Royal Enfield bringt spätestens 2026 ein 650er-Adventure-Bike mit Twin-Motor und den Globetrotter-Genen der Himalayan. Erlkönig-Blattschuss in Süde...
Nervenkitzel in Norditalien: Passo di Gavia
Abseits vom beliebten Motorradtourenziel Stilfserjoch erkunden wir auf unbekannteren Straßen die Region rund um den Passo di Gavia.
Geoff u. Liz Tompkinson
Geoff Tompkinson, adobestock.com – Walter Mapelli
Bei Motorradtouren in Norditalien ist es fast schon ein Muss, das Stilfserjoch zu fahren. Der berühmte Pass steht ganz oben auf der Liste vieler Biker und wurde unzählige Male fotografiert, gefilmt und betextet. Deshalb wollen wir einige der unbekannteren, aber in vielerlei Hinsicht ebenso spektakulären Straßen der Region erkunden.
Der Gaviapass ist die zehnthöchste asphaltierte Straße der Alpen und verbindet Ponte di Legno im Süden mit Bormio im Norden. Er liegt vollständig in der Lombardei und demnach streng genommen nicht in den Dolomiten, ist aber nicht weniger spektakulär. Im italienischen Radsport ist die Strecke berüchtigt und gehört seit 1960 zu den schwierigsten Etappen der Giro d’Italia. Seit dieser Zeit war der Gaviapass sechsmal die „Cima Coppi“ (der höchste Pass des Rennens).
Als Motorradfahrer sollte man deshalb damit rechnen, vielen Radfahrern zu begegnen. Die Südseite, auf der sich eine enge Spitzkehre an die nächste reiht, ist über weite Strecken nur einspurig ausgebaut. Deshalb ist Reisebussen die Zufahrt verboten und selbst Autos fahren hier nur selten. Da an vielen Stellen gerade genug Platz für zwei Motorräder bleibt, ist bei Gegenverkehr Vorsicht geboten, was für einige interessante und potenziell herausfordernde Momente sorgt.
Wir sind mit unseren Motorrädern seit einer Woche im Nebensaison-Skigebiet Madonna Di Campiglio untergebracht und nutzen es als Ausgangspunkt für die Erkundung der Region. Sich in Skigebieten außerhalb der Saison einzuquartieren, ist zu einer unserer Lieblingsbeschäftigungen geworden.
Die Zimmer sind günstig, die Ausstattung gehoben, Parkplätze in ausreichender Zahl vorhanden und die Restaurants sind allerhöchstens halb voll. Außerdem ist es auf den Straßen ruhiger. Nur selten sehen wir große Reisebusse.
Wir folgen einer Route, die wir bereits im Voraus geplant haben. Per GPS lassen wir uns durch ein unübersichtliches Labyrinth gepflasterter Nebenstraßen führen. Gerade als wir anfangen, das Vertrauen in die Ansagen der Navis zu verlieren, stoßen wir auf eine kurze Unterführung mit einer verzierten Eisenplatte. Sie markiert den Beginn des Passo di Gavia und kündigt den bevorstehenden Aufstieg auf 2.620 Meter über dem Meeresspiegel an. Es wirkt, als verließe man die Stadt durch ein geheimes Portal, auf das wir ohne gezielte Suche niemals gestoßen wären. Unser Vertrauen in die Technik ist wieder hergestellt. Nach kurzer Zeit ist die Stadt aus den Rückspiegeln verschwunden. Die Straße folgt für einige Kilometer dem glitzernden Licht des kalt aussehenden und sehr passend benannten Flusses Torrente Frigidolfo, bevor sie die ersten Spitzkehren und den Beginn des Passes erreicht.
Bis hierher erinnert er noch an andere italienische Pässe und lässt uns nicht erahnen, was auf uns zukommt. Erst als wir in den Wald eintauchen, verengt sich die Straße schnell zu einem einspurigen kurvigen Pfad. Für die professionell aussehenden Radfahrer, an denen wir immer wieder vorbeikommen, scheint er deutlich besser geeignet als für unsere breiten Adventure Bikes.
Ab diesem Punkt öffnet sich die Landschaft, während der Wald lichter wird und wir der sanft gewundenen Strecke entlang des Bergprofils folgen. Zu unserer Rechten entdecken wir moorartige Wiesen, die mit einzelnen, verkümmerten und vom Wind verwehten Bäumen gespickt sind. Kontrastiert wird die Szene von spektakulären Abhängen zu unserer Linken, an deren Abbruchkanten der Straßenrand nur gelegentlich von rostigen Stahlstangen, mit verwitterten Holzbalken gesichert wird. Je höher wir fahren, desto steiniger und karger wird die Szenerie und desto brüchiger wird auch der Straßenbelag.
