M&R-PlusGet your kicks on U.S. Route 66

Get your kicks on U.S. Route 66 In Santa Monica, am Endpunkt der Route 66, nehmen wir Abschied.
Get your kicks on U.S. Route 66 Unsere Motorräder warten schon gespannt.
10 Bilder
Frank Klose
Frank Klose
Vor 20 Jahren nahm ich mit meiner Harley die „Route 66“ erstmals unter die Räder. Seitdem bin ich ständig auf ihr unterwegs, um meinen Gästen die „Mother Road“ zu zeigen, was übrigens nie langweilig wird. Auf jeder Tour trifft man alte Freunde und gewinnt immer neue Eindrücke. Die Hauptverbindungsstraße quer durch die USA präsentiert sich zwischen Chicago und Los Angeles – oder umgekehrt – als ein rund 3.900 Kilometer langes Museum. Für viele Auswanderer war diese Straße der Weg in ein besseres Leben. Später in den 1950ern zogen Urlauberströme „just for fun“ auf ihr gen Westen und retour. Die schon 1926 geplante und 1932 fertig gestellte „66“ passiert drei Zeitzonen in acht Staaten der USA. In den 1950er-Jahren begann dann ihre glorreiche Zeit, als Tausende mit ihren Autos Stoßstange an Stoßstange das Abenteuer Westen „erfahren“ wollten. Viele der klassischen Strecken, Restaurants, Tankstellen und Sehenswürdigkeiten, die durch das mobile Amerika entstanden, befinden sich noch im Originalzustand und so steht für mich fest: Die einzigartige und nostalgische Route 66 muss jemand im Himmel für Motorradfahrer geschaffen haben. Das ist also die Tour für alle, die die USA genau kennenlernen möchten
Starte deine Motorradtour: Infos zu Anreise, Reisezeiten, Übernachtung und mehr
Aber der Reihe nach. Ein grauer Morgen verabschiedet mich in Frankfurt am Main, als der Jumbo zum Nonstop-Flug in Richtung USA abhebt. Nach gerade mal acht Stunden taucht dann die imposante Skyline Chicagos auf und es heißt „touchdown“. Die Einreise geht zügig und auch der Zoll macht keine Probleme. Draußen wartet mein Vetter Gunter. Er shuttelt mich raus in den Vorort St. Charles, direkt am malerischen Foxriver gelegen. Dort gibt es etwas Kühles zu trinken, bevor wir uns einer gigantischen Portion Spareribs widmen. Lecker!
Nach einer kurzen Nacht machen wir uns auf dem Weg zum Harley Dealer, wo Ron schon mit einem dicken Grinsen und lautem „Hello“ genauso wie unsere Big Twins, frisch geputzt und komplett durchgecheckt.
Unsere Motorräder warten schon gespannt.
Unsere Motorräder warten schon gespannt.
Da der Start erst für den nächsten Tag geplant ist, bleibt Zeit für einen kurzen Abstecher in die Windy City, der inklusive „Hard Rock Cafè“ etwas länger dauert. Über die Harlem Avenue erreichen wir den Beginn der alten Route 66. Weiter geht es über die Michigan Avenue zum heutigen Anfang der „Mother Road“. Dort starten wir morgen samt Anhang im ersten Tageslicht unser Tourabenteuer „Route 66 – the Mother Road“ und das wird unvergesslich bleiben.
infotainment

Besuch bei Abraham Lincoln

Bald tauchen die ersten Teile der alten Route 66 auf, die vereinzelt neben der neuen zu finden sind. Wann immer Hinweisschilder „Historic Route 66“ auftauchen, folgen wir ihnen natürlich. Entlang des Pontiac Trails rollen wir durch die Kohlenabbaugebiete von Illinois. Übrigens: In Joliet hatten Jake und Elwood, die legendären Blues Brothers im Gefängnis Ihre Dauerwohnung. Denen servierte man sicher kein so fantastisches Frühstück, welches man uns im Launching Pad in Wilmington – unübersehbar durch eine gigantische grüne Astronautenfigur Gemini Giant vor der Tür – serviert.
Hinter dem „Log Cabin Restaurant“ in Pontiac finden sich erneut einige Teilstücke der alten „66“ und in „Funks Grove“ gibt es süßen „Ahorn Syrup“ des dortigen Familienbetriebes zum Probieren. Am Nachmittag wird Springfield, die Hauptstadt von Illinois, erreicht. Auf dem Besuchsprogramm stehen das Geburtshaus von Abraham Lincoln und das „State Capitol“, welches sich hinter jenem von Washington D.C. nicht verstecken muss. Heute endet der Tag etwas und vor allem ruhiger in einem der mittlerweile zahlreichen Outback-Steakhäuser, ganz praktisch direkt neben unserem Hotel. In dieser Gegend reihen sich an der „66“ einfach zu viele Städte auf, um überall zu halten. Aber eine Pause in Litchfield muss sein: Dort finden sich das „Paris Stop Cafe“ und der „Dixie Truck Stop“.

