Seit 4 Tagen fahre ich ununterbrochen bei Regen und Temperaturen unter 10°C über Schotterpisten in Island, Seitenwinde von bis zu 70 km/h versuchen, mich von der Strecke zu pusten, die Nerven liegen blank, während Zentraleuropa im Sommer 2022 unter einer gigantischen Hitzewelle leidet. Unvorstellbar am Polarkreis, als mich der Anruf meiner italienischen Freunde erreicht: „Fahr‘ mit uns die Hardalpitour von Pavia nach Sanremo, da können wir endlich mal wieder zusammen Spaß haben!“
Vier verschiedene ADV-Bikes zum Testen!
Jede andere Wetterlage als die, die ich gerade auf der Atlantikinsel erlebe, ist mir zum Fahren lieber, deshalb nehme ich die Einladung gerne an. In unserer Gruppe mit 4 Fahrern gäbe es demnach neben meiner KTM 890 ADV noch eine Triumph Tiger 900 Rally Pro, eine Ducati DesertX und eine KTM 890 ADV in der R-Version. Eine super Gelegenheit also, um verschiedene Adventure-Bikes mit 21"-Vorderrad auf den 500 km on/off zwischen Pavia in der Poebene und Sanremo am Mittelmeer zu testen.
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Start zur ersten Etappe direkt im Schatten der mittelalterlichen Stadtmauer „Mura spagnole“ im Zentrum von Pavia Es ist die vierte Ausgabe der Hardalpitour Pavia-Sanremo, seit fast 3 Jahren nehme ich an den Marathonveranstaltungen von Over 2000 (siehe Infoteil) in Italien teil und die Freundlichkeit und das Lächeln des Personals zusammen mit meinen zahlreichen Motorradfreunden haben dazu geführt, dass die HAT für mich zu einer großen Familie geworden ist. Bei der Anmeldung im Schatten der alten Stadtmauern von Pavia nehmen die Begrüßungen von Freunden und Fahrern aus verschiedenen europäischen Ländern kein Ende.
Freundliche Atmosphäre bei der Anmeldung und am Start, man kennt sich inzwischen seit Jahren Unter den 188 Teilnehmern sind 35 ausländische Fahrer, darunter meine beiden deutschen Freunde Andy Schwietzer und Bernd Albert, die auf 40 Jahre alten BMW R 80 G/S an den Start gehen. Es sind die einzigen wirklich alten Motorräder und sozusagen die Großmütter aller anderen teilnehmenden ADV-Bikes, die am Samstagmorgen unter dem Startbogen auftauchen.
Tiefflug durch Staubwolken in der Poebene
Staub gab es im Dürrejahr 2022 ohne Ende Nach einige Kilometern auf geteerten Landstraßen verläuft die Strecke über extrem staubige Schotterpisten auf den Dämmen, die den Fluss Po' begrenzen. Dichte weiße Staubwolken verdecken die zum Teil tiefen Schlaglöcher, die durch die (inzwischen trockenen) Pfützen entstanden sind. Oft kommt man sich vor wie auf einem Waschbrett des amerikanischen Supercross, wo das Motorrad mit hohem Tempo auf und ab geht. Besser, etwas den Hahn zu schließen, immerhin sind wir nicht bei einem Rennen und es hat wirklich keinen Sinn, Risiken einzugehen bei einer Veranstaltung, deren einzige Belohnung das gemeinsame Erleben eines schönen Motorradabenteuers ist. Wer zu schnell in den Kurven ankommt, riskiert wirklich einen freien Fall von 10 Metern Tiefe vom Damm bis auf die darunterliegenden Äcker.
Zwischendrin immer wieder grundlos tiefer Schotter und lose Steine, die das Fahren mit den 200 kg schweren Adventure-Bikes anspruchsvoll machen. Zwischen den hochgewachsenen Maisfeldern geht es in wie in einem Tunnel durch eine mehrere Kilometer dicke Wand aus weißem Pulver, das ohne Wind nicht abzieht. Zum Glück gibt es unter den Teilnehmern von Pavia-Sanremo genug Disziplin: Die Heizer, die sich auf so einer Veranstaltung wie auf einem Motocross benehmen, sind heute zum Glück woanders ...
