Während des Landeanfluges fragt mich meine Sitznachbarin „Ist das dein erster Besuch in der Mongolei?“ Immer wieder haben wir uns während des Fluges angelächelt. Sie hat die natürliche Schönheit der Nomadenvölker, ihr Englisch klingt vorsichtig und fremd. „Ja“, erwidere ich und schenke ihr ein Lächeln, „seit Jahren wollte ich schon in die Mongolei kommen, jetzt ist es endlich so weit.“ „Du wirst mein Land lieben. Es ist wunderschön.“ Mehr sagt sie nicht. Mehr bedarf es auch nicht.
Ulaanbaatar – die Hauptstadt der Mongolei
Als ich aus der Passkontrolle komme, sehe ich sie wieder. Sie scheint auf mich zu warten. „Ich warte auf dich, ich helfe dir, ein Taxi zu finden“. Als wäre es das Normalste der Welt. Die höfliche Widerrede meinerseits schüttelt sie lächelnd ab. Also gehen wir gemeinsam zum Gepäckband und ich stelle ihr meinen Travel Buddy Miguel vor. Dass unsere Taschen über eine Stunde auf sich warten lassen, stört uns deutlich mehr als sie. Oyun (wir wissen mittlerweile ihren Namen) strahlt eine unglaubliche Ruhe und Gelassenheit aus und wir verfallen in ein tiefes Gespräch. Irgendwie habe ich das Gefühl, in ihr meine erste mongolische Freundin gefunden zu haben. Bis heute bin ich mit der jungen Anwältin aus Ulaanbaatar in Kontakt. Irgendwann sitzen wir dank Oyuns Hilfe tatsächlich in einem privaten Taxi und fahren zum Basiscamp unserer Motorradtour. Ein wenig bin ich über folgende Dinge erstaunt. Erstens, dass wirklich all unsere Taschen in den winzigen 3-Türer gepasst haben. Zweitens, wie viele Elektroautos und Plug-in-Hybride wir auf Ulaanbaatars Straßen sehen, und drittens, dass unser Fahrer allen Ernstes in voller Lautstärke Scorpions mit „Wind of Change“ spielt. Wobei das Lied durchaus zum omnipräsenten Ostblockcharme der grauen Betonwohnblöcke und dem allgemein eher tristen Straßenbild der russisch angehauchten Metropole passt.
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Doch so wenig liebevoll dieser erste Blick auf Ulaanbaatar doch ist, so haben wir durch Oyun und unseren freundlichen Taxifahrer (auch wenn dieser kein Wort Englisch spricht) schon einen sehr positiven Eindruck von diesem Land. Das Basiscamp liegt vor den Toren Ulaanbaatars, inmitten einer sanften Hügelkette, fernab der grauen Stadt. Die traditionellen Ger-Zelte strahlen im warmen Abendlicht mit den perfekt aufgereihten R 1200 GS um die Wette. Was für ein faszinierendes Willkommensbild. Am liebsten würde ich sofort aufsteigen und mit Dschingis Khan ins Abendrot aufbrechen, er auf seinem wilden Gaul, ich auf meiner GS.