The Ol' Man River

Etwas später erreichen wir die Chain-of-the-Rocks-Brücke und begrüßen den „Ole Man River“ Mississippi. Dann geht’s weiter nach St. Louis, wo das Wahrzeichen der Stadt, der „Gateway Arch“ und das dazu gehörende Museum der Abenteurer Lewis und Clark angesteuert wird.
Der Gateway Arch in St. Louis.
Der Gateway Arch in St. Louis.
Später wird der Brauerei Anheuser-Busch ein Besuch abgestattet. Für die Fahrer fällt eine mögliche Budweiser-Probe natürlich aus. Nachdem nun der zweite Bundesstaat erreicht wurde, dürfen es noch ein paar Meilen sein. Durch die Ozarks-Hügel geht’s zügig nach Stanton, wo noch Zeit bleibt, um das Toy Museum zu besichtigen. Kurz vorm heutigen Zielort Rolla finden sich auch die Meramac Tropfsteinhöhlen, wo sich einst der Outlaw Jesse James versteckte.
infotainment

Die Wahrzeichen der Route 66

Gun hat sich wohl heute etwas überanstrengt. Kaum im Hotel stürmt er den Whirlpool – mit einer kalten Flasche Bud zwischen den Fingern. Grinsend meint er: „Ich hole jetzt die verpasste Bierprobe nach!“ Keine wirklich schlechte Idee, ich schließe mich sofort an.
Am nächsten Morgen stehen das tiefste Missouri sowie das kurvige Ozark Gebirge auf dem Programm. Wir passieren verschlafene, aber bekannte Orte wie Conway oder Lebanon. Außerdem werden das alte Gerichtsgebäude in Carthage und die Minenstadt Web City besucht. Wir stoppen natürlich auch an der Devils Elbow Brücke und dem „Munger Moss Mote“l, welche wiederum zu den Wahrzeichen der alten „Route 66“ gehören. Kurz nach dem morgendlichen Start wartet eine enge Zick-Zack-Strecke mit eigenartig hängenden 90° Kurven, die uns zu den Fantastic Caverns bringt. Dort steht ein Jeeptrain bereit, der uns bequem durch eine der über 4.000 Tropfsteinhöhlen Missouris kutschiert. Und dann landen wir schon wieder in Springfield, aber diesmal in Missouri. Zur Mittagspause schlage ich vor, den relativ neuen Laden der Outdoor World mit dem angrenzenden Jagd- und Angelmuseum in Springfield zu besuchen. 20.000 Quadratemter rund um alle Outdoor Hobbys sind schon eine Hausnummer, vom Museum und dem Sushi Lunch ganz zu schweigen. Als wir wieder aufsitzen, präsentiert sich dann eine ganz andere Seite der Mother Road. Nachdem die großen Städte wie Chicago und St. Louis hinter uns liegen, prägt wildes Land die Tour. Hinzu kommt, dass hier auch jede Menge Fahrspaß aufkommt – absolut zufrieden erreicht unsere Truppe also das Übernachtungsziel Joplin.

