit zum Stadtstrand nach Bad Kissingen, den die Familie, unter anderem inklusive einer großen originellen Almhütte, in eigener Regie als erfolgreiches Event während der gesamten Sommerzeit im Kurstadtzentrum direkt an der Saale betreibt. Die beiden dürfen sich auf einen vergnüglichen Sommerabend freuen. Davor führt Manfred sie an den überwältigenden, großen Camps der „Abenteuer & Allrad“, der größten Offroad-Messe der Welt, vorbei. Zufälligerweise findet dieses Ereignis gerade an diesem Wochenende statt.

Von Bayern nach Hessen

Pflücken verboten! Lupinen stehen unter Naturschutz
Für den nächsten Morgen lautet die Absprache dennoch wie gehabt 7-8-9 (7 Uhr: Aufstehen, 8 Uhr: Frühstück, 9 Uhr: Abfahrt). Kurz vor 9 treffen sich die beiden zur gewohnten kurzen Tagesbesprechung. Pünktlich geht es dann los. Mit einem kleinen Schlenker nach Osten führt die Route nördlich aus Bad Neustadt heraus. Dabei überqueren sie einen der Flüsse, an deren Zusammenfluss die Stadt liegt. Die Brend ist etwa 30 Kilometer lang und ein Nebenfluss der Fränkischen Saale, in die sie östlich der Altstadt von Bad Neustadt mündet. Kurz vor Wechterswinkel überqueren sie die Els, deren Verlauf die weitere Strecke bis Unterelsbach folgt, wo sie erneut überquert wird – nur um ihr noch weiter bis nach Oberelsbach zu folgen. Nun führt die Route immer weiter nördlich. Die Straßen sind angenehm geschwungen und bieten schöne leichte Steigungen und Abfahrten, die zwar Fahrer und Gerät nicht sehr fordern, aber einen angenehmen Fahrspaß bieten. Dabei bestechen Flora und Fauna in besonderem Maße, gerade jetzt, da die unter Naturschutz stehenden Lupinen so farbenprächtig blühen. 
Am Rhön-Park-Hotel bietet sich ein herrlicher Ausblick
Als erstes Tagesziel werden die 711 Meter hohe „Rother Kuppe“ und das gleich nebenan liegende Rhön-Park-Hotel angefahren. Den herrlichen Ausblick vom Aussichtsturm der Turmgaststätte auf der „Rother Kuppe“ lassen sich die beiden natürlich nicht nehmen. Danach führt eine Schleife über den Steinkopf und die Hochrhönstraße in die Nähe der bayerisch-hessischen Grenze. Doch noch wird das Bundesland nicht gewechselt. So geht es weiter nach Roth und von dort aus nach Stetten. Eine der nördlichsten Städte auf dieser Tour ist Fladungen, welche nach dem Durchfahren von Stetten zügig erreicht ist. Hier steht der erste Kaffeestopp auf dem Plan. Frisch gestärkt geht es nun schon bald wieder bergauf zum Querenberg. Hier überquert man kurz nach der Kuppe die Landesgrenze zwischen Bayern und Hessen und gelangt westlich davon nach Seiferts. Ein Stück weiter südlich, kurz vor dem bayerischen Bischof heim, biegen die beiden links ab nach Gersfeld. Die Stadt wird von den Bergen der Rhön halbkreisförmig umschlossen. Dieses Mal wird sie nur gestreift, denn die Wasserkuppe ruft. 

