Passkontrolle: Zeig deine Pässe, Südtirol!

Dolomiten ohne die Pässe der Sella-Runde, ohne Sellajoch, Pordoi, Campolongo, Valparolo, Falzarego oder das Grödnerjoch? Geht das überhaupt?
Jost Martin
Jost Martin
Gibt es nicht noch etwas anderes, das die Herzen von uns Motorradfahrern höher schlagen lässt? Das gibt es tatsächlich. Und welche Pässe man gerade in den Hauptferienmonaten Juli und August, aber auch davor oder danach fahren kann, wollen wir, Jost und Sabine, Euch in dieser „Passkontrollen-Tour“ zeigen.

Los geht unsere Tour in St. Christina im schönen Grödner Tal. Wir starten schon früh morgens, um Wolkenstein hinter uns zu lassen, ehe die Touristenhochburg unterhalb von Sellagruppe und Langkofel aus dem Tiefschlaf erwacht und die schmale Durchfahrtsstraße zur Fußgängerzone mutiert. Dann schwingen wir uns durch Kurven und Kehren hinauf auf das Sellajoch, vorbei am Hausberg der Grödener, dem Langkofel. Die einzige, unmittelbare Verbindung aus dem Grödner Tal in Südtirol hinüber ins Fassatal im Trentino wurde bereits 1872 fertiggestellt. Die schmale Passstraße schmiegt sich eng an den mächtigen Sellastock, bevor sie dann hinab Richtung Canazei in einem steten Wechsel von kurzen Geraden, Kurven und knackigen Kehren führt.
Der Sellastock türmt sich imposant auf
Der Sellastock türmt sich imposant auf
Nach diesem ersten Kurvenschmaus erholen wir uns auf der Fahrt durchs Val di Fassa. Auch hier erwachen gerade die überwiegend italienischen Urlauber und machen sich auf in die Berge. Bei Moena verlassen wir die Strada Statale 48 (SS48) und wechseln auf die SS346. Begleitet von dunklen Wäldern geht es in langen Schwüngen hinauf auf den 1.918 Meter hohen Passo San Pellegrino. Wer nun denkt, hier würde das bekannte Mineralwasser aus der Erde geholt, in Flaschen gefüllt und an durstige Wanderer, Radfahrer und Motorradfahrer verkauft, den muss ich enttäuschen. Die Quellen für dieses Getränk liegen in San Pellegrino Terme bei Bergamo. Dafür hat die SS346 ihre Bedeutung im Ersten Weltkrieg erfahren. Aus einem Saumweg wurde eine strategisch wichtige Militärstraße, die später dann für zivile Zwecke wie den Tourismus ausgebaut wurde. Seinen Namen erhielt die Straße und damit auch der Pass von Mönchen des gleichnamigen Ordens, die dort bereits im 14ten Jahrhundert ein Hospiz errichteten. Der vollständige Name der SS346 hat etwas von Musik, wenn man ihn in der Landessprache hört: Strada Statale 346 del Passo di San Pellegrino.
Blick auf die Latemargruppe bei der Passo San Pellegrino Auffahrt
Blick auf die Latemargruppe bei der Passo San Pellegrino Auffahrt
Von der Passhöhe führt die Straße weiter Richtung Falcade. Hier sind die Kurven zahlreicher und enger, verlangen nach mehr Schräglage und vorausschauender Fahrweise bei den Kehren. Bei Gefällen bis zu 18 Prozent erreichen wir noch vor dem Städtchen Falcade den Abzweig, der uns auf den nächsten Pass führt, den Passo Valles, der mit 2.032 Metern noch ein bisschen höher ist als der Pellegrino. Auch hier halten wir uns nicht lange auf und rollen in flotter Fahrt hinunter in den Naturpark Paneveggio – Pale di San Martino. Die auf einer Höhe von 1.500 bis 2.000 Meter wachsenden Fichtenwälder werden auch „Geigenwald“ genannt, denn von hier stammen die Haselfichtenfasern, die im Geigenbau Verwendung finden. Im Naturpark treffen wir auf den Anstieg zum nächsten Pass, dem Passo Rolle. In langen Schlägen mit zwölf Kehren geht es zunächst durch die dunkelgrünen Fichtenwälder hinauf bis zur Baumgrenze. Von dort sind es nur noch wenige Meter bis zur Passhöhe auf 1.989 Metern. Auch dieser Pass hat im ersten Weltkrieg traurige Berühmtheit erlangt, da hier zeitweise die Hauptkampflinie verlief.
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Die Straße führt unmittelbar am mächtigen und 3.184 Meter hohen Cimon della Pala, dem Matterhorn der Dolomiten, vorbei. Die Pala-Gruppe umfasst einige Dreitausender und ist bei Kletterern besonders beliebt.
Unmittelbar am mächtigen Matterhorn der Dolomiten führt die Straße entlang
Unmittelbar am mächtigen Matterhorn der Dolomiten führt die Straße entlang
Über nunmehr 30 Kehren führt unsere Tour hinunter ins Tal, durch den Ski- und Touristenort San Martino di Castrozza bis nach Tonadico, wo wir uns eine Pause gönnen und für die nächsten Pässe stärken. Mit Pasta, Cappuccino und Mineralwasser füllen wir unsere Energiespeicher wieder auf. Von Tonadico bis nach Imer rollen wir durch ein dicht besiedeltes Tal und sind froh, als wir den Beginn des nächsten kleinen Passes erreicht haben. Der Passo di Gobbera verbindet die Orte Imer und Canal San Bovo. Der Pass ist nur wenig befahren, da sich die durch einen Tunnel führende Alternativstrecke größerer Beliebtheit erfreut. Für uns ist das keine Alternative, zumal gleich zu Beginn unserer Route acht zügig zu fahrende Kehren ein echter Leckerbissen sind, denn die Straße ist in einem hervorragenden Zustand. Nach den Kurven tauchen wir wieder in ein Waldgebiet ein, das uns bis über den Scheitel des mit 989 Metern nicht sehr hohen, aber schön zu fahrenden Passes begleitet.
Am Passo di Gobbera
Am Passo di Gobbera
Die folgende Abfahrt mit neun Tornati hinunter nach Canal San Bovo bringt dann wieder den von uns gesuchten Kurvenspaß. Gleich im Anschluss folgt dann der nächste Pass, der uns aus dem Tal des Vanoi zur Hochebene des Tesino bringt. Der Passo Brocòn (fälschlicherweise auch Broccon genannt) ist deutlich anspruchsvoller, denn die Straße ist enger und der Asphalt in die Jahre gekommen. Zahlreiche Kehren und Kurven führen auch hier durch ein dichtes Waldgebiet bis hinauf auf 1.616 Meter, wo ein Gasthof auf die wenigen Besucher wartet. Auch dieser Pass hat eine von kriegerischen Auseinandersetzungen geprägte Geschichte. 1866 verlor Österreich-Ungarn Venetien an Italien. Reisende, die vom Passo Rolle ins Valsugana wollten, mussten dabei über italienisches Gebiet. Das fand die österreichische Generalität untragbar und so wurde schon bald eine Straße von Imer über Canal San Bovo nach Castello Tesino, also über den Brocòn-Sattel gefordert.