Der wirkliche Wilde Westen

Wirklich sehenswert: die Fantastic Caverns.
Wirklich sehenswert: die Fantastic Caverns.
„Zwei Bundesstaaten sollten heute zu schaffen sein“, teile ich beim Frühstück mit. Gun grinst, denn er weiß, dass die „66“ nur 13 Meilen über den Boden des Sonnenblumenstaates Kansas führt, bevor sie den Sooner State Oklahoma und somit den Beginn des wirklichen Wilden Westens erreicht. Auf dem Weg dorthin stoppen wir an der letzten noch von James Marsh erbauten Stahlskelettbrücke auf der ganzen Strecke. Die Burn-out-Spuren auf der Rainbow Bridge zeugen von rauchigen Fotoschüssen hier. Dann brummen die V-Twins wieder und sie werden direkt nach Miami gesteuert – nein, natürlich nicht das in Florida, sondern jenes in Oklahoma. Der Name stammt übrigens aus dem Indianischen und wird deshalb „mi-am-eh“ ausgesprochen. Hier steht eine private Führung im bekannten Coleman Theater an, in dem einst der bekannte US-Filmstar Will Rogers regelmäßig auftrat. Nicht umsonst heißt die Route 66 deshalb auch Will Rogers Highway.
In Claremore steht das Geburtshaus von Will Rogers direkt am Weg. Nach einem Fotostopp geht es weiter zum „Blauen Wal“, einem ehemals privaten Wasserpark in Catoosa, der gut restauriert wieder Besucher anzieht.
Der Blaue Wal Wasserpark von Catoosa.
Der Blaue Wal Wasserpark von Catoosa.
An Tulsa als ehemalige Viehverladestation und spätere Ölhauptstadt Oklahoma’s düsen wir weitestgehend vorbei, da wir uns für heute noch einiges vorgenommen haben. In Sapulpa gibt es etwas abseits, auf einem alten Stück der Route, noch eine gepflasterte Bogenbrücke über den Rock Creek, die unsere Aufmerksamkeit findet. Dann stoppen wir an der alten Seaba Tankstelle bei Chandler, welche seit den 1990er-Jahren von Sonny Preston mithilfe seiner Frau Sue liebevoll restauriert wurde. Ein guter Kaffee samt ein paar „Mother Road Geschichten“ müssen schon sein. Dann geht es weiter, am historischen Lincoln Motel vorbei, nach Oklahoma City zum Übernachten. Auf dem Weg dorthin verlangen die Harleys in Arcadia gegenüber dem bekannten Hilly Billy Cafe nach Benzin. Außerdem sollte man sich das kleine Museum im unübersehbaren Round Barn, einer früher für die Gegend typischen runden Holzscheune, anschauen. Manche Städte behaupten, sie wären über Nacht entstanden. Oklahoma City hat es durch den Land Rush von 1889 in nur 30 Minuten geschafft. Wie auch immer, heute Abend steht für uns gute Musik auf dem Programm. In der Bar des weltbekannten Country-Sängers Toby Keith gibt es zur Liveband ein leckeres Riesensteak. So dürften sicher alle Tage ausklingen!

Mitten im Indianerland

Auf dem Weg entdecken wir echte Bisons.
Auf dem Weg entdecken wir echte Bisons.

„Das sieht wirklich aus wie eine überdimensionale Milchflasche“, meint Gun. „Logo“, antworte ich prompt, „das Ding heißt nicht umsonst Milk Bottle Building.“ Wir sind also im Zentrum von Oklahoma unterwegs, schauen uns noch das Capitol hier an und bevor die Räder wieder Richtung Westen rollen. Von Weitem sind bald die Getreidesilos des kleinen Örtchens Yukon zu sehen, aus der die Country Musik Legende Garth Brooks stammt und hinter „El Reno“ öffnet sich die weite Prärie. Hier finden sich noch alte originale 66-Streckenabschnitte aus dem Portland Zement der 30er-Jahre. Für rund 100 Meilen düsen wir nun mitten durch Indianerland. Unterbrochen wird die heute ruhige Fahrt durch die Pony Brücke.

Auf der Pony Bridge.
Mit rund 1.300 Metern Länge auf 38 Stützen ist dies die zweitlängste Brücke der Mother Road. Nachdem die Sonne heute schon für reichlich Wärme unter der Kluft gesorgt hatte, trifft mein Vorschlag „Badepause“ den Nagel auf den Kopf. Also Klamotten runter – irgendwer ruft „Badesachen vergessen“, aber egal – und schon spritzt das klare und kühle Wasser in die Höhe. So erfrischt, scheint Texas nur noch einen Katzensprung entfernt. In Elk City besuchen wir – Prädikat: Unbedingt sehenswert! – das nationale Route 66 Museum.

