Thilo Kozik/SP-X
Peugeot Motocycles
Zum Jubiläum erinnert sich der französische Zweiradhersteller Peugeot seiner Wurzeln, denn 125 Jahre nach dem ersten motorisierten Zweirad-Prototypen soll das Leichtkraftrad PM-01 seit der Präsentation im Jahr 2023 mit seinem radikalen Markendesign den Türöffner für folgende größere Modelle spielen. Allerdings stellt sich die Situation mit dem Jubiläum nicht ganz so eindeutig dar, wie angenommen: Bei Peugeot Motocycles handelt es sich nämlich mitnichten um die Zweiradsparte des französischen Automobilkonzerns, das war einmal. Im Jahre 2015 stieg der indische Mobilitätsgigant Mahindra ein, vier Jahre später übernahm er das Unternehmen komplett. Seit letztem Jahr hat die deutsche Beteiligungsgesellschaft Mutares das Sagen am Hauptsitz im französischen Mandeure – die Münchener haben 50 Prozent der Anteile von Mahindra übernommen, mit einer Stimmenmehrheit von 80 Prozent.
Design mit klaren Kanten
Insofern ist die PM-01 das erste Projekt, das unter der neuen Leitung auf den Markt gebracht wurde und das ungeachtet der Besitzverhältnisse mit der typischen Designsprache des Pkw-Konzerns auf sich aufmerksam macht. Der rund 4.200,-- Euro teure Roadster zeigt klare Kante mit einer ungewöhnlich gestalteten Lampenmaske, in der das Tagfahrlicht nach Art des (automobilen) Hauses drei Längslinien aufweist als Symbol für die Krallen des Peugeot-Löwen. Ähnliches findet sich gleich in doppelter Ausführung am Heck, was die vermeintliche Marken-DNA noch stärker hervorhebt. Laufleistenblinker vorn und hinten als seitlich in die Verkleidung integrierte Richtungsanzeiger unterstreichen den modernen Charakter.
Während an der Front eine 41er-Upside-Down-Gabel Eindruck schindet, wirkt die dünne Stahlschwinge zur Führung des Hinterrades etwas lieblos ausgesucht und scheinbar unterdimensioniert. Dazwischen bietet die in China gefertigte Französin ein sehr geräumiges Plätzchen, mit dem sich nahezu alle Staturen anfreunden können. In typischer Landstraßenroadster-Manier sitzt der Pilot mit angenehmen Kniewinkeln aufrecht in 81 Zentimetern Höhe und hat die leicht nach oben und hinten gekröpfte, recht breite Lenkstange bestens im Griff. Das vermittelt eine ausgezeichnete Kontrolle über das gerade mal 150 Kilo leichte Zweirad, das ebenso genüsslich wie leichtfüßig von links nach rechts durch die Kurven wieselt. Vorn wie hinten aufgezogene Metzeler Sportec M5 Interact im Siebzehnzollformat sorgen für guten Halt im Schrägen und eine angenehme Neutralität.
Zahnlose Stopper
Die gute Vorstellung kommt allerdings nicht von ungefähr, denn es wird eine zweite Version des PM-01 mit einem deutlich kräftigeren 300-Kubik-Single erwartet, der ins gleiche Chassis eingepasst ist. Dahinter steckt der nachvollziehbare Gedanke: Was mit 29 PS funktioniert, wird vom Antrieb des Leichtkraftrads sicherlich nicht überfordert. Mit einer Ausnahme: Trotz der brachial wirkenden Vierkolben-Festsattelzange mit Wave-Bremsscheibe im Pizzaformat harmoniert die Bremsenvorstellung nicht mit dem optischen Versprechen, denn die Stopper gehen eindeutig zu zahnlos ans Verzögerungswerk.
Richtig Schub erst bei 5.000 Touren
Nichtsdestotrotz profitiert der flüssigkeitsgekühlte Einzylinder vom geringen Gewicht der 125er-PM-01, denn mit knapp 14 PS reißt er zwar keine Bäume aus, klingt aber fast so, als ob er es könnte. Das annähernd quadratisch ausgelegte Motörchen geht geschmeidig ans Gas und gefällt mit einer leicht bedienbaren Sechsgangbox, die für flottes Vorankommen intensiv genutzt werden möchte: Ziemlich gleichförmig legt der Antrieb an Schubkraft zu, erst ab 5.000 Touren kommt so etwas wie Leben in die Bude. Wer die digitale Drehzahlmessernadel stets über 7.000 U/min hält – dazu ermuntert das Instrument durch fettere Zahlen – lässt die versammelten 14 Pferdchen fröhlich galoppieren, bis der Tacho schon mal 113 km/h anzeigt – offiziell sind beim Franzosen aber nicht mehr als echte 99 km/h drin.
Zum ausgeglichenen Motorcharakter gehört ein verantwortungsvoller Umgang mit fossilen Brennstoffen, denn im Mittel sollen 2,4 Liter Sprit auf hundert Kilometer durch die Einspritzdüse strömen. Angesichts des üppigen Tanks käme der Peugeot mit einer Füllung von 12,5 Litern mehr als 500 Kilometer weit, das wäre höchst beachtlich.
Das Cockpit ist ein kleines Highlight
Als kleines Highlight entpuppt sich das Cockpitarrangement aus farbigem TFT-Display und geschickt in der Lenkerklemmung untergebrachtem USB-Anschluss. Wahlweise blau oder rot hinterlegt, erscheint nach dem Einschalten erst das Löwen-Logo. Anschließend ist die übersichtliche Anzeige von einer Tastenkombination am linken Lenkerende auch während der Fahrt intuitiv bedienbar, die Bluetooth-Verbindung zum Smartphone ist heutzutage obligatorisch.
Fazit
Auch wenn die Sache mit dem 125-jährigen Jubiläum im Jahr 2023 konstruiert erschien – die knapp 4.200,-- Euro für das Comeback-Motorrad der Marke mit dem Löwen erscheinen angemessen.