Erst 1907 begonnen, 1909 vollendet, 2,5 Millionen Kronen teuer, verlor die Route schon 1918 ihre militärische Bedeutung, als Südtirol Italien zugesprochen wurde. Kurven und Kehren führen uns durch Wälder nach Castello Tesino. Von dort geht es dann weiter ins Suganertal, dem südlichsten Punkt unserer Tour über viele wenig befahrene Pässe der Dolomiten. Von Telve aus starten wir unsere Auffahrt hinauf zum Manghen-Pass. Durch kleine Wäldchen und Almwiesen geht es erst einmal relativ sanft nach oben.
Kühe verhindern ein zügiges Fahren, zwingen uns sogar manchmal zum Anhalten, denn Angst zeigen sie keine, wir dagegen gehörigen Respekt. So eine Kuh bringt schon ein bisschen Gewicht auf die Waage. Ein Weidebetrieb hinterlässt dazu noch natürliche Hindernisse in Form von Kuhfladen. Die Hinterlassenschaften von Rindern finden sich gelegentlich auf der Straße wieder und können unangenehme Rutscher zur Folge haben. Je näher wir der Passhöhe auf immerhin 2.047 Metern kommen, umso steiler wird es und Kehre um Kehre muss bezwungen werden. Da es so gut wie keinen Gegenverkehr gibt und auch Raser Seltenheitswert besitzen, erreichen wir ohne Probleme den Scheitel des Manghenpasses. Längst haben wir die Waldpassagen hinter uns gelassen und können so den Ausblick vom Gipfelkreuz aus genießen. Auf der anderen Seite unterhalb der Passhöhe erregt ein kleiner See und eine bewirtschaftete Almhütte unsere Aufmerksamkeit, doch die schon fortgeschrittene Zeit lässt uns nicht länger verweilen. Über die Nordrampe fahren wir hinunter ins Val di Fiemme, doch auch diese Abfahrt hat es in sich. Nur wenige Meter unterhalb des Sees tauchen wir in einen dichten Nadelwald ein. Durch dreizehn Serpentinen auf sehr schmaler und rutschiger Straße fahren wir vorsichtig hinunter nach Molina im Fleimstal, um von dort aus unsere Schlussetappe anzugehen.