Der 100. Längengrad wird überquert

Weiter geht’s. Bei Erick wird der 100. Längengrad überquert, dann rollen die Harleys durch die Geisterstadt Texola und im nächsten Moment erreichen wir den „Panhandle“, den Pfannenstil, und somit die Staatsgrenze von Texas. Dort zeugen viele Ölförderpumpen vom einstigen Ölreichtum des Lone Star Staates. Für uns interessanter ist aber das U-Drop Inn aus dem Jahre 1936. Vor ein paar Jahren im alten Art Deco Stil renoviert, dürfte das einer der besten Plätze zum Essen zwischen Oklahoma City und Amarillo sein. Der nächste Boxenstopp ist also fällig. Als Fahrer und Mitreisende wieder akkurat „betankt“ sind, geht es weiter zum Devils Rope Museum, wo man fast alles über Stacheldraht erfährt. Unweit davon lädt ein kleines Route-66-Museum zum Besuch, bevor am Horizont das über 60 Meter und somit höchste Kreuz der westlichen Hemisphere in Groom auftaucht. Bevor wir dort ankommen, muss aber noch der schiefe Wasserturm, das Wahrzeichen des Britten Truckstop, auf den Fotochip. Trotzdem rollen wir rechtzeitig mit dem Sonnenuntergang in Amarillo, der größten Stadt im Texas Panhandle, ein. Das Big Texan, wo heute übernachtet wird, kündigt auf großen Schildern schon an, was nachher auf dem Teller liegen wird: ein 72 Unzen T-Bone-Steak! Das sind rund 2.250 Gramm saftiges Fleisch. Hört sich doch richtig gut an, oder?

Chicago oder L.A. – die Hälfte ist geschafft

Vorbei an unzähligen Rinderfarmen geht es am heutigen Morgen durch die Prärie. Kurz hinter Amarillo taucht die Cadillac Ranch auf. Die alten Heckflossen-Straßenkreuzer, die im selben Winkel wie die große Pyramide von Gizeh eingegraben wurden, darf man als Hommage an Mother Road der 40er, 50er und 60er-Jahre verstehen. Im nahe liegenden Conway gibt es als Pendant dazu die Bug Ranch mit einigen im Erdreich verankerten VW Käfern. Dann sausen wir an vielen kleinen, oft verwaisten Orten vorbei und erreichen in Adrian die Mitte der aktuellen Route 66. 1.139 Meilen zeigt uns die Tafel, jeweils nach Chicago oder zu unserem Ziel Los Angeles, an. Bald liegt die Geisterstadt Glen Rio auf dem Weg. Dort erreichen wir New Mexiko. Vom lang gezogenen Ort Tucumcari aus führt uns eine herrliche Strecke durch die High Plains ins Comanchenland. Etwas weiter, am „Santa Fe Trail“ findet sich dann auch ein gut erhaltenes historisches Pueblo.
Das schauen wir uns natürlich an, bevor die Kurverei zum Glorieta Pass beginnt. Hier liegt auf nahezu 2.500 Metern der höchste Punkt der alten Route 66, die sich kurz vorher teilt und in der neueren Variante in die Hauptstadt New Mexico´s nach Santa Fe führt. Den heutigen Abend verbringen wir dort, wie es sich gehört, in einem mexikanischen Restaurant auf der alten Plaza.

Ein Kontrastprogramm zum Erlebten

Eigentlich stand nach der langen gestrigen Etappe ein Ruhetag an. Das Wetter präsentiert sich aber in bester Laune und so darf es doch ein Abstecher durch das Rio Grande Tal nach Taos Pueblo sein. Die Stadt ist richtig herausgeputzt und die Plaza sieht aus wie im 19. Jahrhundert, als der Trapper und Westernheld Kit Carson hier lebte. Wir machen uns noch auf den Weg zum Rio Grande Gorge. Der Fluss durchbricht hier das Gebirge und wird von einer gewaltigen Brücke überspannt. Man darf sich das wie den Grand Canyon im Kleinformat vorstellen. Anschließend führt eine richtig nette Nebenstraße durchs Hochland nach Santa Fe zurück. Dabei eröffnen sich herrliche Blicke auf die südlichen und schneebedeckten Ausläufer der Rocky Mountains, bevor es wieder hinunter ins Rio Grande Tal geht. Am Morgen wird kurzfristig entschieden, dem Scenic Highway 14 zu folgen. So kommen wir ins Dörfchen Madrid, welches durch den Film „Wild Hogs oder saumäßig unterwegs“ mit John Travolta und Tim Allen bekannt wurde. Nebenbei bietet die Strecke mit dem kleinen Abstecher hoch zum Sandia Crest Aussichtspunkt einen echten Leckerbissen für Kurvenfans, die in der Prärie etwas gelitten haben. Ein Kontrastprogramm zum bisher Erlebten bietet auch Albuquerque. Wir steuern die historische Plaza an. Die alte Kirche, der Park und das Blütenmeer, das uns dort erwartet, ist schon etwas Besonderes. Wer kennt sie nicht, die Bilder aus Reiseführern mit den scharfen roten Chillis, die überall vor den Türen hängen. Unzählige Souvenirläden wechseln sich mit fliegenden Navajo-Händlern ab und so gibt es vom Silberschmuck bis zum handgewebten Teppich alles was das Herz begehrt. Wir gehen lieber ins beste mexikanische Restaurant vor Ort: La Hacienda. Der Manager David ist ein alter Freund von mir und gesellt sich zu uns. Am Nachmittag überqueren wir den Rio Grande und über den 9-Meilen-Pass geht es durch die farbenprächtige Wildnis Neu Mexikos. Ein kurzer Tank- und natürlich Kaffeestopp ist später auch nötig. Ein neues indianisches Casino, mit allem was dazu gehört, bietet sich dafür an. „Nein Gun, es bleibt keine Zeit, um eine Runde zu zocken, die ganze Strecke bis nach Gallup wartet noch. Also bezahl deinen Sprit und rauf auf die Harley!“
Das Pueblo am Santa Fe Trail.
Das Pueblo am Santa Fe Trail.
In dieser Region stehen noch etliche alte bewohnte Pueblos. Einige der Indianer verzichten bis heute auf Strom, Telefon oder TV. Laguna Pueblo mit der alten Missionskirche aus dem 18. Jahrhundert gehört zu diesen Siedlungen. Man fühlt sich hier teilweise in jene Zeit zurückversetzt, in der John Wayne um die Ecke kommen könnte. Eine einsame Straße führt uns anschließend ins verschlafene Cubero, wo Ernest Hemingway sein Buch „Der alte Mann und das Meer“ geschrieben haben soll. Am Abend erreichen wir Gallup, unsere letzte Station für heute.