Die spärliche Vegetation an den Hängen kann den bröckelnden Fels kaum davon abhalten, auf die Straße zu stürzen. An vielen Stellen müssen Netze aus Stahlgittern diese Aufgabe übernehmen. Kurz vor dem Gipfel passieren wir einen kurzen dunklen Tunnel. Seit 1954 ersetzt er die ehemalige Straße entlang der Klippe, nachdem ein Militärlaster über die Kante stürzte und zwanzig junge Soldaten in den Tod riss. Auch die verbleibenden Haarnadelkurven entlang des Lago Nero zu unserer Linken sind brüchig und ungeschützt. Stellenweise erweckt die nicht einsehbare Straßenführung den Eindruck, man würde über die nächste Klippe ins Nichts fahren. Dann nimmt die Steigung plötzlich ab, der Asphalt wird besser und wir erreichen die Gebäude der Passhöhe – Zeit für eine Pause auf der Terrasse des Rifugio Bonetta.
Ein rustikales Mittagessen mit Blick auf den Lago Bianco inmitten einer gemischten Schar von Bikern und Radfahrern spendet neue Kraft. Eine der zahlreichen Legenden um die Zwillingsseen Nero und Bianco erzählt von einem schönen Waisenmädchen, das sich in einen jungen Hirten verliebt. Ihr böser Onkel und der Teufel selbst wollen ihre Liebe jedoch vereiteln. Zwar können beide entkommen, werden aber für alle Zeit in Seen verwandelt, die durch den Passo di Gavia getrennt sind. Den Gipfel zieren die üblichen Schilder, darunter ein mit Aufklebern übersätes Passschild. Neben einigen Fahrradskulpturen entdecken wir das Denkmal des Unternehmers und Radsportbegeisterten Tarcisio Persegona, der den Passo di Gavia mehr als 550 Mal mit dem Fahrrad bezwang.
Dieser Abschnitt der Route mit seinen langen Tunneln, die durch kurvige Abschnitte unterbrochen werden, zieht sich. Insgesamt sind es fünf Tunnel mit einer Länge von fast zwanzig Kilometern, wobei der längste Tunnel knapp acht Kilometer lang ist.
Bei Poletta wechseln wir auf die SP25 und die Strecke wird wieder interessanter. Mit zunehmender Höhe entfernen wir uns von Stazzone. Durch einen verworrenen Wald gleicht die Straße einer Feengrotte, die durch das Blätterdach von Blitzlichtern gesprenkelt wird. An der Kreuzung zur SS39 halten wir uns links in Richtung Aprica. Unsere Fahrt durch den moosigen Wald geht weiter, wenn auch auf einer breiteren, zweispurigen Straße. Dabei wundern wir uns, ob manchen Autofahrern überhaupt bewusst ist, dass auf Straßen im Allgemeinen Gegenverkehr herrscht. Immer mehr scheint es zur Norm zu werden, dass sie die Kurven schneiden und uns auf unserer Fahrbahn entgegenkommen.
In Edolo biegen wir auf die SS42 nach Norden ein. Die zügige Fahrt durch die Landschaft wird von überfüllten, aber schönen kleinen Städten wie Incudine und Vezza d‘Oglio unterbrochen. Bei Ponte di Legno schließen wir den Kreis und treffen in entgegengesetzter Richtung wieder auf den Passo del Tonale vom Vormittag. Im schwachen Nachmittagslicht die Haarnadelkurven hinaufzufahren, während unsere Schatten um uns herumtanzen, macht noch mehr Spaß als heute Morgen. Ich liebe diese Tageszeit am meisten. Durch das perfekte Licht sieht alles noch schöner aus und ich fühle mich sowohl mit dem Motorrad als auch mit der Straße im Einklang. Nach einer abwechslungsreichen Tagestour sind wir zurück in unserer Unterkunft. Manchmal bergen die weniger bekannten Straßen tatsächlich ein besseres Erlebnis als die berühmten.
#Alpen #Italien #Tour
Der Gaviapass ist die zehnthöchste asphaltierte Straße der Alpen und verbindet Ponte di Legno im Süden mit Bormio im Norden. Er liegt vollständig in der Lombardei und demnach streng genommen nicht in den Dolomiten, ist aber nicht weniger spektakulär. Im italienischen Radsport ist die Strecke berüchtigt und gehört seit 1960 zu den schwierigsten Etappen der Giro d’Italia. Seit dieser Zeit war der Gaviapass sechsmal die „Cima Coppi“ (der höchste Pass des Rennens).