Bis Tesero bleiben wir im Tal. Dann geht es über die Südrampe hinauf auf den Passo di Lavazè. Bis auf einige Kurvenpassagen, bei denen wir das Tempo drosseln, geht es sehr zügig durch teils dichte Wälder bis auf den 1.808 Meter hohen Pass. Eigentlich ist es mehr ein Hochplateau als ein wirklicher Pass. Auch sind die Ausblicke von Scheitel aus nicht wirklich gut. Nach Norden hin führt die gut ausgebaute und verhältnismäßig breite, aber auch schwungvolle Straße hinunter ins Eggental bis Birchabruck. Noch einmal geht es bergan Richtung Karerpass, kurvenreich, aber auch mit reichlich Verkehr, denn die Straße kommt von Bozen herauf und endet dann im Val di Fassa.
Unterhalb der Passhöhe halten wir an und genießen den Blick auf die beeindruckenden Felsmassen, rechts die im Sonnenlicht glänzende Latemargruppe, linker Hand die mit einem Wolkenhut versehene Rosengartengruppe. Man erzählt sich, dass der Zwergenkönig Laurin trotz seiner Tarnkappe hier von Dietrich von Bern geschlagen wurde. Aus Trotz soll er den bis dahin rot leuchtenden Rosengarten verflucht haben. Seither leuchtet der aus Dolomitgestein bestehende Rosengarten nur noch in der Abenddämmerung. Naja, eine Sage eben.
Der von König Laurin der Sage nach verfluchte Rosengarten
Der von König Laurin der Sage nach verfluchte Rosengarten
Wir fahren davon unbeeindruckt unterhalb des Rosengartens weiter über den Nigersattel Richtung Norden. Holla die Waldfee! Was nun folgt, kann man wirklich nur als Kurventanz bezeichnen. Kurve folgt auf Kurve, bis man fast schwindlig wird. Trotz seiner Passhöhe von „nur“ 1.690 Metern gilt er mit teilweise 24 % Steigung beziehungsweise Gefälle als der steilste Pass in den Dolomiten. Auf dem Weg nach Völs am Schlern nehmen wir eine Abkürzung über Prösels, um nicht ganz hinunter ins Tal nach Blumau fahren zu müssen. Was nun folgt, ist eher entspannend. Durch Völs am Schlern, Seis und Kastelruth unterhalb des Schlernmassivs rollen wir locker bis zum letzten Pass, na ja, sagen wir lieber, bis zum Panidersattel.
Auf dem Passo di Lavazè geht es zügig durch teils dichte Wälder hinauf
Auf dem Passo di Lavazè geht es zügig durch teils dichte Wälder hinauf
Von hier aus kurven wir in zügiger Fahrt hinunter ins Val Gardena oder Grödner Tal. Die wenigen Kilometer bis ins M&R Hotel Florian sind nur noch eine Pflichtübung. Motorrad in der Tiefgarage abgestellt, Motor aus, Helm ab … das erste Bier zischt durch die Kehlen, Manna eben, ein göttlicher Trank. Zufrieden klopfen wir uns auf die Schultern und beim abendlichen Gespräch wird so manche gefahrene Kehre noch einmal durchgegangen, bis … na ja, irgendwann sind wir dann auch schlafen gegangen, um am nächsten Tag wieder fit für die nächste Tour über nicht so bekannte und wenig befahrene Pässe zu sein.

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Allgemeine Infos

Die Dolomiten sind das Eldorado für alle Kurvenfreaks einerseits und für Naturfreunde andererseits. Die traumhafte Landschaft mit den bizarren, mächtigen Felsmassiven bildet eine einzigartige Kulisse für alle Besucher. Besonderes Kennzeichen dieser Landschaft ist der Wechsel zwischen sanft gewellten Weidegebieten und den daraus steil aufragenden Stöcken aus Kalkstein und Dolomit. Ein weiteres Merkmal der Dolomiten ist die durch die wechselnde Geschichte entstandene Dreisprachigkeit. Neben der ursprünglichen ladinischen Sprache wurde die deutsche Sprache durch bajuwarische Siedler und das Italienisch durch die Zugehörigkeit zu Italien in diesen Siedlungsraum getragen.

Sehens- & erlebenswert
In den Dolomiten gibt es Sehenswürdigkeiten für jeden Geschmack und jedes Interessensgebiet. Für Naturfreunde bietet die Bergwelt neben den Felsriesen, traumhaft gelegenen Bergseen, wie den Karersee oder wild über Felsen stürzende Wassermassen wie in der Giffenklamm bei Sterzing oder die Rastenbachklamm südlich von Bozen. Historische Altstädte finden sich zum Beispiel in Bozen und Bruneck. Burgen, Schlösser und Klöster zählen ebenso zu sehenswerten Zielen. Schloss Bruneck, das Kloster Säben, die Haselburg über den Dächern von Bozen und Schloss Prösels unterhalb des Schlerns sind nur ein paar Beispiele.

Kloster Säben
Salita Sabiona 21
Chiusa BZ
Haselburg
Via Castel Flavon, 48
39100 Bolzano BZ

Schloss Prösels
Presule 21
39050 Völs am Schlern

Anreise

Der Startpunkt für diese Tour befindet sich in Santa Christina Val Gardena. Vom Inntal im Norden erreicht man das Grödner Tal über den Brenner, entweder über die mautpflichtige Brennerautobahn oder über die alte Brennerstraße. Von Kärnten aus nimmt man den Weg durch das Pustertal und das Gadertal über das Grödnerjoch ins Val Gardena.

Beste Reisezeit

Zwischen Ende Mai und Ende September – je nach Wetterlage – kann man die Tour unter die Räder nehmen. Speziell diese Strecke kann man auch in den Ferienmonaten Juli und August unter die Räder nehmen, obwohl man glaubt, halb Italien sei in den Dolomiten unterwegs.

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