Besuch im Grand Canyon

In der alten Eisenbahnstadt treffen die Kulturen der Hopi, Navajo, Spanier und der Angloamerikaner nicht nur aufeinander, sie vermischen sich in perfekter Weise. Im Eagle Cafe, dem ältesten noch existierenden Restaurant an der Route 66, endet ein weiterer wundervoller Tag. Am nächsten Morgen bleibt die Mother Road kurz links liegen, um durch den nahe liegenden Petrified Forest National Park zu fahren. Jahrmillionen alte versteinerte Baumriesen beeindrucken hier. Bei der Ausfahrt checken die Ranger, ob wir Steine sammeln waren, denn das ist streng verboten. „Hey, schau mal Hugh, dort ist ein Indianerdorf“, quäkt Guns Stimme im Helmfunk. „Nein, es ist das Wigwam Motel, wo man übernachten kann.“ Als Nächstes sticht der übergroße Hase der „Jackrabbit Tradingpost“ in unsere Augen. Der Hoppelmaxmutant vor der Tür ist eigentlich für Kinder gedacht, aber Gun konnte es sich natürlich nicht verkneifen, um für ein paar Schnappschüsse hochzuklettern. Ruckzuck bildet sich eine Schlange mit Schaulustigen und die Gesichtsfarbe von Gun wird ein wenig roter. „Take it easy“ von den Eagles kommt derweil aus den Boxen meiner Ultraglide. Das passt, denn die Textzeile „Standing on the Corner in Winslow, Arizona“ erleben wir bald live und fahren über genau jene besungene Kreuzung, die inzwischen mit einem riesigen Route 66 Zeichen versehen wurde. Das nächste Ziel heißt Winona. Dort weisen die Schilder über Flagstaff nach Williams den Weg. Dori wartet in der Buffalo Point Lodge bereits mit kaltem Bier auf uns und von gegenüber ruft Dan, dass die Steaks auf dem Grill liegen. Kurz duschen, essen und dann rückt Dan mit seiner Gitarre und der obligatorischen Flasche „Crown Royal Whisky“ an.
Vor dem Grand Canyon wird es Zeit für ein kleines Gruppenfoto.
Vor dem Grand Canyon wird es Zeit für ein kleines Gruppenfoto.
Der Abend wird lang, die Nacht kurz und der Wecker erinnert mich kaum später, dass um 09:30 Uhr ein Termin am Grand Canyon mit Ted ansteht. Er managt eine Helikopterfirma am Grand Canyon und hat zu einem Rundflug eingeladen. Als wir nach fast einer Stunde wieder landen, bekommen wir sogar noch eine Video DVD von unserem Flug. Was für ein einzigartiges Erlebnis: Du fliegst über grüne Wälder und Wiesen, plötzlich tut sich ein 1,5 Kilometer tiefer Abgrund auf. Da kommt keine Achterbahn ran. Genau darüber reden alle völlig begeistert, als unser ausgefallenes Frühstück vom Morgen im Tusayan Cafe nachgeholt wird.