Über die Wasserkuppe zurück nach Bayern

Alle wollen zur Wasserkuppe
Die ist mit 950 Metern der höchste Berg der Rhön und gleichzeitig auch die höchste Erhebung des Bundeslandes Hessen. Bei guter Sicht reicht der Blick von hier aus bis zum Hohen Meißner, dem Rothaargebirge und dem Taunus. Auf ihrer Südseite entspringt die Fulda. Bekannt ist die Wasserkuppe besonders für das hier befindliche Segelflugzentrum. Es umfasst die älteste Segelflugschule der Welt, eine Gleitschirmflugschule, das Deutsche Segelflugmuseum und den „Flugplatz Wasserkuppe“, auf dem auch Motorflugzeuge landen dürfen.
Blick auf das Wahrzeichen der Rhön: das Radom auf der Wasserkuppe
Weithin bekannt ist außerdem das Radom auf der Wasserkuppe – eine Radarkugel. Als höchstgelegenes Gebäude Hessens ist es das Wahrzeichen der Rhön und seit 2009 auch für Besucher zugänglich. Auf dem extrem beliebten Ausflugsziel Wasserkuppe finden sich zahlreiche Attraktionen: Die Doppelsommerrodelbahn (eröffnet 1975 und 1989), Hessens höchstgelegener Kletterwald, der Rhönbob sowie der 2007 eröffnete „Hexenbesen“ versprechen Spaß für Groß und besonders Klein. Auch Werner und Franz schließen sich den zahlreichen Besuchern an, stellen ihre Motorräder ab und besichtigen das Gelände. Mittagessen gibt es, wie für die meisten hier oben, die sich ihren Proviant nicht selbst mitgebracht haben, in der „Märchenwiesenhütte“. Es geht wieder zurück nach Gersfeld und dieses Mal auch in die schöne Stadt hinein. Am Marktplatz stehen wunderschöne Fachwerkhäuser aus dem 17. und 18. Jahrhundert. Außerdem hat die Stadt einen Schlosspark und mit dem oberen, mittleren und gelben Schloss – heute als Schloss Gersfeld bekannt – gleich drei Schlösser zu bieten. Obendrein befindet sich hier eine der bedeutendsten evangelischen Kirchen Hessens aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts: die Barockkirche.  Im Anschluss führt eine angenehme Bergauf- und -abfahrt die Route Richtung Süden, die Landesgrenze querend, bis nach Wildflecken, wo kurz für einen Kaffee gehalten wird. Doch allzu lange möchten die beiden sich nicht aufhalten; die gut ausgebauten und allen Orts leicht geschwungenen Straßen machen Lust auf mehr. 

Der „Heilige Berg der Franken“

Das Kloster Kreuzberg auf dem „Heiligen Berg der Franken“ 
Es soll zu einem weiteren berühmten Ort der Rhön gehen: dem Kloster Kreuzberg. Dazu gilt es, den 928 Meter hohen Kreuzberg hinaufzufahren. Nach der Wasserkuppe und der Dammersfeldkuppe ist er der dritthöchste Berg der Rhön und gleichzeitig der zweithöchste der Bayerischen Rhön. Etwa 600.000 Besucher jährlich machen den Kreuzberg zum meistbesuchten Ausflugsziel im bayerischen Teil des Gebirges. Seit der Missionierung der Franken und durch die Tradition als Wallfahrtsort gilt er als „Heiliger Berg der Franken“. Die meisten Besucher kommen wahrscheinlich wegen des Klosters am Westhang. Die bekannten drei Wallfahrerkreuze stammen aus dem Jahr 1710 und sind noch immer Ziel von Kreuzberg-Wallfahrten. Seit 1731 wird auf dem Kreuzberg das über die Region hinaus bekannte Kreuzbergbier gebraut – bis heute. 

Über Bad Kissingen zurück nach Bad Neustadt

Eine kurvige Abfahrt führt vom Kreuzberg nach Bischofsheim an der Rhön
Erneut wird die Schleife über Bischofsheim und Sandberg gefahren. Danach geht es im Tal, entlang des Schmalwasserbachs, bis nach Steinach an der Saale. Jetzt könnten sich Werner und Franz eigentlich auf den kurzen Restweg zurück zu ihrem Quartier machen. Doch kurzerhand entschließen sie sich, noch mal die Fahrtrichtung „Süd“ ein zuschlagen, wodurch sie wenig später Bad Kissingen am südöstlichen Rand der Rhön erreichen. Das mondäne Mineral- und Moorheilbad könnte man auch als „Stadt der sieben Quellen und Berge“ bezeichnen, denn es nennt sieben Heilquellen ihr Eigen und ist von sieben Bergen umgeben. Die Stadt begeistert ihre Besucher aber auch mit ihrem Flair, insbesondere im historischen Kurviertel mit dem ältesten Kurgarten Europas sowie dem Regenten- und Arkadenbau, der Wandelhalle und dem ehemaligen Luitpoldbad inklusive der Spielbank. Natürlich lassen Werner und Franz die am Abend zuvor kennengelernte Sommerattraktion, den Stadtstrand, nicht aus und lassen sich von Florian gerne noch mal zu einem Weizen, dieses Mal natürlich alkoholfrei, einladen. Am frühen Abend, im großen Außenbereich der namhaften „La Cucina di Francesco“ in Bad Neustadt, lassen die Brüder bei einem vorzüglichen Abendessen ihre Rhön-Tour Revue passieren und stellen fest: Wasserkuppe und Kreuzberg sind bei Weitem nicht alles, was die Rhön zu bieten hat. Die beiden sind sich deshalb einig: Sie waren nicht zum letzten Mal hier. 




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