Auf den Spuren der BMW GS Trophy
Wir sind in der Mongolei zur „Follow the Trails“-Tour der internationalen BMW GS Trophy. Seit Jahren juckt es mich gewaltig, diese legendäre Challenge einmal mitzufahren. Da ich aber bis letztes Jahr bei BMW gearbeitet habe, durfte ich bis dato nicht in die Qualifikation. Da kam die Möglichkeit, dieselbe Strecke im Rahmen der „Follow the Trails“-Tour nachzufahren, gerade recht. Und so sind wir nun in der Mongolei! Nachdem wir unsere geräumige Jurte bezogen haben, machen wir uns auf, die anderen Teilnehmer und das Team zu begrüßen. „Servus“, sage ich, als wir das große Gemeinschaftszelt betreten. Vielleicht nicht die üblichste Art der Begrüßung in der Mongolei, aber das Lächeln, das mir die zwei sympathischen Herren in GS-Shirts entgegenwerfen, zeigt, dass sie des Bayerischen durchaus mächtig sind. Patrick ist der Veranstalter der „Follow the Trails“ und Chris der toureigene Arzt aus dem Münchener Süden. Irgendwie hatte ich nicht damit gerechnet, einen eigenen Arzt dabeizuhaben, aber beim Motorradfahren in so entlegenen Gegenden mit eher mauer medizinischer Versorgung eigentlich eine gute Idee. Ein Kaltgetränk später haben sich die restlichen Tourteilnehmer zu uns gesellt. Spätestens bei den Namen wird uns eines klar: Miguel und ich sind inmitten einer Gruppe Franzosen und französischer Belgier gelandet, oh mon dieu! So wird mein „Servus“ in Sekunden Schnelle zum „Salut“ und statt „Prost“ und „Gute Fahrt“ sagen wir wohl die nächsten Tage eher „Santé“ und „Bonne route!“. Oh, là là … Zumindest sind als Instruktoren noch der Michi aus Oberbayern und der Miles aus Australien sowie ein weiterer Teilnehmer, der Jürgen, aus Deutschland dabei – eine gewisse Balance muss schon sein.
Am nächsten Morgen geht es endlich los. Unsere ersten Motorradkilometer im Land der Erben Dschingis Khans! Knapp 450 km hält der Tag für uns bereit und eine gute Mischung aus Straße, Schotter und Gelände. Bereits wenige Kilometer ins Landesinnere hinein wird uns klar, was es mit der sagenumwobenen Weite der mongolischen Steppe auf sich hat. Das Land ist nicht nur überwältigend schön und überwältigend leer, sondern auch überwältigend groß und weit. Die Schotterpisten erstrecken sich häufig bis tief in den Horizont hinein. Wir sehen nichts als unendliches Grün und spüren die Freiheit der Nomaden, deren traditionelle Ger-Zelte gelegentlich das Bild bereichern. Mit einem riesigen Lächeln im Gesicht gebe ich Gas, der Hinterreifen schwänzelt voller Begeisterung und der Schotter fliegt nur so dahin – Mongolei, du hast mich schon jetzt in deinem Bann! Nach einem erlebnisreichen ersten Fahrtag genießen wir ein kühles und sehr schmackhaftes lokales Bier.
Keine Gourmetreise mit kulinarischem Fokus
Was wir leider vom Abendessen nicht behaupten können. Na ja, kühl ist es schon, aber genießen können wir es eben nicht. Vielleicht sind wir einfach auch zu kritisch, Bandscheibe vom Hammel ist doch eigentlich ganz etwas Feines oder täusche ich mich da? Aber ich will nicht respektlos gegenüber unserem Gastgeberland klingen, in den folgenden Tagen bekommen wir häufig genug ausgezeichnete Gerichte vorgesetzt. Es ist nur einfach so, dass die Mongolen gerne strengen Hammel essen und auch gerne Teile des Tieres verarbeiten, denen wir Mitteleuropäer nicht mit ausreichender Offenheit gegenüberstehen. Man muss eben wissen, dass die Mongolei nicht zu jenen Reiseländern gehört, in die man eine Gourmetreise mit kulinarischem Fokus bucht.
Die Mongolei zieht uns in ihren Bann
Umso mehr genießen wir die Vielfältigkeit der Landschaft. Die Weite. Die Ruhe. Die Einsamkeit. Die überwältigende Natur. Die authentischen Ger-Camps, in denen wir übernachten. Die klaren Sternenhimmel. Die wilden Kamelherden. Die galoppierenden Pferde. Die freundlichen Menschen, die wir unterwegs kennenlernen. Die dramatischen Sonnenuntergänge. Die Wüste Gobi. Die faszinierende mongolische Musik mit ihren sonderbaren, aber unter die Haut gehenden Kehlkopf-Gesängen. Die lachenden Kinder, die sich von Herzen freuen, wenn wir inmitten der einsamen Weite an ihrem Zelt anhalten, uns zu ihnen setzen und gegenseitig versuchen, die unaussprechlichen Namen auszusprechen.