Die farbige Wüste

Durch den Südeingang geht es danach in den Nationalpark. Wir fahren direkt zum Besucherzentrum, die Displays dort vermitteln einen geologischen Überblick und der überaus freundliche Ranger beantwortet geduldig unsere neugierigen Fragen. Direkt am Parkplatz ist der Mathers Point, einer der zahlreichen Aussichtspunkte hier. Unten im Canyon kann man winzig klein die Phantom Ranch entdecken und auf dem Pfad unterhalb, sehen wir eine Reihe Mulis mit Reitern, die wohl dort unten übernachten werden. Wir folgen derweil dem Südrand des Grand Canyons und halten beim Grand View, Lipan Point und Desert View mit seinem indianischen Wachturm an. Dann wird es Zeit, unseren Lunch in der alten Handelsstation in Cameron einzunehmen. Shoppen kann man hier auch: Die Auswahl an Indianerschmuck lässt sich schwer toppen. Am Nachmittag durchfahren wir das Wutpatki National Monument. Der Blick von hier auf die Painted Dessert, die farbige Wüste, ist um diese Tageszeit einfach unbeschreiblich. Darüber hinaus finden sich auch hier Ruinen von uralten Pueblos. Die kurvige Straße führt uns weiter durch den Park und hoch zum erloschenen Sunset Vulkankrater. Die Strecke hinunter nach Flagstaff prägen alte Lavaströme, die ausschauen, als stammen sie von letzter Woche. Über nahezu dieselbe Strecke wie gestern geht es für uns nun zügig nach Williams zurück. Heute Abend machen wir den Ort noch etwas unsicher.

Die Retter der Mother Road

Nach einem guten Abendessen im Cruisers Cafe – es gehört wie die örtliche Brauerei meinem Freund John und seinen Brüdern – werden wir zu dem neuen „Blaubeer Weissbier“ eingeladen.

Da kann man nur die Flucht ergreifen, und zwar Richtung „Sultana Bar“, wo Dans Sohn arbeitet. Komisch, dass da gleich wieder eine Flasche Crown den Tresen ziert. Der wohl schönste Abschnitt der Route 66 in Arizona liegt vor uns, die vor ein paar Jahren neu asphaltierte Crookton Road. Leichte Hügel samt elegant geschwungenen Kurven prägen die nächsten 160 Meilen bis nach Topock. Wenig später taucht der nach den Seligman-Brüdern benannte Ort auf. Gerade als wir parken, kommt mein Freund Angel Delgadillo daher. Dem wahrscheinlich bekanntesten Friseur der Welt ist es zu verdanken, dass es die Route 66 noch gibt. Als die nahe Interstate 1978 fertig war, starb Seligman samt der „66“ über Nacht. Angel sorgte allerdings für die Wiederauferstehung. 1987 gelang es ihm, 16 Mitstreiter an einen Tisch zu bringen, um die „Historic Route 66“-Vereinigung in Arizona zu gründen. Bereits ein Jahr später erklärte man die Mother Road zur historischen Straße. Die anderen sieben Bundesstaaten folgten binnen kurzer Zeit.
Neben Angels Frisiersalon gibt es mit dem Snow Cap ein weiteres Highlight: Cheeseburger, Hühnchen und vor allem die gigantischen Milchshakes sind erstklassig. Angels Neffe – Vorsicht: Ein Riesenspaßvogel – gehört der Laden. Nach der Pause geht es bergan in Richtung Kingman. Auf dem Weg dorthin finden sich viele der mittlerweile erneuerten roten Straßenzeichen, mit witzigen Reimen und der Werbung von Burma-Shave-Rasierschaum am Ende. Wir fahren vorbei an den Grand Canyon Caverns. Es folgt die Hualapai Indianer Reservation in Peach Springs wo wir auf der rechten Seite bereits den Westrand des Grand Canyon erkennen können. Dann passieren wir einen der über 1,5 Kilometer langen Frachtzüge der SNBF, der Lokführer beantwortet un­ser Winken mit einem langen Signal. Et­was weiter legen wir einen Stopp am Hackberry General Store bei John Pritchard und seiner 57er Corvette ein. Vor Jahren kaufte er den Laden von Bob Waldmire. Der wieder­um war bekannt für seine handgemalten Karten und sein mobiles Route-66-Infozentrum in einem alten Schulbus, mit dem er einst immer irgendwo auf der Straße zu finden war. Langsam knurrt der Magen, es wird Zeit sich auf den Weg zu machen. In Kingman taucht links ein alter Flugplatz aus dem 2. Weltkrieg auf. Bevor hier der Besuch des Museums sein muss, ist ein Chilli Burger im Mr. D´z, einem Diner aus den 1950ern, fällig. Gut gesättigt rollt’s sich besser, und zwar über Cool Springs. Früher Tankstelle und Motel wurde es 1991 als Filmset für „Universal Soldier“ wieder aufgebaut. Der kurvenreiche Sitgreave Pass führt uns ins Westernstädtchen Oatman. Wir kommen gerade recht zur Westernshow: Ein lautes Spektakel um einen Banküberfall, der durch den Sheriff beendet wird. Dann erregen wilde Maulesel die Aufmerksamkeit. Meine Truppe verdrückt sich derweil zum Oatman Hotel, um bei Douglas, dem T-Shirt Händler, zu erfahren, was er Neues hat.

