Nach über 60 Jahren erster Maifisch in der Mosel”, lautete kürzlich die Überschrift in den Lokalzeitungen zwischen Koblenz, Trier und Luxemburg und verdrängte sogar die weltpolitischen Nachrichten von der Titelseite. Seit den 1940er-Jahren war die bis zu 70 cm große und an einen Hering erinnernde Alse ausgestorben. Der zum Laichen aus dem Meer die Flüsse hinaufwandernde Fisch ist nun wieder an die Mosel zurückgekehrt. Und vor mir steht ein voller Teller frittierter Moselfische und verursacht Gewissensbisse statt Lust aufs Essen. Doch schnell werde ich von der Bedienung im Restaurant „Saint-Martin” in Remich aufgeklärt, dass ich nicht dabei bin, die sich gerade erst wieder ausbreitende Maifisch-Population gleich wieder zu vernichten. Bei meinen Flossentieren handelt es sich um Rotaugen, eine beliebte Spezialität an der Obermosel. Die kleinen Moselfische werden in Fett gebacken, müssen möglichst alle gleich lang sein und extrem heiß frittiert werden. Serviert wird die Vorspeise mit Brot, der Kenner isst ihn übrigens mit Haut und Gräten und trinkt dazu ein Glas trockenen Riesling – oder einen leckeren Crémant. Isabelle Gales von den Caves St.-Martin hatte mich vor dem Essen durch den einzigen unterirdischen Weinkeller auf der luxemburgischen Seite der Mosel geführt und natürlich auch den leckeren Schaumwein probieren lassen. Über einen Kilometer lang sind die Gänge, vollgestellt mit Fässern, Edelstahltanks und den Holzgestellen für die Lagerung des nach der Champagner-Methode gekelterten Crémants.
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Mit Essen und Trinken kann man sich in Luxemburg gut aufhalten, insbesondere in den Ortschaften an der Mosel, die über eine Länge von 39 Kilometern der Grenzfluss zu Deutschland ist. Von einer Landesgrenze bemerke ich allerdings wenig, man fährt, ohne es zu bemerken, von einem Land ins andere. Zu verdanken haben wir dies dem Abkommen von Schengen. In der kleinen Gemeinde, nur wenige Kilometer von Remich entfernt, wurde 1985 der Vertrag über den Wegfall von Grenzkontrollen unterzeichnet. Im Schlosspark und im benachbarten Europäischen Museum kann man den Hauch der Geschichte einatmen. Ich allerdings ziehe die frische Landluft zwischen den Weinbergen und auf dem Weg in die Mitte des Landes erst einmal vor. So klein Luxemburg auch ist, die Landschaft präsentiert sich überraschend weitläufig, sehr hügelig und von Wiesen und Weiden geprägt, lediglich von einzelnen Waldgebieten unterbrochen. Der Blick reicht bis zum Horizont, die dicht am Straßenrand stehenden Platanen verlangen allerdings ein gewisses Maß an Aufmerksamkeit. So viele Alleenstraßen wie hier gibt es bei uns nicht mehr. Anstatt sie abzusägen, haben die Luxemburger einfach Schilder für unachtsame Zweiradfahrer aufgestellt, um auf das Gefahrenpotenzial hinzuweisen. Spaßig ist die Kombination mit den Warnhinweisen zur Zeit der Krötenwanderung: Wer soll da eigentlich nicht überfahren werden?
Das Europäische Museum in Schengen lässt uns die geschichtsträchtige Vergangenheit spüren
Die Einheimischen nennen ihre Hauptstadt einfach „D’Stad”. Im dreisprachigen Großherzogtum ist das ganz praktisch, so muss man sich nicht zwischen Ville de Luxembourg (französisch), Stad Letzebuerg (luxemburgisch) und Stadt Luxemburg (deutsch) entscheiden. Außer man zieht den Spitznamen „Gibraltar des Nordens” vor, weil der in der Sonne hell leuchtende Felsen, auf dem im Jahr 963 eine Festung erbaut worden ist, genauso mächtig und uneinnehmbar aus dem Tal des Flüsschens Alzette in den Himmel aufragt. Übrigens: Mit Portugiesisch käme man auch weiter, denn rund ein Drittel der Bevölkerung besitzt iberische Wurzeln. Das gilt ebenso für Gemeinden wie Clervaux oder den Grenzort Echternach.
