Übers Erzgebirge kann man locker rüberfahren, also von Sachsen aus kommend nach oben über den Höhenkamm und auf der anderen Seite wieder runter in Richtung Tschechische Republik. Kein Problem, mal eben so zwischen Hüben und Drüben dieses Gebirgszuges zu wechseln, zumal wenn man in Oberwiesenthal sein Standquartier hat. Der Kurort liegt auf 1.000 Metern über Meereshöhe, liegt also fast ganz oben im Erzgebirge und direkt an der Grenze zwischen Deutschland und Tschechien. Die Skischanze neben dem Hotel macht deutlich, wie das Erzgebirge im Winter aussieht. Hoch über dem Ort, auf dem 1.214 Meter hohen Fichtelberg, wacht der Turm des Fichelberghauses. Ein nur wenige Kilometer von Oberwiesenthal entfernter Ort heißt Schneeberg. Warum sich in vergangenen Zeiten dieser Name für einen Ort eingeprägt hat, muss man wohl nicht lange überlegen.
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Trotzdem, dieses Mal wollen wir nicht nur übers Erzgebirge fahren, sondern uns dieses auch von innen anschauen. Zumal dies hier eine lange Tradition hat. Wie der Name sagt, ist das Gestein erzhaltig. Dementsprechend wurde jahrhundertelang hier in den Bergen gebuddelt. Nur wenige Kilometer entfernt vom Hotel, allerdings mitten im Wald und nur auf einem nahezu unbekannten Sträßchen zugänglich, befindet sich der Eingang zum stillgelegten Bergwerk Johannes Stolln. Von Oberwiesenthal aus fahren wir deshalb zum Grenzort Bozi Dar, um dann im Ort nach rechts abzubiegen und im Dörfchen Myslivny nochmals rechts auf dem kleinen Sträßchen Silberstraße („Stribrna Stezka“) weiterzufahren. Dieses Sträßchen darf nicht mit der „offiziellen“ Silberstraße verwechselt werden. Die Namen sind etwas verwirrend, denn die „offizielle“ Silberstraße verläuft weiter nördlich von Annaberg-Buchholz über Schlettau, Scheibenberg und Schwarzenberg nach Schneeberg. Auf diesem netten kleinen Sträßchen von Boží Dar bzw. Myslivny aus in Richtung Zlaty Kopec bleiben wir und fahren bis zu einem großen Plakat, welches auf den Johannesstolln hinweist. Vom 16. bis zum 19. Jahrhundert war das Bergwerk in Betrieb. Zinn, Eisen und Kupfer wurden hier abgebaut. Mehrmals in der Woche ist dieser Stollen für Besucher geöffnet, allerdings nur zu den angegebenen Uhrzeiten: von Ende April bis Ende September täglich um 9.30 Uhr und 12 Uhr, an einzelnen Wochentagen zusätzlich um 14.30 Uhr. Der Gang hinein in den Berg wird also die erste Station unserer heutigen Tour.
Abstieg in die Unterwelt
An der kleinen Hütte vor dem Eingang zum Johannes Stolln angekommen – das Motorrad bleibt 100 Meter weiter vorne stehen, denn die letzten Meter des Weges dorthin sind wirklich nur noch für Fußgänger und Fahrradfahrer geeignet –, bekommen wir wie alle Besucher Schutzhelme, Mäntel als Überhang und einen Scheinwerfer. Auch Stiefel und Handschuhe erhält man an der kleinen Hütte, was wir als Motorradfahrer aber nicht brauchen. Derart standesgemäß ausgestattet für den Aufenthalt unter Tage gehen wir hinauf zum eigentlichen Eingang des Stollens. Im Halbdunkel, spärlich beleuchtet durch einzelne Lampen, gehen wir unter Tage in kühler Luft durch mehrere Kammern. Für uns als Besucher ist diese unterirdische Welt faszinierend. Hier aber sein ganzes Arbeitsleben zu verbringen, diese Quälerei möchten wir uns nicht im Einzelnen vorstellen. Zumal in früheren Jahrhunderten viele Tätigkeiten allein mit Muskelkraft bewerkstelligt werden konnten. Etwa eine Stunde lang bleiben wir in dieser faszinierenden Welt ohne Tageslicht, wobei man aber mit An- und Ablegen der Ausrüstung, dem Weg von der „Eingangshütte“ bis zum eigentlichen Stolleneingang und den Erklärungen vor dem Hineingehen gut zwei Stunden beschäftigt ist. Nach diesem Tageseinstieg in der Unterwelt macht das Motorradfahren noch mehr Spaß als sonst.