Als Motorradfahrer sollte man deshalb damit rechnen, vielen Radfahrern zu begegnen. Die Südseite, auf der sich eine enge Spitzkehre an die nächste reiht, ist über weite Strecken nur einspurig ausgebaut. Deshalb ist Reisebussen die Zufahrt verboten und selbst Autos fahren hier nur selten. Da an vielen Stellen gerade genug Platz für zwei Motorräder bleibt, ist bei Gegenverkehr Vorsicht geboten, was für einige interessante und potenziell herausfordernde Momente sorgt.
Die Zimmer sind günstig, die Ausstattung gehoben, Parkplätze in ausreichender Zahl vorhanden und die Restaurants sind allerhöchstens halb voll. Außerdem ist es auf den Straßen ruhiger. Nur selten sehen wir große Reisebusse.
Auf der Suche nach dem Tor zu Gavia
Heute fahren wir auf unserem Weg zum Gaviapass Richtung Norden, vorbei an dem hübschen kleinen Dorf Dimaro, bevor wir auf die SS42 abbiegen. Die kurzweilige Fahrt auf der dreißig Kilometer langen Hauptstraße führt uns hinauf über den wunderschönen Passo del Tonale (1.884 m), der das Trentino mit der Lombardei verbindet und uns schließlich zu den verwinkelten engen Gassen von Ponte di Legno und zum Beginn des Passes führt. Ein Großteil der Region ist durch die Geschichte des Ersten Weltkriegs geprägt. Auch Ponte di Legno wurde im September 1917 durch österreichisches Kanonenfeuer beinahe dem Erdboden gleichgemacht. Diejenigen, die sich für historische Ereignisse interessieren, können hier ihre Motorräder abstellen und auf den Spuren des Krieges Wanderungen in den Adamello-Brenta-Bergen unternehmen. Geführte Touren zu Festungen und Schützengräben können über www.pontedilegnotonale.com gebucht werden.Wir folgen einer Route, die wir bereits im Voraus geplant haben. Per GPS lassen wir uns durch ein unübersichtliches Labyrinth gepflasterter Nebenstraßen führen. Gerade als wir anfangen, das Vertrauen in die Ansagen der Navis zu verlieren, stoßen wir auf eine kurze Unterführung mit einer verzierten Eisenplatte. Sie markiert den Beginn des Passo di Gavia und kündigt den bevorstehenden Aufstieg auf 2.620 Meter über dem Meeresspiegel an. Es wirkt, als verließe man die Stadt durch ein geheimes Portal, auf das wir ohne gezielte Suche niemals gestoßen wären. Unser Vertrauen in die Technik ist wieder hergestellt. Nach kurzer Zeit ist die Stadt aus den Rückspiegeln verschwunden. Die Straße folgt für einige Kilometer dem glitzernden Licht des kalt aussehenden und sehr passend benannten Flusses Torrente Frigidolfo, bevor sie die ersten Spitzkehren und den Beginn des Passes erreicht.
Bis hierher erinnert er noch an andere italienische Pässe und lässt uns nicht erahnen, was auf uns zukommt. Erst als wir in den Wald eintauchen, verengt sich die Straße schnell zu einem einspurigen kurvigen Pfad. Für die professionell aussehenden Radfahrer, an denen wir immer wieder vorbeikommen, scheint er deutlich besser geeignet als für unsere breiten Adventure Bikes.
Eine herausfordernde Fahrt zu den weißen und schwarzen Seen
Es ist bereits September und die Sonne steht tief am Himmel. Das Licht hüllt uns und die Straße in ein Geflecht aus blitzenden Schatten zwischen den ringsum hoch aufragenden Bäumen. Oft begrenzen Abschnitte von Trockenmauern, die mit einer üppig dicken Schicht aus grünem Moos bedeckt sind, eine Seite der Fahrbahn. Nur sechs enge Spitzkehren später haben wir die Baumgrenze beinahe hinter uns gelassen und finden eine passende Kurve für einen Fotostopp. Von dort aus beobachten wir, wie sich mehrere große Cruiser um die engen Kurven kämpfen, wobei einige der Fahrer offenbar mit sich hadern, ob es nicht besser wäre, umzukehren und eine alternative Route zu suchen.Die spärliche Vegetation an den Hängen kann den bröckelnden Fels kaum davon abhalten, auf die Straße zu stürzen. An vielen Stellen müssen Netze aus Stahlgittern diese Aufgabe übernehmen. Kurz vor dem Gipfel passieren wir einen kurzen dunklen Tunnel. Seit 1954 ersetzt er die ehemalige Straße entlang der Klippe, nachdem ein Militärlaster über die Kante stürzte und zwanzig junge Soldaten in den Tod riss. Auch die verbleibenden Haarnadelkurven entlang des Lago Nero zu unserer Linken sind brüchig und ungeschützt. Stellenweise erweckt die nicht einsehbare Straßenführung den Eindruck, man würde über die nächste Klippe ins Nichts fahren. Dann nimmt die Steigung plötzlich ab, der Asphalt wird besser und wir erreichen die Gebäude der Passhöhe – Zeit für eine Pause auf der Terrasse des Rifugio Bonetta.