Wasserdurchfahrten waren bei der 2022er-Ausgabe eher rar Auf den Feldern herrscht beängstigende Trockenheit und der Wasserstand des Po' ist sehr niedrig. Zum Glück geht es in der Provinz Alessandria nach dem Imbiss im Zentrum von Mombaruzzo hinauf in die Weinberge der Hügel des Monferrato, bevor die Hitze zu groß wird.
Ein paar Hundert Höhenmeter mehr können einen großen Unterschied zwischen 40 oder 35 °C ausmachen.
Singletracks und Panorama
Übergroße Bank für inspirierende Ausblicke bei Borgesana Die technischen Trails, zum Teil wie Singletracks und ausgewiesen für Mountainbikes auf dem Weg ins Weinbaugebiet der Langhen, führen durchs schattige Unterholz und bieten atemberaubende Ausblicke auf die Hügel und Täler von Niella Belbo, wo wir auf eine riesige, blau gefärbte Parkbank treffen. Es ist ein Projekt des ehemaligen BMW Auto Star-Designers Chris Bangle, der seit einiger Zeit hier in Borgesana zu Hause ist. Der Perspektivwechsel, der durch die Größe der Bank gegeben ist, soll demjenigen, der auf ihr sitzt, durch die verschobenen Proportionen eine kindliche Wahrnehmung ermöglichen, um die Schönheit der Landschaft mit einem neuen Blick zu bestaunen. Die Installation gefällt uns und tatsächlich gibt sie uns einen Moment der Ruhe, um uns von den Motorrädern zu lösen und um den Event, die Strecke und die Menschen, mit denen wir das Abenteuer teilen dürfen, zu würdigen.
Weinberge, Geschichte und Kulinarik: Die Langhe-Region im Piemont bietet bestes Italien
Nicht übertreiben mit der KTM 890 ADV
Den Abstieg nach Monesiglio gegen Ende der ersten Etappe von fast 250 km dürfen wir über legale Singletracks im Wald fahren – ein Traum! Die KTM 890 ADV erleichtert die schwierigen Passagen mit einer vorbildlichen Motorabstimmung: In trialmäßigen Abschnitten ermöglichen Kupplung und Gasgriff im Schritttempo zwischen den Felsen eine überragende Motorradkontrolle.
Die R-Version der KTM 890 ADV ist für solche Raids etwas zu hart gefedert Der sanfte Übergang zwischen geschlossenem und leicht geöffnetem Gasgriff vermittelt mir bei schwierigen Anstiegen viel Vertrauen. Auch das Fahrwerk ist für einen über 200 kg schweren Zweizylinder überraschend gut abgestimmt, die Federung reagiert gut auf Unebenheiten, für einen aggressiveren, sagen wir mal 'Ready to Race'-Fahrstil bräuchte es mehr Federweg, Dämpfung und Progressivität sowie eine größere Bodenfreiheit ...
Ducati DesertX: hochbegehrt im Vergleichstest bei allen Fahrern Der Abend endet mit einem gemeinsamen Abendessen im Zentrum von Cairo Montenotte. Für die einen halten die Unterkünfte (selbst zu buchen) angenehme Überraschungen in Form eines Swimmingpools bereit, die anderen genießen lieber die improvisierte Party in der Kleinstadt. Der zweite Tag beginnt mit den (einfachen) Furten von Altare, dann steigt der Waldweg an und schenkt uns wunderbare Aussichten auf das Mittelmeer bei Savona. Die Strecke ist schon bekannt und wird bei der Sanremo-Sestrieres andersrum gefahren. Auch am Sonntagmorgen wird der Staub zur Plage, leider müssen wir feststellen, dass auf dem Weg zum Colle di Melogno auf 1028 m Höhe über dem Meer ein weiterer Feldweg asphaltiert wurde. Bis Bardineto schlängelt sich dann die flüssige Schotterpiste durch den Wald, zum Ende geht sie über in einen steilen und kurvigen Abstieg, der mit losen Steinen übersät ist und höchste Konzentration erfordert. Auf dieser anspruchsvollen Strecke habe ich die Gelegenheit, die brandneue Ducati DesertX auszuprobieren, die mich im Gelände absolut begeistert. Aber auch auf der anschließenden asphaltierten Abfahrt zeigt die Maschine aus Bologna eine überragende Dynamik.