Anders als geplant fahren wir nicht nach Bozi Dar zurück, sondern bleiben aufgrund des Tipps eines Mitarbeiters des Stollens auf diesem ultrakleinen Sträßchen auf tschechischer Seite und fahren durch die kleine Siedlung Zlaty Kopec in Richtung des sächsischen Ortes Rittersgrün. Die letzten 300 Meter vor dem Grenzübergang ist die Durchfahrt offiziell gesperrt. Direkt am Grenzübergang, bevor wir auf die deutsche Seite, d. h. auf die Straße zwischen Ehrenzipfel und Rittersgrün kommen, gibt es sogar eine Schranke. Die aber steht offen und anscheinend wird dieser Schleichweg auch regelmäßig von den Bewohnern von Zlaty Kopec genutzt, die nämlich ansonsten an einer Sackgasse wohnen würden. Wir biegen nochmals nach rechts ab zum Bikertreffpunkt Ehrenzipfel und trinken dort einen Kaffee, um dann weiter nach Rittersgrün zu fahren. Das Eisenbahnmuseum in Rittersgrün ist die nächste Station unserer Tour durchs Erzgebirge. Was heute für die Dampfzugnostalgiker ein Eldorado ist, entstand hier vor etwa 150 Jahren, um das „hinterwäldlerische Erzgebirge“ mit der großen weiten Welt zu verbinden. Kurz vor Oberwildenthal führt eine Stichstraße hinauf zum Auersbergturm. Im Gasthaus daneben kann man gut zu Mittag essen. An der Talsperre Eibenstock lädt der Bikertreffpunkt Talsperrenblick zu einer gemütlichen Pause ein. Durch Schneeberg fahren wir weiter in Richtung Norden. Die Burg Stein, bei Hartenstein, nehmen wir nur im Vorbeifahren wahr, denn wir wollen weiter zum Sachsenring. Wenn man diese Tour auf zwei Tage aufteilen kann, würde es sich aber durchaus lohnen, die Burg mit ihrer Waffensammlung zu besichtigen.
Ausklang auf dem Höhenzug
Angekommen am Sachsenring – zwischen Hohenstein-Ernstthal und Oberlungwitz gelegen – kann man sich heute kaum noch vorstellen, dass zu DDR-Zeiten die Rennstrecke durch den Ort Hohenstein-Ernstthal verlief. Allerdings wurde damals nur mit in der DDR gebauten oder importierten Fahrzeugen auf Rennstrecken auch keineswegs so schnell gefahren, wie es heute üblich ist. An der Rennstrecke befindet sich das Fahrsicherheitszentrum Sachsenring. Dort werden auch Fahrsicherheitstrainings für Motorradfahrer mit unterschiedlichen Schwierigkeitsstufen angeboten.
Nach Chemnitz fahren wir deshalb hinein, um diese Stadt mit eigenen Augen zu sehen, die im August 2018 die Schlagzeilen beherrschte. Im Übrigen ist diese Stadt genauso wie fast immer, wenn man mit dem Motorrad unterwegs ist: Für alle, die einen Stadtbummel und vielleicht etwas essen mögen, ist eine Fahrt in die Innenstadt nett. Ansonsten eher nicht. Auf kleinen Sträßchen fahren wir zurück nach Süden in Richtung von Oberwiesenthal. So wie wir ihn begonnen haben, lassen wir den Tag mit einer Fahrt über den Höhenkamm des Erzgebirges und mit kleinen Straßen in Tschechien ausklingen. Bei Bärenstein bzw. Veyprty überqueren wir die Grenze, touren entlang des Stausees Vodri Nadrz Prisecnice und erklimmen dann den Höhenzug. Noch einmal kurz hinauf ganz nach oben, auf den Fichtelberg, dann zurück nach Oberwiesenthal und hier nehmen wir den Einkehrschwung ins Hotel.
Motorradtour Über und unter dem Erzgebirge – Infos
Übers Erzgebirge kann man locker rüberfahren, also von Sachsen aus kommend nach oben über den Höhenkamm und auf der anderen Seite wieder runter in Richtung Tschechische Republik. Entlang der deutsch-tschechischen Grenze erkunden wir das Erzgebirge über und unter Tage.
Allgemeine Infos
Das Erzgebirge ist ein Höhenzug, der entlang eines Teils der Grenze zwischen dem deutschen Bundesland Sachsen und der Tschechischen Republik verläuft. Eine Besonderheit im Erzgebirge sind die diversen Bergwerke, die man besichtigen kann. Ebenfalls sehr interessant sind die Eisenbahnmuseen und mehrere Schmalspurbahnen, die heute vor allem touristischen Zwecken dienen. Auf tschechischer Seite ist das Straßennetz weniger gut ausgebaut, aber mit wenigen Ausnahmen durchgehend asphaltiert. Essen gehen in Tschechien kostet ungefähr die Hälfte bis zwei Drittel dessen, was man in Deutschland bezahlen würde. Obwohl Tschechien Teil der EU ist, wurde der Euro noch nicht eingeführt. Im grenznahen Gebiet kann aber in aller Regel auch mit Euro bezahlt werden und man bekommt auch Rückgeld wieder in Euro.
Anreise
Startpunkt der Tour liegt in unmittelbarer Nähe der Autobahnausfahrt A81 Empfingen. Bei der Anreise aus dem Süden Deutschlands kann die Fahrt durch Tschechien sinnvoll sein. Man ist aber langsamer unterwegs, als wenn man über deutsche Autobahnen fährt.
Beste Reisezeit
Das Erzgebirge ist um die 1.000 Meter, der Fichtelberg um 1.200 Meter hoch. Insofern sollte man eher in der warmen Jahreszeit von Mai bis Oktober dorthin fahren.
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