Die genialen Motorradstrecken. Die Sandbetten. Die Schotterpassagen. Die Anstiege. Die Weitblicke. Die Täler. Die Canyons. Die Wüste. Die Sanddünen. Die Flußdurchfahrten. Die Schokoriegel, die uns das mongolische Begleitteam immer wieder zwischendurch anbietet, sowie die tollen Menschen, mit denen wir diese Tage erleben dürfen. Auch wenn es nach wie vor sonderbar ist, inmitten der Mongolei konstant zwischen Bayerisch, Französisch und Englisch hin und her zu wechseln. Aber was tut man nicht alles zur allgemeinen Völkerverständigung.
Trotz der Abgelegenheit der Route und der bekanntlich schlechten medizinischen Versorgung in der Mongolei hatten viele Teilnehmer nicht erwartet, einen privaten Arzt auf dieser Tour dabei zu haben. Dennoch waren wir alle dankbar, dass „Chris the Doc“ bei uns war. Seine (not-)ärztliche Erfahrung haben wir leider das ein oder andere Mal tatsächlich gebraucht. Jetzt ist es immer so eine Sache, über Unfälle beim Motorradfahren zu sprechen. Keiner tut es gerne und irgendwie hat es einen faden Beigeschmack. Also lasst uns den Fokus weniger auf den Unfall an sich setzen, sondern vielmehr auf die Bereicherung, die ein Notfallmediziner in so einer Situation darstellt, gerade wenn man mit dem Motorrad unterwegs ist und sich in einer so entlegenen Gegend befindet wie der tiefsten Mongolei. Neben diversen kleineren Blessuren gibt es beispielhaft zwei Situationen, an denen sich zeigt, wie unterschiedlich die Verletzungsursachen auf so einer Tour sein können. Unfall Nummer eins, total skurril: Miles, einer unserer Tourguides, begnadeter Motorradfahrer und Tourguide, rutscht abends unglücklich in der nassen Dusche aus und schlägt mit dem Unterarm auf die Metallkante der Badezimmertür. So steht Miles Minuten nach dem Stunt in der Dusche mit den Worten vor uns „Do you wanna hear the good news first or the bad news … I can ride, but I have a deep, bleeding cut in my lower arm“. Das Ergebnis des Ausrutschers ist eine lange und tiefe Schnittwunde, die im Wüstencamp mit einer Naht versorgt werden muss. Unfall Nummer zwei, total peinlich, weil ich an dieser Stelle zugeben muss, dass ich das Opfer bin: hügelige Region, sandige Strecke durchsetzt von Gesteinsbrocken, vermutlich einen Tick zu schnell unterwegs und schon verkantet es mir komplett das Vorderrad. Natürlich ist es nicht prickelnd, verletzt im mongolischen Ziegendreck am Ende der Welt zu liegen und zu wissen, dass irgendetwas kaputt ist. Aber man stelle sich vor, verletzt und ohne ärztliche Betreuung, mit diesem Wissen im mongolischen Ziegendreck am Ende der Welt zu liegen. Ich bin auf jeden Fall äußerst dankbar, dass ich in dieser Stunde nicht allein bin, sondern einen Arzt an meiner Seite habe, der weiß, was zu tun ist. Nachdem ich erstversorgt, so weit stabil und wieder am Lächeln bin, fahren wir gemeinsam mit Chris und Patrick ins nächstgelegene Lokalkrankenhaus. Dalanzadgad ist der Name der Stadt, wie man das richtig ausspricht, ist mir nach wie vor schleierhaft. Dort betreut uns nicht nur der diensthabende Chirurg, sondern gleich noch ein Bataillon an Krankenschwestern, Assistentinnen, Helfern sowie deren Kids. Richtig, deren Kids. So ist meine offizielle Lieblingsärztin hiermit eine vierjährige Mongolin, die mit äußerster Akribie gemeinsam mit mir die Röntgenaufnahmen von meinem Tossy II und dem Rippenbruch begutachtet.