Ein fabelhafter Abstecher nach Sin City

Und dann fällt die Grundsatzentscheidung, die „Mother Road“ für einen fabelhaften Abstecher nach Las Vegas zu verlassen. In Bullhead City treffen wir auf den Colorado Fluss und nahe Laughlin passieren wir die Bundesgrenze nach Nevada. Hier ist das Gambling wieder erlaubt und die Casinos am Fluss reihen sich aneinander wie Perlen auf einer Schnur. Aber wir wollen schnell in die Sin City. In Searchlight, die örtliche Polizei setzt hier gerne Dummys ins Auto, um allzu schnelle Motorradfahrer abzuschrecken, werden die Tanks abermals gefüllt und die Harleys brausen weiter. Bald taucht der „Stratosphere Tower“ des gleichnamigen Hotels am Strip vor dem Visier auf. Noch 30 Meilen und es ist geschafft. Zu unserer Freude liegen die Schlüssel bereits an der Rezeption und keine zehn Minuten später sind wir im Pool zu finden. Mehrfache Zisch-Geräusche sagen mir, dass Gun und die Anderen auch etwas zum innerlichen Abkühlen gefunden haben. Am Abend lassen wir uns von einer Stretchlimousine abholen. Un­ser Fahrer Dave chauffiert uns runter zum alten Casino Distrikt. Pünktlich um 21.00 Uhr startet hier eine gigantische Lightshow auf der überdachten „Freemont Street“. Dave schlägt vor, dass wir uns die Wasserspiele beim Bellagio ansehen sollten, zeitlich würde das perfekt passen. Als wir dort ankommen, geht gerade das Licht kurz aus und von großartigem Sound begleitet startet die Show. Das ist wirklich sehenswert. Danach wollen wir aber raus zum „Welcome to Las Vegas“ -Zeichen. Ein Brautpaar nutzt die Kulisse mit Ihren Freunden zum Fotografieren und mit der nächsten Limousine kommt eine Horde knipsender Asiaten an. Man will nicht glauben, wie viele Leute in so ein Auto passen. Eigentlich gibt es noch viel mehr zu sehen, wie die Piraten am Treasure Island oder den Vulkanausbruch des Mirage Hotels, aber dennoch lassen wir das Disneyland für Erwachsene hinter uns.

Die letzten 230 Meilen Route 66

Wir fahren Richtung Kalifornien und sind damit im achten und letzten Bundesstaat der Route 66 angekommen. Über Cima und Kelso wird in Amboy wieder die Mother Road erreicht. Ein Stopp ist hier obligatorisch, schon wegen Roys Cafe und der Aussicht über einen 10.000 Jahre alten Vulkankrater. Die Orte Amboy, Bristol, Cadiz, Danby, Essex, Fenner, Goffs, Homer, Ibis und Java sind nach dem Alphabet benannt worden. Übrig ist von ihnen leider nicht mehr sehr viel, sie sind sozusagen vom Wüstenwind verweht.
Barstow, einer der größten Verladebahnhöfe der USA, ist unsere heutige Endstation. Hier werden die Container der über eine Meile langen Züge auf die bereit stehenden Trucks verladen, welche die Ware im ganzen Westen verteilen. Als wir am Morgen Barstow verlassen, liegen nur noch 230 Meilen vor uns. Die „66“ führt uns nach San Bernadino. Dort haben die Gebrüder McDonalds 1948 Ihren ersten Laden eröffnet. Danach fahren wir hoch in die San Gabriel Berge. Die Strecke hat auf über 50 Meilen fast nur Kurven und windet sich über Berge und durch Canyons, be­vor wir die Außenbezirke von Los Angeles erreichen. Zum Abschluss geht es durch den kurvigen Topanga Canyon direkt an die Atlantikküste und wir kommen in Santa Monica am Endpunkt der Route 66 an.
In Santa Monica, am Endpunkt der Route 66, nehmen wir Abschied.
In Santa Monica, am Endpunkt der Route 66, nehmen wir Abschied.
Die Gedenkplakette oberhalb des Vergnügungspiers mit seinem auffälligen Riesenrad weißt auf den Endpunkt des Will Rogers Highway hin. Wir haben es geschafft, weit über 4.000 Kilometer mit einigen Seitenabstechern sind zusammen gekommen. Als wir beim Harley-Händler in Marina del Rey ankommen, schaue ich Gun an und frage ihn: „Was hältst Du von einer schnellen Tour zurück nach Chicago?“ Und er antwortet: „Yeah, get your kicks on Route 66!“