Austausch unter Kollegen
Der geniale Zweizylindermotor von KTM begeistert in allen Versionen der 890 Die angenehme Erfrischung in der Altstadt von Zuccarello lässt Zeit, um mit den anderen Fahrern über die neuesten Innovationen zu diskutieren. Wir sind uns einig: Ducati wird definitiv ein wichtiger Player im Adventure-Bike Sektor werden! Für den nächsten Anstieg zur Wallfahrtskirche von Cosma Damiano steige ich wieder auf die KTM ADV 890, die sich auf der staubigen Erde mit Leichtigkeit bewegen lässt. Es folgt ein Auf und Ab durch die ligurische Hügellandschaft, wo die Straßen jedes Jahr mehr und mehr von der Vegetation verschluckt werden.
Knallharte Auffahrt
Legale Schotterstrecken, im nördlichen Europa kaum noch vorstellbar Nicola Poggio, neben Corrado Capra Mastermind der Hardalpitour, hatte mich beim morgendlichen Briefing vor einer „7 km langen Schotterauffahrt mit Haarnadelkurven“ gewarnt. In Lavina kämpft nun eine Truppe von rund 20 Maschinen noch um die beste Ausgangsposition für eben jenen staubigen Aufstieg, es gibt etwas Gerangel und ich muss die KTM 890 ADV wirklich bis an die Grenze fordern, um nicht in einer Staubwolke hinter den anderen zurückzubleiben. Die Federung schlägt gelegentlich durch, aber der Motor mit seiner sanften Leistungsentfaltung hilft mir wieder, das Motorrad auf diesem fast erzbergähnlichen Trail über insgesamt 10 km nach oben zu balancieren. Erschöpft kommen wir zu viert auf dem Gipfel in San Bernardo di Conio an, wo wir mit einer Dame mittleren Alters plaudern, die sich nicht im Geringsten an der Durchfahrt von fast 200 Motorrädern durch ihren „Hinterhof“ stört. Die Müdigkeit setzt auf der SP 65 ein, die zum Melosa-Pass ansteigt, aber bevor wir nach Frankreich abbiegen, fahren wir über den Teglia-Pass auf 1.390 m Höhe (auch diese Straße hat sich seit 2021 stark verschlechtert ...) nach Molini di Triora hinunter.
Hitze und Kilometer fordern Tribut
Auf dem Colle di Melogno nahe Savona führt die Strecke direkt durch eine alte Militäranlage Dieser Ort erinnert mich an eine Fahrt im Jahr 2020, als ich mit der Royal Enfield Himalayan versehentlich auf einer falschen Schotterpiste landete, die mich fast 60 km vom geplanten Weg abbrachte – bei Regen und Kälte. Ich war extrem müde und hatte noch 100 km Kurven bis zum Hotel vor mir. Die kinderleichte Fahrbarkeit der Royal hatte mich damals gerettet: niedrig, intuitiv und mit so wenig Leistung, dass man keine Kurve verhauen kann. Sie hat mich praktisch direkt zum Hotel gebracht. Heute, gegen Ende der HAT, passiert mir mit der KTM 890 ADV etwas Ähnliches:
Ich bin todmüde und teile die letzten Energieriegel mit meinen Freunden und mit einer letzten Anstrengung nehmen wir die fehlenden Kilometer in Richtung Sanremo in Angriff. Ich bin froh, auf der KTM zu sitzen, die mich mit ihrer Gutmütigkeit zum Ziel führt … In San Romolo, das Meer schon in Sichtweite, erwartet uns die letzte Schotterstrecke der Pavia-Sanremo von etwa 7 km, danach geht es nur noch bergab in Richtung Jachthafen am Mittelmeer. Wir haben Staub gefressen, ziemlich viel sogar. Und wir hatten riesigen Spaß, mit und ohne Motorrad. Die Veranstaltungen der HAT-Serie sollte man nicht verpassen, sie gehören zu den besten Motorradmomenten, die man im Laufe des Jahres erleben kann, bei dem mediterranen Klima wird es für Island schwierig, mitzuhalten ...
Motorradtour Hardalpitour – Von Pavia nach Sanremo – Infos
Auf 500 km on/off zwischen Pavia in der Poebene und Sanremo am Mittelmeer geht es mit Adventure-Bikes auf die Hardalpitour.