Sprachbarrieren waren kein Problem
Dass im Krankenhaus keiner auch nur ein Wort Englisch spricht, ist eigentlich kein Problem – mit einem kleinen Wörterbuch, viel gutem Willen und der internationalen Sprache der Weltoffenheit kommen wir alle relativ gut miteinander klar. In einem fremden Land verletzt und ohne Sprachkenntnisse in ein Krankenhaus zu kommen, ist sonst vermutlich bei Weitem nicht so entspannt. Langer Rede kurzer Sinn, ich glaube fest an die Sinnhaftigkeit eines begleitenden Tourarztes und kann mittlerweile leider aus eigener Erfahrung berichten, wie viel die Anwesenheit eines ausgebildeten Notarztes wert ist und welchen großen Unterschied es für den Verletzten macht.
Weiter ging es im Begleitfahrzeug
Für mich war die Motorradtour mit den Blessuren natürlich beendet. Dennoch war es nicht das Ende der Welt, denn ich nach wie vor weiter dabei sein, die Strecke erleben, wilde Kamelherden bewundern, die sagenhafte Landschaft sehen, in den landestypischen Ger-Camps übernachten und Feuer machen, um nachts nicht zu frieren, die Folklore-Aufführung miterleben, die Red Cliffs bestaunen, einem Adler tief ins Auge blicken, die Klosteranlage auf den Ruinen der ehemaligen Hauptstadt des Reiches Genghis Khans besuchen, mit ein paar lokalen Kids in einem entlegenen Kaff um die Wette Eis essen und vieles, vieles mehr. Natürlich kann ich nicht abstreiten, dass es verdammt wehgetan hat, all dies nicht auf zwei Rädern erleben zu können und ganze vier Tage Offroad-Fahren in diesem sagenhaften Land verpasst zu haben. Alles in allem also eine leicht getrübte, aber dennoch unvergessliche „Follow the Trails“-Tour. Nächste Saison bin ich auf jeden Fall wieder mit dabei!
Motorradtour Mongolei – auf den Spuren der GS Trophy – Infos
Wir sind in der Mongolei zur „Follow the Trails“-Tour der internationalen BMW GS Trophy. Seit Jahren möchte ich diese legendäre Challenge einmal mitzufahren.
Allgemeine Infos
Eingebettet zwischen Russland und dem Norden Chinas liegt die Mongolei mit ihrer schier endlos weiten Landschaft und den sanften Bergketten inmitten des zentralasiatischen Kontinents. Mit rund 3,2 Millionen Einwohnern auf einer Fläche von 1,5 Millionen Quadratkilometern besitzt sie somit die geringste Bevölkerungsdichte der Welt. Doch nicht nur ihre seine menschenleere Steppe kann die Mongolei begeistern.
Klima Die Lage im zentralasiatischen Hochland, weit entfernt von der ausgleichenden Wirkung der Weltmeere, beschert der Mongolei ein extrem kontinentales Klima. Es ist durch lange, arktisch kalte und trockene Winter und durch feuchtere, warme, teilweise heiße Sommer gekennzeichnet. Frühling und Herbst dauern nur wenige Wochen.
Sehens- und erlebenswert Die Mongolei hat beinahe endlos viele Naturspektakel zu bieten. Ob Tsetseegum – der heilige Gipfel, den man schon von der Hauptstadt entdecken kann – oder den Nationalpark Gobi-Gurvansaikhan, der mit seinen riesigen Dünen und einem ganzjährig mit Schnee und Eis bedeckten Tal fasziniert.
Anreise
Auf dem Luftweg lässt sich die Hauptstadt Ulaanbaatar bequem von Berlin aus erreichen.
Beste Reisezeit
Die beste Reisezeit für eine Mongolei Reise liegt in den Monaten von Juni bis September.
Verpflegung
Im Wesentlichen geprägt durch Fleisch und Fisch basiert die mongolische Küche größtenteils auf den Erzeugnissen der Tiere der Nomaden. In den ländlichen Regionen ist einfaches, gekochtes Schaffleisch ein beliebtes Gericht. Im urbanen Bereich werden vor allem fleischgefüllte Teigtaschen, sogenannte Buuds, angeboten.
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