Die Landschaft, geprägt von Wiesen, Hügeln und Weiden, präsentiert sich weitläufig
Wunderschöne kleine Gassen in der Hauptstadt
Die Fahrt aus der Unterstadt hinauf in die Altstadt durch kleine Gassen und entlang des senkrecht abfallenden Felsens mit seinen 23 Kilometer langen, in den Fels gehauenen Höhlen und Gängen ist ein echtes Erlebnis. Über einige Serpentinen erreicht man durch die Hintertür den Zugang zum mittelalterlichen Zentrum. An der Schlossbrücke vor der Altstadt kann man die zum UNESCO-Weltkulturerbe zählende Festungsanlage bei einer Führung näher in Augenschein nehmen. Von hier hat man auf der einen Seite einen tollen Blick ins Alzette-Tal und auf die Skyline der Stadt sowie auf der anderen Seite auf das imposante aus dem 19. Jahrhundert stammende Eisenbahn-Viadukt „Passerelle”, das das Tal des Flüsschens Pètrusse überquert. Dahinter liegt auf dem Kirchberg-Plateau das moderne Luxemburg mit der futuristisch anmutenden Philharmonie, einigen EU-Verwaltungshochhäusern aus Glas und Beton sowie das sehenswerte Musée d'Art Moderne Grand-Duc Jean, kurz „Mudam” genannt. Kaum habe ich D’Stad hinter mir gelassen, tauche ich in eine ganz andere Welt ein, ursprünglich, naturbelassen und wildromantisch. Die „Kleine Luxemburger Schweiz” liegt westlich von Echternach. Ein Paradies für Kurvenwedler, was man an den verstärkt auftretenden Biker-Gruppen feststellt, die aus Deutschland, Belgien und Holland anreisen. Mit meinem Dreirad-Scooter werde ich von den Big-Bikern zwar nicht ganz ernst genommen, aber auf den kurvigen Sträßchen wundern sie sich dann doch, dass sie mich dank meiner Schräglagenfreiheit nicht so richtig abschütteln können.
Selbst, wenn es mal regnet – ausgerechnet wenn ich komme! –, besitzt die als Mullerthal bezeichnete Region eine besondere, unheimliche Ausstrahlung. Bizarre Felsformationen mit Namen wie Goldkaul, Eulenburg und Ramely klingen nicht nur so, als stammten sie aus Mittelerde, sie gehen häufig auf alte Legenden, Sagen und Mythen zurück. Eine passende Kulisse für den Film „Herr der Ringe” hätte der „Schiessentümpel” abgegeben, ein malerischer Wasserfall an der Schwarzen Enz. Das Wasser schießt in drei Strömen über eine Felskante in ein darunterliegendes Felsbassin, um dann seinen Verlauf in Richtung der Ortschaft Mullerthal fortzusetzen. Mit der idyllischen Brücke aus Stein und Holz, den umliegenden Felsen und der üppigen Vegetation ist der Schiessentümpel eines der beliebtesten Ausflugsziele in der Region Mullerthal – und ein Highlight für Fotografen. Gerade im Tal der Schwarzen Enz könnte man den ganzen Tag hin und her fahren.
Luxemburg wurde im Jahr 2007 zur Kulturhauptstadt Europas gewählt
Nahezu unwirklich erscheint in dem ansonsten kaum vom Sonnenlicht durchdrungenen Waldgebiet in einer lang gezogenen Kurve die Ruine von Schloss Beaufort. Die mächtige Burganlage ist so etwas wie das Wahrzeichen im Mullerthal – sie kann besichtigt werden, inklusive Folterkeller. Mit Burgen und Schlössern ist Luxemburg reich gesegnet. Besonders entlang der Flüsse Sauer und Our stößt man auf einige der großteils gut erhaltenen Anlagen wie in Esch-sur-Sure, Bourscheid oder in Useldange. Über kurvenreiche, einspurige Nebenstraßen schlängele ich mich durch idyllische Landstriche immer bergauf und bergab. Die vielleicht spektakulärste Strecke führt von Kautenbach über Alscheid, Wilwerwiltz und Munshausen nach Clervaux: Ich komme mir vor wie in den Alpen, über zahlreiche Serpentinen klettert der schmale Weg aus dem Ort immer weiter hinauf, als wollte er das Timmelsjoch erklimmen. Einfach herrlich! Das gilt auch für den Blick vom kleinen Aussichtspunkt oberhalb von Clervaux. Die überschaubare Ortschaft wird überragt vom weiß angestrichenen Schloss mit seinen schwarz bedachten Rundtürmen. Die eigentliche Attraktion der Anlage aber ist die Foto-Ausstellung „Family of Man” des ehemaligen Kurators des Museums für Moderne Kunst MOMA in New York, Edward Steichen. Der gebürtige Luxemburger hatte die Ausstellung mit 503 Schwarz-Weiß-Fotos von 273 Fotografen aus 68 Ländern erstmals 1955 im MOMA präsentiert. Bis 1964 zog sie weltweit über neun Millionen Besucher in ihren Bann. Danach schenkten die USA die Fotos dem Land Luxemburg, so wie es sich Steichen gewünscht hatte. Nach der Restauration sind die beeindruckenden Fotos, die ein Manifest für den Frieden und die Gleichheit der Menschen darstellen sollen, jetzt im Schloss von Clervaux zu bestaunen.