Allgemeine Infos
Unter dem Namen „Hardalpitour“ veranstaltet der Motorradclub „Over 2000 Riders“ bereits seit Jahren Marathon-Raids im nördlichen Italien, mit Schwerpunkt Piemont-Ligurien-Seealpen, dabei ist die „Hardalpitour Sanremo-Sestrieres“, die jedes Jahr am ersten Septemberwochenende stattfindet, die Mutter aller Adventure-Bike-Events in Italien. 2023 findet die 15. Ausgabe statt. Die Strecken sind gemischt on/off und es gibt bei jeder Veranstaltung verschiedene Kategorien und Schwierigkeitsgrade mit mehr oder weniger Offroadanteil. Bei der gefahrenen Pavia-Sanremo wird nach einem GPS-Track navigiert, den der Veranstalter einige Tage vor dem Start zusendet. Es gibt zwei verschiedene Kategorien:
Classic mit 450 km, davon rund 60 % Offroadanteil, Teilnahmegebühr 300 Euro
Discovery mit 390 km, 40 % Offroad, Teilnahmegebühr 300 Euro
Der Start erfolgt im Zentrum der Stadt Pavia, rund 90 km südlich von Mailand in der Poebene. Ziel ist der mondäne Badeort Sanremo an der Blumenriviera in Ligurien. Die erste Etappe führte 2022 bis Cairo Montenotte, wo ein gemeinsames Abendessen auf dem Programm stand. Um die Übernachtung müssen sich die Fahrer allerdings selbst kümmern. Zieleinlauf Sonntag am frühen Nachmittag, unterwegs auf der Strecke gibt es einige Versorgungspunkte mit kleinem Imbiss. Teilnehmen dürfen nach Reglement nur ADV-Bikes mit einem Mindestgewicht von 150 kg, für Frauen und sehr junge Fahrer werden Ausnahmen gemacht. Enthaltene Leistungen: GPS-Tracks, Imbisspunkte und Sanitäter entlang der Strecke, T-Shirt, Urkunde. Gemeinsames Abendessen für alle Teilnehmer am Samstagabend. Es gibt keinen offiziellen Service, um havarierte Maschinen zu bergen. 100 € Kaution für den Tracker und 50 € Einschreibegebühr für den gemeinnützigen Verein des Veranstalters „Over 200 Riders“ sind zusätzlich fällig. Informationen auch zu den anderen Veranstaltungen der Serie: www.over2000riders.com/en/
Unterkunft
Die Teilnehmer müssen selbst für ihre Unterkünfte während der Veranstaltung sorgen. Vorschläge zum Start in Pavia: https://www.hotelrizpavia.com/ Außerdem sind zahlreiche Agriturismo in der Gegend verfügbar. Ziel der ersten Etappe ist normalerweise im Ort Cairo Montenotte, dort ist das Beherbergungsangebot etwas dünner, eventuell muss eine Anfahrt von bis zu 10/15 km zu einem Agriturismo in Kauf genommen werden. Zieleinlauf in Sanremo am Mittelmeer, dort gibt es zahlreiche Angebote für jeden Geschmack und Preis.
Sehens- und erlebenswert
Für Besichtigungen bleibt nicht viel Zeit. Das Briefing am Freitagabend ist in der historischen Aula Magna der Universität von Pavia. Ansonsten bleibt nur, die genialen Strecken in wunderschöner Landschaft zu genießen.
So lang ist diese Motorradtour: ca. 500 km
Der höchste Punkt der Strecke: 1.500 Meter über NN
Anreise
Von Stuttgart über den San Bernardino und Autobahn (Mautgebühren Schweiz und Italien): 542 km Von München ebenfalls über den San Bernardino und Autobahnen mit Mautgebühr: 532 km
Beste Reisezeit
Die HAT Pavia-Sanremo findet jedes Jahr im Hochsommer statt. Termin 2023: 14.–16. Juli
Verpflegung
Das Piemont ist eine Region für Genießer. Exzellente Weine, dazu Trüffel, Nüsse, pikanter Käse, Pilze, Reis, Pasta und Polenta verwöhnen den Gaumen. Dazu natürlich Fleisch in vielen Variationen und sehr leckere Nachspeisen.
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