Motorradtour U.S. Route 66 – Infos

Motorradtour U.S. Route 66
Die U.S. Route 66, weltbekannt als „Mainstreet of America“, verbindet auf rund 3.700 Kilometer Chicago mit Los Angeles und durchquert drei Zeitzonen in acht Bundesstaaten. Sie wurde 1926 geplant und bis 1932 komplett asphaltiert. Viele der klassischen Strecken, typischen Restaurants, nostalgischen Tankstellen und historischen Sehenswürdigkeiten finden sich auch heute noch entlang der Mother Road.

Allgemeine Infos

Die Route 66 gehörte zu den ersten durch­gehenden Straßenverbindungen zur Westküste der USA. Die Straße von Chicago (Illinois) nach Los Angeles (Kalifornien) kennt man auch als Mother Road oder America’s Mainstreet. Die wichtige Ost-West-Verbindung wurde ab dem Jahr 1926 Stück für Stück als “US Highway 66“ ausgebaut. 1946 fuhr Bobby Troup in der Hoffnung auf eine Karriere als Musiker nach Los Angeles. Seine Aufbruchstimmung fasste er unterwegs in Worte und schrieb den Song “Get Your Kicks on Route 66”, der umgehend mit Nat King Cole veröffentlicht und später von Chuck Berry, den Rolling Stones, Depeche Mode und vielen anderen Musikern gecovert wurde. Die Route 66 als einfache, oft kurvenreiche Landstraße, konn­te dem wachsenden Verkehr immer weniger gerecht werden. Gemäß dem Vorbild der Autobahnen, die der General und spätere US-Präsident Eisenhower in Deutschland 1945 kennengelernt hatte, wurde die “Route 66“ durch moderne mehrspurige Fernstraßen (Interstates) ersetzt. Angel Delgadillo, ein Friseur aus Seligman, schaffte es aber, dass man ab 1987 die Historic Rou­te 66 aus der Taufe hob, und so lebt der Kult weiter.
Hinsichtlich Qualität und Service sollte man Maschinen von Harley Rentals mieten. Diese Mietmaschinen wer­den ständig in den Harley Vertragswerkstätten überprüft, bestens gewartet und es gibt einen Road-Assistance-Schutzbrief da­zu, der im Falle eines Falles die Mo­bilität innerhalb 24 Stunden garantiert. Infos:
www.usa.motorradundreisen.de

Anreise

Chicago oder Los Angeles als denkbare Ausgangspunkte dieser Tour lassen sich ab Mitteleuropa per Flugzeug in etwa zehn bis elf Stunden bequem erreichen. Es gibt auch diverse Umsteigeverbindungen, die aber die Rei­sezeit deutlich erhöhen.

Beste Reisezeit

Da es im Sommer in den USA sehr heiß werden kann, bieten sich Mai, Juni, so­wie der September als beste Reisezeit an.

Verpflegung

Zunächst ein Wort zum Frühstück, das deftig (mit Speck, sautierten Kartoffeln, Rührei und Bratwürstchen) ausfallen kann. Daneben gibt es aber auch das kontinentale Frühstück aus einem Muffin, einem Jogurth, Marmelade, Kaffee & Co. Einige Hotels bieten zudem üppige Frühstücksbuffets an, die in die Kategorie Brunch fallen. Wenn man nach der Tour zum Essen geht, wird man schnell feststellen, dass die Köche der USA sich bestens darauf verstehen, wie Steaks zu braten sind. Außerdem sind Spare Rips - auch vom Rind - sehr empfehlenswert. Hinzu kommen oft üppige Salatbuffets.

GPS-Daten, Karten & Reiseführer passend zur Tour

Produkte


Downloads


Motorradreisen in dieser Region