Die Foto-Ausstellung im Schloss ist die eigentliche Attraktion
Der Weg von Clervaux nach Vianden gleicht einer Rennstrecke
Fast ein Katzensprung ist es von Clervaux nach Vianden, allerdings einer, der wie eine Rennstrecke ausgebaut ist und noch einmal zum Ausloten der maximalen Schräglage einlädt. In Vianden lege ich neben der einzigen Sesselbahn Luxemburgs einen Kaffeestopp im gemütlichen „Chalet Télésiege” ein, das an eine österreichische Skihütte erinnert. Von der Terrasse aus, die direkt am Grenzfluss Our liegt, genieße ich die Aussicht über das Wasser auf die imposante Burganlage, die nahezu vollständig restauriert wurde und zu den bedeutendsten Baudenkmälern Europas zählt. Mit dem letzten Schluck Café au Lait rufe ich kurz zu Hause an, um mich schon mal anzukündigen. „Schön”, höre ich von der anderen Seite der Leitung meine Frau, „ich habe übrigens zwei Kisten Crémant bestellt. Die Dame von der Kellerei hat sich an dich erinnert. Du musst nur noch das Geld überweisen.” Das hat man davon, wenn man von unterwegs erzählt, wie gut einem der Schampus an der Mosel schmeckt. Gott sei Dank habe ich nichts von dem bezaubernd im Wald gelegenen Restaurant „Ecurie du Parc” etwas oberhalb von Clervaux erzählt. Dann käme mich mein nächster Ausflug ins kleine, aber feine Luxemburg nämlich noch teurer zu stehen.
Malerisch im Wald gelegen: Burg Vianden
Motorradtour Klein und fein: Luxemburg – Infos
Luxemburg könnte man mühelos in einer Stunde durchfahren – was allerdings schade wäre. Das Großherzogtum besitzt abseits der Durchgangsstraßen jede Menge herrlich kurvige Zwei- und Dreiradstrecken durch eine idyllische Landschaft mit mittelalterlichen Burgen und einsamen Flusstälern.
Allgemeine Infos
Das Großherzogtum Luxemburg ist nach dem Inselstaat Malta das zweitkleinste Flächenland der Europäischen Union. Es misst 82 km von Norden nach Süden sowie 57 km von Osten nach Westen, das scheint nur ein begrenztes Motorradrevier zu sein. Dennoch kann man mehr als 300 kurvige Kilometer durch das Land fahren, ohne eine Straße zweimal benutzen zu müssen. Unmittelbar hinter den Grenzübergängen kann es vor den ersten Tankstellen zu längeren Staus kommen, da das Benzin in Luxemburg deutlich günstiger ist als in Deutschland.
Sehens- und erlebenswert
Ein beschaulicher Abschnitt bei der Tour durch Luxemburg ist die Fahrt entlang der Mosel. Kurz vor Ettelbrück zweigt die Landstraße 27 ins Tal der Sauer (Sure) ab. Zwischen Erpeldingen und Heiderscheidergrund folgt die Straße exakt dem kurvenreichen Flusslauf. Der Abschnitt zählt zu den schönsten Motorradstrecken in Luxemburg. Empfehlenswert ist dabei ein kurzer Abstecher hinauf zur Burg Bourscheid und wieder zurück an die Sauer – Kurven, Kurven, Kurven. Esch-sur-Sûre gehört sicher zu den am meisten besuchten Ortschaften des Landes. Von hier aus bietet sich eine herrliche Rundtour um die zum See aufgestaute Sauer an. Die Strecke ist nur wenig befahren und zeigt das Land von seiner grünen Seite, mit ausgedehnten Wäldern und weiten Wiesen.
Die schnellste Anreise nach Luxemburg erfolgt über Trier aus dem Nordosten kommend über die A1 bzw. A64. Aus dem Süden wählt man am besten die A8 bzw. A13. Für den Motorradfahrer immer wieder reizvoll ist aber auch die Anreise über die kurvigen Straßen der Eifel oder des Hunsrück.
Beste Reisezeit
Beste Reisezeit sind die Sommermonate mit angenehmen Temperaturen. Im Frühjahr zwischen April und Juni blüht die Landschaft auf und auf den Straßen ist noch nicht allzu viel los – außer vielleicht bei schönem Wetter an den Wochenenden. Im Herbst sorgt die Laubverfärbung für zusätzliche Farbtupfer und eine sehr romantische Stimmung.
Verpflegung
Die Küche in Luxemburg ist, der geografischen Lage geschuldet, von französischen und deutschen Einflüssen geprägt. Zahlreiche Gerichte haben ihren Ursprung in der gut bürgerlichen deutschen Küche, die mit der Aufwändigkeit der feinen französischen Cuisine kombiniert ist.
Als typisch einheimische Speisen gelten Kochkäse, Bouneschlupp (Schnittbohnen-
suppe), Kniddlen (Mehlknödel), Gehäcks (Innereien) oder Judd mat Gaardebounen (Kochschinken mit Ackerbohnen und Bratkartoffeln). Empfehlenswert ist in den meisten Lokalen im ganzen Land das Plat du jour, ein günstiges Mittagsgericht oder kleines Menü, das zum Preis zwischen 10,-- und 15,-- Euro zu bekommen ist.
Motorräder:
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