Ein rustikales Mittagessen mit Blick auf den Lago Bianco inmitten einer gemischten Schar von Bikern und Radfahrern spendet neue Kraft. Eine der zahlreichen Legenden um die Zwillingsseen Nero und Bianco erzählt von einem schönen Waisenmädchen, das sich in einen jungen Hirten verliebt. Ihr böser Onkel und der Teufel selbst wollen ihre Liebe jedoch vereiteln. Zwar können beide entkommen, werden aber für alle Zeit in Seen verwandelt, die durch den Passo di Gavia getrennt sind. Den Gipfel zieren die üblichen Schilder, darunter ein mit Aufklebern übersätes Passschild. Neben einigen Fahrradskulpturen entdecken wir das Denkmal des Unternehmers und Radsportbegeisterten Tarcisio Persegona, der den Passo di Gavia mehr als 550 Mal mit dem Fahrrad bezwang.
Eine entspannte Fahrt nach Bormio
Nach dem Mittagessen verlassen wir den Parkplatz und passieren den tiefblauen Lago Bianco vor der Kulisse Hunderter Schafe, die von einem einsamen Hirten über den Hang getrieben werden. Es ist eine zeitlose Szene, die mich ein weiteres Mal an die Legende der beiden Seen denken lässt. Eine große Gruppe von Motorradfahrern fährt kurz vor uns ab, also machen wir langsam und genießen den klaren und spektakulären Blick auf die schneebedeckten Gipfel, während wir in Richtung Bormio und den Beginn des Stilfserjochs ins Tal fahren. Nach den Herausforderungen der Auffahrt wirkt die Abfahrt beinahe entspannend, da die Strecke diesseits des Gavia zweispurig ausgebaut ist. Unten angekommen, passieren wir die malerisch gepflasterten, engen Gassen von San Antonio, San Nicolo und Uzza, bevor wir Bormio umfahren und uns auf der SS38 vom Stilfserjoch entfernen.Dieser Abschnitt der Route mit seinen langen Tunneln, die durch kurvige Abschnitte unterbrochen werden, zieht sich. Insgesamt sind es fünf Tunnel mit einer Länge von fast zwanzig Kilometern, wobei der längste Tunnel knapp acht Kilometer lang ist.
Bei Poletta wechseln wir auf die SP25 und die Strecke wird wieder interessanter. Mit zunehmender Höhe entfernen wir uns von Stazzone. Durch einen verworrenen Wald gleicht die Straße einer Feengrotte, die durch das Blätterdach von Blitzlichtern gesprenkelt wird. An der Kreuzung zur SS39 halten wir uns links in Richtung Aprica. Unsere Fahrt durch den moosigen Wald geht weiter, wenn auch auf einer breiteren, zweispurigen Straße. Dabei wundern wir uns, ob manchen Autofahrern überhaupt bewusst ist, dass auf Straßen im Allgemeinen Gegenverkehr herrscht. Immer mehr scheint es zur Norm zu werden, dass sie die Kurven schneiden und uns auf unserer Fahrbahn entgegenkommen.
Achtung! Geschwindigkeitskontrollen!
Mit Fahrtrichtung Osten verwandelt sich die SS39 zu einer schön geschwungenen Klippenstraße mit perfektem Asphalt, die zu zügigem Fahrstil verführt. Den Tacho aus den Augen zu verlieren ist hier jedoch besonders riskant, da die Carabinieri sehnsüchtig auf Unwissende warten, die aus den dunklen Tunneln ins blendende Licht herausschießen.In Edolo biegen wir auf die SS42 nach Norden ein. Die zügige Fahrt durch die Landschaft wird von überfüllten, aber schönen kleinen Städten wie Incudine und Vezza d‘Oglio unterbrochen. Bei Ponte di Legno schließen wir den Kreis und treffen in entgegengesetzter Richtung wieder auf den Passo del Tonale vom Vormittag. Im schwachen Nachmittagslicht die Haarnadelkurven hinaufzufahren, während unsere Schatten um uns herumtanzen, macht noch mehr Spaß als heute Morgen. Ich liebe diese Tageszeit am meisten. Durch das perfekte Licht sieht alles noch schöner aus und ich fühle mich sowohl mit dem Motorrad als auch mit der Straße im Einklang. Nach einer abwechslungsreichen Tagestour sind wir zurück in unserer Unterkunft. Manchmal bergen die weniger bekannten Straßen tatsächlich ein besseres Erlebnis als die berühmten.
#Alpen #Italien #Tour